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Mutterschutz nach Fehlgeburten Vier Frauen legen Verfassungsbeschwerde ein

Teddybär sitzt allein in einem Raum
Symbolbild
© ambrozinio / Adobe Stock
Wer sein Kind vor der 24. Schwangerschaftswoche verliert, erhält keinen Mutterschutz. Was das bedeutet, wissen vier betroffene Frauen, die jetzt Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht eingereicht haben. Eine von ihnen ist Natascha Sagorski. Im Mai 2022 hat ELTERN im Rahmen von "Mutterliebe" mit der Autorin gesprochen. Darüber, was Frauen nach einer Fehlgeburt wirklich hilft und wie eine gewissenhafte Grundlage hierfür aussehen könnte. Die nun erhobene Verfassungsbeschwerde ist ein deutliches Zeichen im Kampf gegen ein strukturelles Problem.

Es geht um mehr als einen fairen und respektvollen Umgang mit betroffenen Müttern. Die körperliche und psychische Belastung von Frauen, die eine Fehlgeburt erleiden, ist enorm. Aktuell steht Frauen in Deutschland nach einer Fehlgeburt, also einer Geburt bei der das Baby keine Lebensmerkmale gezeigt hat, dessen Gewicht weniger als 500 Gramm beträgt, und die Geburt vor der 24. Schwangerschaftswoche erfolgt, kein Mutterschutz zu.

Viele Betroffene fühlen sich nach einer Fehlgeburt hilf- und schutzlos

Diese Grenze der 24. Schwangerschaftswoche sehen Sagorski und ihre Mitstreiterinnen als willkürlich. Laut Informationen des deutschen Bundestags erleidet jede dritte Frau noch vor der zwölften Schwangerschaftswoche eine Fehlgeburt. Und auch zwischen der zwölften und der zwanzigsten Schwangerschaftswoche erleiden Frauen Fehl- bzw. Totgeburten. Offiziell wird eine Frau, die eine Fehlgeburt erleidet, nicht als Mutter (die Mutterschutz erhält) gesehen. Dieser Umstand stellt für sehr viele Betroffene eine zusätzliche psychische Belastung dar. Neben der extremen körperlichen und psychischen Last, bedeutet der nicht vorhandene Mutterschutz unter anderem, dass Mütter unmittelbar nach dem Verlust des eigenen Kindes wieder arbeiten müssen. So erging es auch Natascha Sagorski. Auch ihr hat eine Ärztin just nach einer unter Vollnarkose stattfindenden Ausschabung mitgeteilt, dass sie am nächsten Tag wieder ihrer Arbeit nachgehen könne. Diese schreckliche Erfahrung hat die PR-Managerin dazu motiviert, mit anderen Betroffenen zu sprechen und sich genauer mit dem fehlenden Schutz von Frauen nach Fehlgeburten zu befassen. Die Recherche dauerte nicht lang und schnell war klar: Mit ihrer persönlichen Erfahrung steht sie nicht allein da. Zahlreiche Frauen berichteten ihr über ähnliche Vorfälle. Besonders auffällig: Nahezu alle Frauen fühlten sich nach einer Fehlgeburt hilf- und schutzlos – zahlreiche Frauen erhielten nicht einmal eine Krankschreibung.

Petition "Gestaffelter Mutterschutz nach Fehlgeburten"

Im Februar 2022 startete Natascha Sagorski, die mittlerweile eine bedeutende Stimme für Betroffene in Deutschland geworden ist, die Petition „Gestaffelter Mutterschutz bei Fehlgeburten“. Die Petition wurde von mehr als 50.000 Menschen unterzeichnet. Nun fordern die vier Frauen, die sich mittlerweile im neu gegründeten Verein „Feministische Innenpolitik“ zusammengeschlossen haben, dass die Politik handelt und den Weg für einen angemessenen Schutz der oftmals traumatisierten Mütter ebnet. Der Verein unterstützt die Verfassungsbeschwerde.

Jetzt liegt es an der Politik, zu handeln

Die Forderung hat die Verantwortlichen der Politik mittlerweile erreicht. Laut Koalitionsvertrag soll der Mutterschutz zukünftig bei Fehl- bzw. Totgeburt nach der 20. Schwangerschaftswoche gelten. Für die Partner:innen der Betroffenen steht eine zweiwöchige vergütete Freistellung auf dem Plan. Laut Natascha Sagorski könne die Staffelung und Höhe des Mutterschutzes von einer Expertenkommission erarbeitet werden. Außerdem wird gefordert, dass der gestaffelte Mutterschutz ein reines Schutzangebot des Staates sein sollte und für die Frauen in keinem Fall verpflichtend.

Quellen: Verein Feministische Innenpolitik, Petition "Gestaffelter Mutterschutz nach Fehlgeburten"

Dieser Artikel erschien ursprünglich bei ELTERN.

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