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Achtung, Alltagsfallen! Vier Justiz-Irrtümer, die du als Mutter kennen solltest

Banane im Supermarkt probieren
© Shutterstock/Maria Sbytova
Dürfen Kinder im Supermarkt naschen? Und ist der Babysitter steuerfrei? Die Juristin und Bloggerin Nina Straßner alias Juramama klärt euch auf!
Juramama Nina Straßner
Nina Straßner ist Juristin und Rechtsanwältin. Außerdem schreibt sie tolle Texte übers Elternrecht auf ihrem Blog Juramama.de und als Kolumnistin der BRIGITTE MOM. Im März erscheint ihr erstes Buch "Keine Kinder sind auch keine Lösung" (Bastei Lübbe).
© Privat

Kluge und wahre Weisheiten sind Sätze wie: "Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen. Man weiß nie, was man bekommt." Sie stammen von Forrest Gump und ich finde, sie sollten in jedem Gerichtssaal unter den Bundesadler an die Wand genagelt werden.

Es ranken sich nämlich viele Mythen um Fragestellungen des Rechts. Aus dem irren Potpourri der juristischen Irrtümer habe ich euch ein paar Pralinen herausgepickt, die sich entweder zum Klugscheißen auf hohem Niveau beim nächsten Spielplatzdate eignen oder im Praxisalltag mit Kindern weiterhelfen können.

Irrtum Nr. 1: "Pralinen oder Trauben kann ich im Laden probieren, bevor ich sie kaufe."

Falsch. Wenn nicht gerade ein Teller mit Probiersalami auf der Theke liegt, der Kugelschreiber oder Lippenstift ein "Tester"-Aufkleberchen trägt oder einem ein kostümierter Promotion-Job-Student einen Löffel mit Käsecreme hinterherträgt, darf man im Supermarkt im Grunde überhaupt nichts ausprobieren, öffnen oder testen.

Früher hieß das "Mundraub", wenn man sich durch die Obstabteilung gefuttert hat, heute ist das ein "Diebstahl geringwertiger Sachen". Es hängt vom Ladenbesitzer ab, ob er dagegen vorgehen will. Es soll schon Filialleiter gegeben haben, die jungen Eltern mit einer Anzeige gedroht haben, weil das Kind im Buggy auf dem Weg zur Kasse schon zwei Brezeln vertilgt hat. Das mag man unsympathisch finden, juristisch ist es aber korrekt.

Unbedingt vorsichtig sollte man bei den allseits beliebten "Beruhigungsbananen" sein, die man dem Kind in die Hand drückt, damit man es halbwegs stressfrei durch das Kassenregal mit den Süßigkeiten schafft. Bananen werden abgewogen und wer weiß, was die Banane gewogen hätte.

Irrtum Nr. 2: "Nur Eltern dürfen auf dem Eltern-Kind-Parkplatz parken."

Eltern-Kind Parkplätze sind lediglich ein Servicegedanke der Händler und sie zeichnen sich meist durch eine Überbreite aus, damit man die Babytrage aus dem Auto nehmen kann, ohne dabei tiefe Kerben in die Autotür des Nebenparkers zu stanzen.

Aber auch Eltern von größeren Kindern sind von diesem Service umfasst, denn ein jeder kennt die schwungvolle Dynamik, die 7-Jährige beim selbstständigen Aussteigen an den Tag legen können. Egal, wie oft man ihnen das schon gesagt hat (ARGH!).

Wer aber ohne Kind auf so einem Parkplatz parkt, muss weder Bußgelder, Abschleppkosten oder irgendeine Form von behördlichen Konsequenzen befürchten. Es ist einfach nur unhöflich und unnötig, mehr nicht.

Allerdings ist aber auch kein Elternteil daran gehindert, dem ignoranten Parker dankend einen Kindereinkaufswagen in die Hand zu drücken und das Baby samt Beruhigungsbanane in dessen Einkaufswagen zu setzen. Ist doch schön, wenn unsere Mitmenschen gerne freiwillig "Einkaufseltern" sein wollen und man selbst mal in Ruhe den Einkaufszettel abhaken kann. ;-)

Irrtum Nr. 3: "Der Babysitter bekommt steuerfreies Taschengeld."

Wer den Opa oder die Nachbarin kurz zum Aufpassen einspannt und in den Supermarkt rast, bittet um eine "Gefälligkeit". Diese zeichnet sich dadurch aus, dass man nichts bezahlt. Derjenige der unbezahlt fremde Kinderlein hütet, ist dann aber nicht haftbar für Schäden, die er am Interieur oder am Kind verursacht. Die private Haftpflichtversicherung des Babysitters übernimmt diese Schäden nur wenn "Gefälligkeitsschäden" mit abgedeckt sind.

Der klassische Spontan-Babysitter, der meist aus der Tochter des Nachbarn besteht, muss auch dann kein Haftungsrisiko für außer Kontrolle geratene Kinder oder die Steuerfahndung befürchten, wenn er mal einen "Zwanni" dafür zugesteckt bekommt. Auch die Eltern bewegen sich nicht in den dunklen Ecken der Schwarzarbeit.

Wer nun aber den Wocheneinkauf regelmäßig auf den Samstag legt und jeden Mittwoch den Babysitter zu einem festen Stundensatz oder Monatslohn holt, weil er drei Stunden länger im Büro bleiben muss, ist raus aus der "Gefälligkeit". Sobald das Ganze einen Beitrag zum Lebensunterhalt des Babysitters beisteuert und nicht mehr die freundschaftliche Hilfe im Vordergrund steht, ist die Tätigkeit meldepflichtig und es müssen Sozialabgaben gezahlt werden. Da versteht der Fiskus keinen Spaß und man sitzt schneller im Gerichtssaal, als man denkt.

Irrtum Nr. 4: "Schwangeren kann nicht gekündigt werden."

Eine Schwangere "wird man nicht los" heißt es immer so schön. Dieser Irrtum muss seit 2001 dafür herhalten, dass junge Frauen reihenweise befristete Verträge bekommen, bis sie aus der "heißen Phase" raus sind. Denn die enden auch ohne Kündigung. (Aber darüber regen wir uns gemeinsam in meinem Buch auf – siehe unten - und da erkläre ich das auch nochmal genauer.)

Für Schwangere gilt tatsächlich ein formales Kündigungsverbot, sobald sie schwanger sind bis vier Monate nach der Geburt. Liegen allerdings betriebs- oder verhaltensbedingte Gründe vor, die nichts mit der Schwangerschaft zu tun haben, kann die zuständige oberste Landesbehörde eine solche Kündigung ausnahmsweise für zulässig erklären.

Letztendlich ist es also nur ein vorgeschaltetes Kontrollgremium und eine Formalität, die bei einer Schwangeren zusätzlich eingehalten werden muss. Ansonsten braucht es auch für eine Kündigung eines nicht schwangeren Arbeitnehmers diese Gründe.

Bejaht das Schwangeren-Kontroll-Gremium die Kündbarkeit, kann eine Schwangere natürlich genauso Kündigungsschutzklage einreichen und das Gericht prüft, wie bei allen anderen Arbeitnehmern auch, ob es keine andere Möglichkeit gibt, den Arbeitsplatz zu erhalten.

Letztendlich gehen Kündigungen von Schwangeren in der Praxis selten durch. Aber meist deswegen, weil eben doch der Verdacht bestand, dass sie gekündigt wurde, weil sie ein Baby bekommt und nicht, weil es tatsächlich unaufschiebbare betriebsbedingte oder verhaltensbedingte Gründe gab. Und das ist, wie bei Krankheiten und Behinderungen übrigens genauso. Und auch gut so.

Mitmachen: Stellt eure Fragen an die Juramama!

Gibt es eine juristische Frage, die ihr schon immer mal stellen wolltet? Habt ihr ein aktuelles Problem, bei dem ihr euch über eure Rechte unsicher seid? Im Job, mit den Nachbarn, im Alltag? Dann leuchtet mal in eure Bäuche und Köpfe und schickt uns eure Fragen an mom@brigitte.de!Nina Straßner wird sich einige davon vornehmen und mit ihrem scharfen Jura-Sachverstand auseinander pflücken. Ihre Antworten zeigen wir dann demnächst im Video!

(ACHTUNG: Natürlich kann Nina nur allgemein auf die Fragen eingehen und keinen individuellen juristischen Rat geben. Darf sie auch gar nicht.)

Lesetipp: Das Buch von Nina Straßner

nina-strassner-buchAuf weitere Irrtümer wie "Kinder sind gut für die (eigene) Rente" oder auch "Elterngeld wird gerecht verteilt" geht Nina Straßner in ihrem neuen Buch ein: "Keine Kinder sind auch keine Lösung". Recht und Politik können Spaß machen und es ist gar nicht so schwer zu verstehen, wie uns das manchmal Glauben gemacht werden soll. Ein großes und überaus lehrreiches Lesevergnügen!

Ab 16. März 2017 im Handel (301 S., 10 Euro, Bastei Lübbe)

Videoempfehlung:

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Text: Nina Straßner

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