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Dieses Baby kann sich selbst vor dem Ertrinken retten

Ein Baby fällt ins tiefe Wasser. Doch statt unterzugehen, dreht es sich auf den Rücken und lässt sich treiben. Das Video ist umstritten, doch die Eltern des Kindes haben es bewusst veröffentlicht - sie wollen andere Eltern vor Unglück bewahren.

Der Anblick ist kaum zu ertragen. Welche Eltern würden ihr Baby absichtlich ins tiefe Wasser locken und einem möglichen Schock aussetzen, weil es untergeht? Doch genau das haben Keri Morrison und ihr Mann aus Florida mit ihrer sechs Monate alten Tochter getan.

In einem Video, das sie auf Facebook gepostet haben, zeigen sie, wie das Mädchen in einem Pool steht und sich, angelockt von einem Schuh, ins tiefere Wasser fallen lässt. Der Betrachter erwartet Panik, Schreie, Hilfe von Erwachsenen - doch stattdessen dreht sich das Baby auf den Rücken und lässt sich mit dem Gesicht nach oben treiben. Äußerlich bleibt es ruhig, es weint nicht und scheint keine Angst zu haben.

Was steckt dahinter?

Natürlich handelt es sich hier nicht um ein Wunderkind. Und es sieht zwar nicht so aus, aber die Eltern wussten, was sie da tun - auch wenn die Methode umstritten ist.

Keri Morrisons Tochter Josie hat zuvor ein intensives Training absolviert, das Baby und Kleinkindern beibringt, wie sie sich selbst im Wasser vor dem Ertrinken retten können. Diese Trainings sind in den USA recht verbreitet, der bekannteste Anbieter nennt sich "Infant Swimming Resource", der eine patentierte Methode namens "ISR Self-Rescue" entwickelt hat.

Der Grund, warum Keri Morrisons und ihr Mann ihre Tochter dafür angemeldet und ein Video ihres Könnens veröffentlicht haben, ist ein trauriger: Das Paar hat 2013 Josies Bruder Jake verloren - er ist im Alter von 2,5 Jahren ertrunken.

Nun will das Paar dafür werben, dass solche tragischen Unfälle seltener werden - indem Eltern ihren Kindern früh diese Überlebenstechniken beibringen lassen.

"Dein wichtigster Job als Eltern ist es, deine Kinder zu beschützen. Und ich habe darin versagt, weil ich mein Kind nicht für diesen Kurs angemeldet habe", so Morrison gegenüber der Daily News.

Wie funktioniert das ISR-Training?

In den "ISR Self-Rescue"-Kursen wird Kindern ab 6 Monaten beigebracht, wie sie die Luft anhalten und sich auf den Rücken drehen und im Wasser treiben können. Ziel soll nicht sein, ihnen beizubringen zu schwimmen, sondern sich über Wasser zu halten und so in der Lage zu sein im Notfall nach ihren Eltern zu schreien. Denn das Gefährliche an Unfällen im Wasser ist, dass kleine Kinder sofort untergehen - und gar nicht mehr in der Lage sind, um Hilfe zu schreien.

Auch in Deutschland gibt es mit Marion Bösel-Weßler eine Schwimmlehrerin, die solche Kurse für Babys anbietet. Ein Kurs dauert vier bis sechs Wochen, in denen jeweils an fünf Tagen die Woche täglich für zehn Minuten mit dem Kind trainiert wird. Allerdings, so schreibt Marion Bösel-Weßler auf ihrer Website, sei das Interesse in Deutschland bislang so gering, dass sie die teuren ISR-Weiterbildungen für ihre Zertifizierung nicht weiterverfolgt hat und nun in Köln Selbstrettungstrainings in abgewandelter Form anbietet.

Was sagen Kritiker?

Zwar berichten sehr viele Eltern in den USA darüber, wie toll die Methode funktioniere und wie professionell das ISR-Training durchgeführt werde. Aber es gibt auch viele Mütter und Väter, die berichten, dass sie das Training kaum ertragen konnten, weil die Kinder sichtlich gestresst waren und viel weinten.

Auch einige Kinderärzte warnen vor der Überlebenstechnik: Michael Weitzman, Professor für Kindermedizin an der New York University, hält es für sehr "unklug", seine Kinder in so einen Kurs zu schicken. "Das kann keinerlei positive Effekte auf die Kinder haben, es kann vielmehr ihr Leben riskieren und in manchen Fällen zu langfristigen Konsequenzen führen, weil die Kinder eine Wasser-Phobie entwickeln", so Weizman gegenüber der Daily Mail.

Dazu kommt, dass das Training womöglich ein falsches Gefühl von Sicherheit vermittelt. Denn die Technik ersetzt - und das sagen auch die ISR-Trainer - auf gar keinen Fall die ständige Aufsicht von Kindern im Wasser oder in der Nähe von Wasser.

Kinderärzte in Deutschland empfehlen zwar, Babys so früh wie möglich ans Wasser zu gewöhnen, zum Beispiel in Babyschwimmkursen. Doch erst im Alter von fünf, sechs Jahren seien die meisten Kinder in der Lage, richtig schwimmen und tauchen zu lernen.

miro

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