Anzeige

Studie So verändert die Schwangerschaft dein Gehirn

Studie: Schwangere Mutter legt die Hand an den Bauch und lächelt
Studie zeigt, dass die Hirnveränderungen mit dem mütterlichen Verhalten zusammenhängen.
© LIGHTFIELD STUDIOS / Adobe Stock
Nicht nur die Hormone überschlagen sich bei werdenden Müttern, auch das Gehirn verändert sich während der Schwangerschaft, wie ein Forschungsteam aus den Niederlanden herausfand. Was das mit der Mutter-Kind-Bindung zu tun hat, zeigt eine Studie.

Ob das Lieblingsgericht, das plötzlich nicht mehr schmeckt, der Bauchumfang oder Hitzewallungen – in der Schwangerschaft verändert sich so einiges im und am weiblichen Körper. Ein Grund dafür ist der Hormonhaushalt, der sich anpasst. In neun Monaten regelt er unterschiedliche Botenstoffe rauf und runter. Zeitgleich verändert sich auch etwas auf der emotionalen und kognitiven Ebene, weil auch das Gehirn sich anpasst. 

Studie zeigt, wie sich das Gehirn bei Schwangeren verändert

Die Neurowissenschaftlerin Elsine Hoekzema und ihr Forschungsteam aus den Niederlanden haben an der Universitätsklinik UMC eine Studie mit 40 schwangeren Frauen durchgeführt, die Ende 2022 im "Fachjournal Nature Communications" veröffentlich wurde. Die Kontrollgruppe bestand aus 40 nicht schwangeren Frauen. Das Team wollte herausfinden, ob durch eine Schwangerschaft starke Veränderungen im Gehirn stattfinden, also neuroplastische Prozesse, ausgelöst werden. "Außerdem wollten wir sehen, welche Auswirkungen mögliche Veränderungen im Gehirn auf Mutter und Kind haben könnten", so Hoekzema gegenüber dem Fachmagazin.

Während und nach der Schwangerschaft wurden bei den Studienteilnehmerinnen Hirnscans und andere Untersuchungen durchgeführt. Bei 28 Frauen wurden diese Untersuchungen ein Jahr später wiederholt. Anhand der Kontrollgruppe, konnte das Team feststellen, dass eine Schwangerschaft zu selektiven und robusten Veränderungen in der neuronalen Architektur und der Organisation von Nervennetzwerken im Gehirn führt. Hierbei handelt es sich um das sogenannte Regionennetzwerk, das auch als Ruhestandsnetzwerk bezeichnet wird. Diese Hirnregionen sind aktiv, wenn wir keinen Aufgaben nachgehen und nichts zu tun haben. Dass sich diese Region besonders bei jungen schwangeren Frauen verkleinert und nicht so aktiv ist, stellte das Forschungsteam bereits vor sechs Jahren in einer kleineren Untersuchung fest. 

Auswirkung auf die Mutter-Kind-Bindung

In der neuen Studie zeigt sich, dass die Veränderung im Gehirn mit der Ausschüttung von Sexualhormonen zusammenhängt. Und das wirkt sich auf das Empfinden und Verhalten der Mütter aus. Die Frauen, bei denen sich im Gehirn viel während der Schwangerschaft veränderte, hatten ein Jahr nach der Geburt eine engere Bindung zu ihrem Baby. Durch die stärkeren Hirnveränderungen konnten sie den Fötus schon während der Schwangerschaft und auch später als eigenständiges Individuum wahrnehmen.

Reaktion auf lachende und weinende Babys

Die Veränderungen im Gehirn wurden deutlich, weil die Schwangeren intensiver auf positive Babyreize reagierten. Neben Fragebögen zum Bindungsverhalten wurden auch die körperlichen Reaktionen der Probandinnen auf lachende und weinende Babys beobachtet. Zum Beispiel wurde der Puls der Frauen ruhiger, wenn ihnen das Lachen eines Babys vorgespielt wurde. Zudem hatten sie später kaum negative Empfindungen ihrem Kind gegenüber. Die Forscher:innen erkannten, dass die Veränderung im Gehirn zu mütterlichen Verhaltensweisen führt. "Wir fanden verschiedene Hinweise darauf, dass die Hirnveränderungen mit Aspekten des mütterlichen Verhaltens zusammenhängen, beispielsweise mit der körperlichen Reaktion auf Signale des Säuglings, dem Nestbautrieb und dem Bindungsverhalten", so Hoekzema.

Wichtig an der Stelle: Aus den Studienergebnissen lässt sich nicht deuten, dass Mütter mit nicht so stark ausgeprägten Hirnveränderungen eine schlechte Bindung zu ihren Kindern hätten.

Im Durchschnitt hatten sich die Hirnveränderungen etwa ein Jahr nach der Geburt auf Vorschwangerschaftsniveau zurückentwickelt. Besonders im Bereich des Hippocampus-Komplexes stieg das Volumen an, der entscheidend für die Gedächtnisleistung ist. 

Mutterwerden verändert den Grundzustand des Gehirns

Die Studie zeigt: Es gibt ein Zusammenspiel zwischen Hirnveränderung und "mütterlichen Verhaltensweisen". Eine Kausalität sei sehr schwer nachzuweisen, so die Neurowissenschaftlerin: "Man möchte ja nicht in die Vorgänge im Gehirn eingreifen oder massive Hormonbehandlungen durchführen, um zu sehen, was passiert." Die Studienergebnisse deuten aber darauf hin, dass die schwangerschaftsbedingten Veränderungen in der Struktur und Funktion des Gehirns, von entscheidender Bedeutung für die Bindung von Mutter und Kind während der Schwangerschaft und auch noch nach der Geburt sind.

Verwendete Quellen: science.orf.at, nature.com, amsterdamumc.org

Dieser Artikel erschien ursprünglich bei ELTERN.

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel