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Real Talk mit Evelyn Weigert übers Elternsein „Dieser ganze Fake Shit bringt am Ende niemandem was.“

Real Talk mit Evelyn Weigert übers Elternsein: „Dieser ganze Fake Shit bringt am Ende niemandem was.“
© Seven.One Audio/Delia Baum / PR
Entertainerin Evelyn Weigert ist Mama von zwei kleinen Mädchen. Vom alltäglichen Wahnsinn des Elternseins kann die 34-Jährige ein Lied singen. Aber auch von vor Liebe platzenden Herzen, Bolognese in Kindergesichtern und Überlebensstrategien, die man als Eltern entwickelt. In ihrem neuen Seven.One Audio Podcast "Hoppe Hoppe Scheitern" spricht sie ab 3. März 2022 schonungslos offen mit ihren Gäst:innen über ihren Familienalltag – Wie immer ohne Filter und Weisheiten, dafür aber mit viel Humor. Vorab hat sie das mit uns getan.

Brigitte.de: Liebe Evelyn, du hast deine zweite Tochter vor fünf Monaten zur Welt gebracht und bist schon wieder back to business. Wie schaffst du das alles?

Evelyn Weigert: Das frage ich mich auch jeden Tag und auch mein Umfeld wundert sich, wie ich das alles so mache. Mir fällt das immer gar nicht so auf, weil ich meinen Job so sehr mag und sich das gar nicht so nach Arbeit anfühlt, merke dann aber doch, dass meine Energie am Ende des Tages einfach komplett weg ist und ich tot müde bin. Aber irgendwie geht es, man hangelt sich von Tag zu Tag.

Real Talk mit Evelyn Weigert übers Elternsein: „Dieser ganze Fake Shit bringt am Ende niemandem was.“
© Seven.One Audio/Delia Baum / PR

Heute startet dein neuer Podcast „Hoppe Hoppe Scheitern“. Worum geht es?

In meinem Podcast kann jedes Elternteil ganz offen und ehrlich, anonym oder nicht anonym erzählen, wie es für sie ist, Eltern zu sein. Ich möchte über die Situationen sprechen, in denen man manchmal denkt: Fuck off – Ich mag jetzt nicht mehr. Ich kann nicht mehr oder sich denkt, ich spring gleich vom Balkon. Und das hat auch überhaupt nichts damit zu tun, wie sehr man seine Kinder liebt.

Was hilft dir in solchen Phasen?

Ich bin die krasseste Glucke on earth – ich würde am liebsten den ganzen Tag meine Kinder abschlecken, aber auch wenn ich Mama bin, bin ich auch nur ein Mensch und mir geht manchmal auch die Puste aus, oder ich bin in Situationen, die mich krass überfordern. Aber ich finde es so wichtig, da offen drüber zu reden, weil man oft denkt: Scheiße, das ist nur bei uns so. Und dann höre ich von anderen, nee, bei uns ist das auch so, wir kommen auch so oft an unsere Grenzen. Mir tut es dann einfach gut zu wissen: I`m not alone.

Du zeigst auf deinem Instagram-Account ungefiltert das Real Life einer Mama und machst auch um die unschönen Nebenwirkungen keinen Bogen. Woher nimmst du den Mut und das Selbstvertrauen?

Ich habe mir das nach und nach erarbeitet, dass ich irgendwann dachte: Ist mir jetzt Wurst, ob das irgendwer doof findet oder nicht und ich habe auch den Eindruck, dass die Leute das viel mehr abfeiern, wenn man ganz ehrlich sagt, was Sache ist. Dieser ganze Fake Shit bringt schließlich niemandem was, außer, dass sich am Ende des Tages die Leute auch noch scheiße fühlen, weil sie denken, dass sie nicht der Norm entsprechen, weil sie nicht die perfekte Familie haben. Ich sehe aber, dass sich gerade einiges ändert und man auch versteht, dass eine Familie, in der man sich mal zankt oder wo man mit seinem Kind an seine Grenzen kommt, genauso perfekt ist, wie jede andere auch, weil es einfach normal ist. Probleme unter den Teppich zu kehren und zu verschweigen, weil man die Fassade wahren will, ist so oldschool. Das tut niemandem gut.

Wenn man sich aber durchliest, wie in Elternforen und auf Social Media zu Themen wie Stillen, Ernährung, Schlafen etc. diskutiert wird, wagst du dich schon auf ein absolutes Minenfeld…

Ja, jedes Thema ist besetzt von irgendeiner Meinung. Das ist auch in Ordnung, weil jedes Elternteil eine eigene Ansicht hat, was für sein:ihr Kind gut und was nicht gut ist. Wir haben auch im Freundeskreis verschiedene Meinungen und Erziehungsstile. Das fängt schon bei der Geburt an: Die einen wollen auf gar keinen Fall eine PDA und ich bin der Typ: Gebt mir bitte alles, was ihr habt. Es sollte aber immer eine faire Kommunikation auf Augenhöhe sein und die darf auch nicht aufhören, dadurch lernt man schließlich auch und setzt sich mit Dingen auseinander, aber dieses Shaming und dieses Haten darf nicht sein.

Viele Mütter setzen sich selbst so unter Druck, weil sie es unbedingt richtig und allen recht machen wollen, kennst du das auch?

Total. Meine erste Tochter habe ich zum Beispiel gestillt, bis sie selbst entschieden hat, dass sie nicht mehr will. Was mich wiederum auch echt verletzt hat, aber im Nachhinein war das genau richtig. Bei meiner zweiten Tochter habe ich auch angefangen zu stillen und das klappte von Anfang an super, weil ich wusste, wie ich das machen muss, ohne dass meine Brustwarzen danach abfallen. Gleichzeitig hat mich das psychisch so unter Druck gesetzt, dieses Kind stillen zu müssen und mich dabei auch um das andere Kleinkind zu kümmern, dass sie dann total unruhig war, weil sie nicht richtig satt wurde. Das wiederum hat mich noch mehr gestresst und es wurde dann immer mehr, so, dass ich irgendwann nur noch geheult habe und komplett am Boden zerstört war.

Ein Teufelskreis…

Ja, für die Milchproduktion war das natürlich auch nicht förderlich, die war dann einfach komplett runtergefahren. Ich bin eines nachts aufgewacht, weil die Kleine Hunger hatte und habe gemerkt, dass da einfach nichts mehr kommt. Wenn ich daran denke, könnte ich direkt wieder heulen, so schlimm war das. Ich wollte unbedingt stillen, weil ich fest davon überzeugt war, dass es das Beste ist und ich das schließlich bei dem anderen Kind auch gemacht habe. Das ging dann so weit, dass Freunde und Familie mich irgendwann angesprochen haben und mir vorgeschlagen haben, zuzufüttern oder mal eine Flasche zu geben, weil die natürlich auch gemerkt haben, wie schlecht es mir ging.

Ungefragte Ratschläge, sind aber auch eine heikle Angelegenheit. Wie bist du damit umgegangen?

In dem Moment fand ich das natürlich total ätzend, dass die sich eingemischt haben, aber rückblickend war es gut, einen lieb gemeinten Rat zu bekommen. Ob man den annimmt oder nicht, kann man ja selbst entscheiden. Nur sollte man dabei wirklich feinfühlig sein und schauen, in welcher Situation ist jemand gerade, wie äußere ich einen Tipp oder eine Kritik. Das ist einfach sehr dünnes Eis, das Elternsein, und das sollte man immer berücksichtigen.

Was ist für dich das härteste am Elternsein?

Dass ich nie wieder so richtig für mich bin, selbst wenn ich meine Auszeit habe, schaffe ich es nicht gut, nicht an meine Kinder zu denken. Ich kann ganz schwer abgeben, das macht es manchmal wirklich hart. Auch wenn die Große in der Kita ist, habe ich ein schlechtes Gewissen, was genau genommen einfach wirklich dämlich ist.

Das schlechte Gewissen kennen viele Eltern, die Kritiker lauern aber auch überall.

Der Fakt beim Elternsein ist einfach, was man als Eltern macht, hat einen Hintergrund und der ist bei allen sehr verschieden, weil jeder eine andere Lebenssituation hat. Das muss man einfach respektieren und sollte man immer im Hinterkopf haben. Vielleicht haben die Eltern keine andere Wahl, als ihr Kind sehr früh in die Kita zu geben. Vielleicht füttert eine Mutter zu, weil sie ein Burn-out hat oder weil sie gar nicht stillen kann. Vielleicht entscheidet sich eine Frau für einen Wunschkaiserschnitt, weil sie so panische Angst vor der Geburt hat, dass sie das einfach nicht bewältigen kann. Es steht niemandem zu, das gehässig zu kommentieren.

Woher nimmst du das Selbstvertrauen in dich als Mama?

Ich glaube, das liegt daran, dass ich selbst eine tolle Mama habe, bei der ich mir sehr viel abgucke und mir schon früh mitgegeben wurde, Urvertrauen zu haben. Aber meine große wird jetzt zwei und kommt gerade in diese Terrible Two-Phase, da merke ich schon auch, dass ich mich öfter hinterfrage: Habe ich richtig reagiert? Was mache ich jetzt, wenn sie jetzt nicht aufhört zu schreien, weil sie den Lolli nicht bekommt? Aber da wächst man rein und sollte sich selbst gegenüber nachsichtig sein, weil man das eben gerade auch zum ersten Mal macht. Mir hilft es immer, sich mit anderen auszutauschen. Ich frage oft Freund:innen mit älteren Kindern, was die so gemacht haben. Und dann nehme ich mir aus deren Antworten das raus, was mir am sinnvollsten erscheint.

Hast du ein Mantra, wenn du das Gefühl hast, dir wächst das alles über den Kopf?

Ja, ich setz mich dann hin und denke mir ganz bewusst: Es ist jetzt alles scheißegal. Es wird niemand sterben. Man macht sich manchmal so viel unnötigen Stress. Bevor ich also durchdrehe, mache ich mir bewusst, dass es jetzt gerade wirklich nicht so wichtig ist, dass die Kinder um Punkt acht schlafen oder die Wohnung perfekt aufgeräumt ist. Ich frage mich dann: Was ist jetzt wirklich lebensnotwendig. Aufräumen ist beispielsweise einfach Energieverschwendung mit zwei kleinen Kindern. Und wenn das Kind noch Bolognese im Gesicht hat und sich nicht waschen lassen will, geht es auch mal mit Bolognese im Gesicht ins Bett. Zwei kleine Kinder gleichzeitig ins Bett zu bringen, wenn der Partner mal nicht da ist, ist auch so schon fast unmöglich. Eine gesunde Wurstigkeit entwickeln, hilft total.

Was hat sich mit dem zweiten Kind verändert?

Boah, das habe ich voll unterschätzt. Es ist einfach nochmal ein Mensch mehr, der in dein Leben kommt. Für alle Beteiligten wirklich krass. Ich hatte auch echt vergessen, wie anstrengend ein Baby ist. Das fällt einem dann plötzlich wieder ein, wenn das Baby in der ersten Nacht jede Stunde aufwacht. Das coolste am Elternsein ist aber, dass man trotzdem alles so abfeiert, dass man alles Schlechte vergisst und nur das Schöne bleibt.

Real Talk mit Evelyn Weigert übers Elternsein: „Dieser ganze Fake Shit bringt am Ende niemandem was.“
© Seven.One Audio/Delia Baum / PR

Evelyn Weigert, zweifache Mutter, 34 Jahre alt, ist in Regensburg geboren und aufgewachsen. An dem Music College Regensburg, einer staatlich anerkannten Berufsfachschule für Pop, Rock, Jazz, studiert sie Gesang. Sie nimmt nach dem Studium an der Frank-Elstner-Masterclass an der Axel-Springer-Akademie in Berlin teil. Schnell gelingt ihr der Sprung ins Fernsehen: Sie moderiert zahlreiche erfolgreiche TV-Formate für ProSieben, ARD, NDR und Sky. Seit Anfang 2019 spricht Evelyn Weigert mit Basti Heinlein in dem lebensbejahendsten Podcast HEINLEIN & WEIGERT – sagt JA zum Leben! über die positiven Seiten des Lebens

Brigitte

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