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Familie Wir räumen auf: Vorurteile über Zwillinge und was dahintersteckt

Zwillinge: Schwestern umarmen sich lachend
© Lyubov Levitskaya / Shutterstock
Es gibt Sätze, die kriegen Zwillinge ständig zu hören: Seid ihr telepathisch miteinander verbunden? Mögt ihr dieselben Dinge? Diese und andere Mythen sind weit verbreitet, aber nur einige lassen sich wissenschaftlich belegen. Wir haben Zwillingsklischees unter die Lupe genommen.

Ein Doppelgänger: Fluch oder Segen?

Stell dir vor, du hast eine:n Doppelgänger:in. Einen Menschen, der (auf den ersten Blick zumindest) aussieht, wie du. Auf der einen Seite cool, auf der anderen Seite kann die Vorstellung auch etwas beängstigend sein. Das liegt daran, dass wir Menschen nach Individualität und Eigenständigkeit streben. Zwillingen werden Teile dieser Individualität häufig abgesprochen. Die Eltern ziehen sie identisch an, Lehrkräfte verwechseln sie und noch dazu haben sie mit einer Menge Vorurteilen zu kämpfen. Da könnte man sich fragen, ob die Ähnlichkeit wirklich nur vom gleichen Erbgut bestimmt oder auch vom Umfeld forciert wird. 

Wie oft kommt es vor, dass Menschen einen genetischen Klon haben?

Tatsächlich sind Zwillingsgeburten gar nicht so selten. Jedes 250. Kind in Deutschland kommt als Zwilling zur Welt. Unterschieden wird zwischen eineiigen und zweieiigen Zwillingen. Erstere besitzen exakt die gleichen Gene und entstehen aus einer befruchteten Eizelle. Während bei Letzteren das Erbgut nur in etwa zur Hälfte übereinstimmt. Sie gleichen in diesem Sinne "gewöhnlichen" Geschwistern. Biologisch gesehen ist das also kein Hexenwerk. Trotzdem scheint die Faszination um Zwillinge riesig. Das würde zumindest die etlichen Klischees und Mythen erklären, die rund um das Thema kursieren. 

Unsere top 6 Zwillingsmythen:

1. Eineiige Zwillinge sind genau gleich

Trotz gleichem Erbgut haben Zwillinge keine identischen Persönlichkeiten. Eine Studie der Universität Bielefeld, die GOSAT (German Observational Study of Adult Twins), belegt, dass Persönlichkeitsmerkmale und Verhaltensmuster zu ungefähr 42 Prozent durch unsere Gene beeinflusst werden. Ein großer Teil wir jedoch durch äußere Einflüsse bestimmt: Umwelt und Erziehung machen etwa 26 Prozent aus. Das bedeutet, dass Zwillinge sich besonders im Kindesalter (insofern sie im gleichen Umfeld aufwachsen) sehr ähneln. Verhaltensweisen sind aber immer situationsabhängig und individuell verschieden.

2. Zwillinge sind weniger intelligent

Jein. Es stimmt, dass Zwillinge im Kindergartenalter meist einen niedrigeren IQ vorweisen. Das liegt an zwei Faktoren: Zum einen wird die individuelle Persönlichkeitsbildung erschwert, da Zwillinge im Spiegel immer den Bruder oder die Schwester sehen. Sie identifizieren sich nicht mit ihrem Spiegelbild. Zum anderen kommt es recht häufig vor, dass das eine Kind, das andere vorschickt und sich somit aus der Verantwortung zieht. Ganz nach dem Motto, was du kannst, muss ich ja nicht lernen. Diese Verhaltensmuster liegen an der Nähe zueinander und lösen sich im Laufe der Kindheit auf. 

3. Zwillinge haben telepathische Fähigkeiten

Oft wird Zwillingen nachgesagt, sie könnten die Gedanken des jeweils anderen lesen. Einige Zwillingspaare selbst sind davon überzeugt und geben an schon einmal solche Erfahrungen gemacht zu haben. Zu einem gewissen Grad kann das stimmen. Dass allerdings auf eine Entfernung von mehreren tausend Kilometern, der eine Zwilling spürt, wie es dem anderen gerade geht, ist eher unwahrscheinlich.

4. Jeder Zwilling hat schon einmal die Rolle getauscht

Oft werden Zwillinge gefragt, ob sie schon einmal die Identität des anderen angenommen und damit Personen hinters Licht geführt haben. Aber ist so ein Rollentausch wie bei Erich Kästners Roman Das doppelte Lottchen wirklich möglich? Ebenfalls ein Jein: Personen, die wir zwar oft sehen, die uns aber weniger nahestehen, wie der Kassierer im Supermarkt oder die Frau beim Bäcker, sind leichter zu täuschen. Sie lassen sich vom Aussehen beeinflussen. Menschen, die uns näher sind, würde so ein Schwindel sehr schnell auffallen. 

5. Der erstgeborene Zwilling ist dominanter

Dieser Mythos hält sich seit etlichen Jahren. Er beruht auf folgendem Glaubenssatz: Wer sich schon bei der Geburt durchsetzen konnte und das Rennen macht, wird dies auch im Leben tun. Nachweislich gibt es aber keinen Zusammenhang zwischen der Reihenfolge der Geburten und Persönlichkeitsmerkmalen wie der Dominanz. 

6. Zwillinge mögen die gleichen Dinge

Das stimmt nur bedingt. Das gleiche Erbgut führt zu ähnlichen Tendenzen im Charakter. Trotzdem fließen auch andere Faktoren mit ein und bestimmen, was wir mögen und was nicht. Zwillingen wird oft ihre Individualität abgesprochen. Dabei haben sie nicht unbedingt das gleiche Lieblingsessen, die gleichen Interessen und Hobbies. Sie können sogar sehr verschieden sein. Zum Teil weisen Eltern früh auf Unterschiede hin und stecken ihre Sprösslinge in bestimmte Rollen. Sie meinen es dabei meistens gut und wollen die Individualität des einzelnen Kindes untermalen, tatsächlich kann dieses Verhalten das gegensätzliche bewirken und zu Rivalitäten führen. 

Quellen: sueddeutsche.de, wdr.de, psychologie-heute.de 

eke Brigitte

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