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Darum ist Zucker für Schwangere so gefährlich

Vorsicht bei Heißhunger auf Süßes: Zu viel Zucker in der Schwangerschaft kann schwere Folgen haben - auch für das Kind.

Die wenigsten Frauen würden während einer Schwangerschaft zur Zigarette greifen. Schließlich ist allgemein bekannt, wie schädlich Rauchen auch für das ungeborene Kind ist. Und keine werdende Mama will ihrem Kind schon vor der Geburt Schaden zufügen!

Aber bei Schokolade, Kuchen, Gummibärchen? Da sind viele Schwangere hemmungslos. Ihr Heißhunger auf Süßes ist gerade während der Schwangerschaft besonders groß und ihr Umfeld bestärkt sie beim Schlemmen noch mit Kommentaren wie: "Gönn dir doch was, du kannst es dir ja jetzt leisten!"

Die Risiken des Zuckers werden unterschätzt

Leider wird die Wirkung von Zucker unterschätzt. Wird er in zu großen Mengen konsumiert oder gibt es bestimmte Vorerkrankungen, können Mutter und Kind schwere gesundheitliche Schäden davontragen - auch noch langfristig.

Wir haben Prof. Dr. med. Ursula Felderhoff-Müser, Direktorin der Klinik für Kinderheilkunde I im Universitätsklinikum Essen, gefragt, was den geliebten Zucker so gefährlich macht:

BRIGITTE.de: Kann man wirklich sagen, dass Zucker für Schwangere genauso riskant ist wie Rauchen?

Ursula Felderhoff-Müser: Für bestimmte Risikogruppen ist übermäßiger Zuckerkonsum für das Kind, aber auch die werdende Mutter, durchaus eine Gefahr. Das gilt auch schon zu Beginn der Schwangerschaft. Zu diesen Risikogruppen gehören:

  • Frauen mit Übergewicht – also einem Body-Mass-Index größer 25
  • Ältere Erstgebärende
  • Frauen mit Zuckerkrankheit in der Familie
  • Frauen, die schon mal während einer Schwangerschaft eine Zuckererkrankung hatten – Fachleute nennen das eine "diabetische Stoffwechsellage" oder auch "Gestationsdiabetes"
  • Frauen, die bereits ein Kind mit einem hohen Geburtsgewicht (mehr als 4000 g) geboren haben
  • Frauen, die bereits mehrere Fehlgeburten oder eine Todgeburt hatten

Natürlich wird ein Frauenarzt auch bei den Vorsorgeuntersuchungen das Gewicht der Schwangeren kontrollieren und überwachen. So lässt sich eine mögliche Zuckererkrankung während der Schwangerschaft erkennen.

Was genau sind die Folgen, wenn Schwangere viel Zucker konsumieren?

Die Mutter kann Gestationsdiabetes bekommen. Das kann je nach Ausprägung zu durchaus auch schwerwiegenden Schwangerschaftserkrankungen und Infektionen führen. Außerdem steigt das Risiko einer zu frühen Geburt. Auch bei Folgeschwangerschaften muss dann mit einem höheren Risiko für eine erneute Zuckererkrankung gerechnet werden. Nach der Schwangerschaft besteht zudem ein erhöhtes Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken. Auch das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen bei der Mutter steigt.

Und die Folgen für das Kind?

Eine Zuckererkrankung der Mutter kann dazu führen, dass das Kind mit mehr als 4000 Gramm Körpergewicht zur Welt kommt. Das liegt daran, dass die Mutter eine Resistenz gegenüber dem Hormon Insulin erworben hat. Dadurch steigt der Zuckerspiegel bei Mutter und Kind gleichermaßen. Beim Kind führt das zu einem verstärkten Einbau von Zucker in die Zellen.

Bei der Entbindung kann es in der Folge einer Zuckererkrankung zu Komplikationen kommen, etwa durch einen Schulterfehlstand – Fachleute sprechen von Schulterdystokie – oder einen Schlüsselbeinbruch.

Nach der Entbindung führt der Überschuss an Insulin zu einer Unterzuckerung beim Kind. Es dauert dann eine Weile, bis sich die Insulinproduktion des Kindes eingespielt hat. Auch das Risiko von Atemstörungen, Infektionen und Erkrankungen des Herzens beim Kind steigt.

Kann es auch zu Übergewicht beim Kind kommen?

Durchaus. Die Kinder haben später im Leben – etwa ab der Pubertät – ein höheres Risiko an Übergewicht oder Diabetes zu erkranken. Auch das Risiko von Herz-Kreislauferkrankungen ist erhöht. Ob und wie sich Zuckererkrankungen hingegen auf die Entwicklung des Gehirns auswirkt, wird zurzeit im Rahmen der Grundlagenforschung noch untersucht.

Grob geschätzt: Wie viel Zucker am Tag ist für Schwangere okay, wie viel ist zu viel?

Das lässt sich pauschal nicht beantworten. Das ist von Person zu Person unterschiedlich. Übergewichtige sollten Zucker in jedem Fall wenn möglich weglassen. Aber auch für Normalgewichtige gilt es häufigen Zuckerkonsum im Übermaß – die berüchtigten Heißhungerattacken – zu vermeiden.

Wie sollten sich Schwangere am besten ernähren?

Generell sollten sie schon zu Beginn und während der Schwangerschaft eher auf eine mediterrane Diät zurückgreifen. Sinnvoll und gesund sind zum Beispiel Fisch, Gemüse und Früchte. Zurückhaltung gilt es hingegen bei Fertigprodukten, Soft-Drinks und Säften zu üben. Diese enthalten oft versteckten Zucker. Eine Ernährungsberatung kann werdenden Müttern hier weitere wertvolle Tipps geben – auch über die Schwangerschaft hinaus.

Ebenso wichtig für die Gesundheit von Mutter und Kind ist regelmäßige Bewegung während der Schwangerschaft. Mindestens 30 Minuten sollten hierfür täglich auf dem Programm stehen. Ein Spaziergang oder auch eine Runde leichtes Schwimmen lassen sich in der Regel in den Tagesablauf integrieren und reichen durchaus aus.

Viele Mütter geben ihren Kindern im ersten Lebensjahr gar keinen Zucker – ist das übertrieben oder sinnvoll?

In den ersten beiden Lebensjahren sollten Mütter bei der Ernährung ihrer Kinder auf Industriezucker, also etwa in Süßigkeiten aber auch in süßen Säften, wenn möglich weitgehend verzichten. Denn in diesem Alter bildet sich bei den Kindern der Geschmack aus. Deshalb wird hier auch die Lust auf etwas Süßes vorprogrammiert.

Wie sieht es mit Fruchtzucker aus: Wird der von Eltern unterschätzt? Oder darf es davon ruhig etwas mehr sein, etwa in Form von Obst?

Unbedingt notwendig für eine ausgewogene Ernährung ist püriertes oder später auch geschnittenes Obst und rohes Gemüse. Das essen Kinder genauso gerne, wenn sie noch keine Schokolade kennen.

Was ist Ihr genereller Rat an Mütter bezüglich des Umgangs mit Zucker?

Bei Zucker kommt es wie überall im Leben auf das richtige Maß an. Weniger ist in diesem Fall mehr.

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