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Studie zur Säuglingsnahrung So viele Kinder wie nie werden mit Milchersatz ernährt

Eine Mutter stillt ihr Baby in der Öffentlichkeit
© Iryna / Adobe Stock
Die Muttermilch – gerade in den ersten Monaten – versorgt Säuglinge mit allem, was sie für ihr junges Leben benötigen. Eine Studie zeigt jedoch, dass noch nie so viele Kinder mit Milchersatzprodukten versorgt wurden wie heute. Laut der "Lancet"-Studienreihe ist ein wesentlicher Grund die Marktmacht und damit verbundene Werbung der Konzerne.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt eine klare Empfehlung raus: In den ersten sechs Monaten sollten Säuglinge ausschließlich gestillt werden. Wasser, Tee, Beikost und Ergänzungsmilch sollten erst danach hinzugenommen werden. Bis zum zweiten Lebensjahr sollte dann parallel zur Beikost weiter gestillt werden. Die "Lancet"-Studie, an der auch die WHO beteiligt war, zeigt, dass weniger als die Hälfte der Säuglinge und Kleinkinder gemäß dieser Empfehlung gestillt werden.

Laut Studie ist aggressive Werbung mit Schuld am Still-Rückgang

Die Gründe für den starken Rückgang sind vielfältig. Einer soll laut Studie das aggressive Marketing der Hersteller von Säuglingsmilch sein. Der weltweite Umsatz mit kommerziellen Muttermilch-Ersatzprodukten liegt bei 55 Milliarden Euro pro Jahr.

Eigentlich gibt es einen sogenannten WHO-Kodex zur Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten. Dieser besagt: Die Vermarktung sollte so gestaltet sein, dass das Stillen geschützt bleibt. In der Werbung darf demnach nicht so etwas gesagt werden wie: Unsere Ersatzmilch ist besser als Stillen. Der Haken daran ist allerdings, dass der Kodex freiwillig ist und die Konzerne mittlerweile Lücken finden, um ihre Produkte bestmöglich ins Scheinwerferlicht zu rücken. Da heißt es dann zwar nicht, dass ihre Produkte besser seien als das Stillen, aber eine Lösung für weinende und unruhige Babys seien, heißt es in der Studie.

Deutschland ist auf den letzten Rängen in Sachen Stillraten

In der Werbung wird viel getrickst, da machen die Hersteller auch vor Babynahrung nicht halt. Mit Aussagen wie: "Kleinkinder benötigen dreimal mehr Kalcium und siebenmal mehr Vitamin-D als Erwachsene pro Kilogramm Körpergewicht" werden Eltern und die, die es werden wollen, verunsichert.

Doch nicht nur weltweit, auch in Deutschland zeigen die Zahlen der Studie, dass Mütter zwar häufig stillend das Krankenhaus verließen, dabei jedoch nicht allzu lange blieben, so die Hebamme Jule Heike Michel, Bundesbeauftragte für Stillen und Ernährung, in der Tagesschau. Bis zum Ende des vierten Monats stillen noch etwa 40 Prozent, am Ende des sechsten sind es nur noch 13 Prozent der Frauen. Daher gilt Deutschland auch nur als moderat stillfreundlich. "Im europäischen Vergleich liegt Deutschland damit auf Platz 21 und weltweit auf Platz 149 von 156 Ländern, was Stillraten angeht", erklärt Michel.

Es sprechen auch Gründe für die Verwendung von Milchersatzprodukten

Doch die Werbung ist nicht der einzige Grund, warum möglicherweise weniger gestillt wird. Viele Mütter haben gerade zu Beginn Schwierigkeiten mit dem Anlegen des Babys, sie leiden unter Schmerzen oder Milchstau. Bei anderen kommt die Produktion nicht in Gang oder das Baby bekommt einfach zu wenig. Vor allem sei die Aufklärung wichtig, spätestens nach der Geburt durch "praktische Stillanleitungen" in den Geburtskliniken, so die Bundesbeauftragte. Eine Mutter müsse wissen, dass die Milchproduktion manchmal erst bis zu drei Tage nach der Geburt richtig einsetzt, bevor sie gleich auf Pulver umsteigt.

Trotzdem gibt es genügend Gründe, die die Nutzung von Ersatzprodukten rechtfertigen. Es gibt viele Gründe, warum eine Frau nicht Stillen kann oder möchte und jeder davon hat seine Berechtigung. Richtig zubereitet können Ersatzprodukte heutzutage eine wichtige und teilweise notwendige Ergänzung sein.

Das frühe Abstillen muss auch nicht zwangsläufig etwas damit zu tun haben, dass das Stillen nicht möglich ist. Viele Mütter müssen nach einem Jahr Elternzeit wieder zurück in den Job. Wenn eine Mutter während der ersten 12 Lebensmonate wieder beginnt zu arbeiten, ist der Arbeitgeber immerhin verpflichtet, sie für das Abpumpen freizustellen. Die bezahlte Stillzeit beinhaltet zweimal täglich eine halbe Stunde oder einmal täglich eine Stunde. Bietet der Arbeitsplatz keine Stillgelegenheit, dann liegt die Stillzeit sogar bei 90 Minuten.

Verwendete Quellen: tagesthemen.de, bmel.de, who.int, thelancet.com

Dieser Artikel erschien ursprünglich bei ELTERN.

slr

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