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Ist mein Kind schon bereit für Zeichentrickfilme?

Die Schweizer Bloggerin Séverine erlebt mit ihrer Tochter einen überraschend aufregendem Filmabend und lernt daraus: Ein Mammut ist immer toller als Mami und Papi.

mama-on-the-rocks-t"Dümmer Fernseh luege?"*

LadyGaga steht vor mir, streckt mir ihren Lockenkopf entgegen und nickt dabei sanft, um sich selbst in ihrem Vorhaben zu bestätigen.

Es ist 7.30 Uhr morgens und wir stehen in der Küche. Ich schüttele entrüstet den Kopf. "Nein, mein Schatz, sicher nicht, wir haben noch nicht einmal gefrühstückt." LadyGaga trollt sich und spielt mit Lego, während ich den Tisch decke.

"Dümmer Fernseh luege?"

Blau-braune Augen verschwinden unter einem beachtlichen Wimpernschlag. Das muss sie von mir haben. Es ist 11 Uhr. Ich lenke LadyGaga von ihrem Wunsch ab und spiele ein Puzzle mit ihr, bevor ich koche.

"Dümmer Fernseh luege?" Mittlerweile ist 18 Uhr. Ich nicke resigniert, LadyGaga klettert auf die Couch, zieht die Socken ab und krümelt sich unter die Decke.

"Wenn ich mi iikuschle, dörfi ohni Socke sy!"** erklärt sie belehrend. Ich stelle den Recorder ein, "Ice Age", ohne Altersbegrenzung. Kann ja nicht schädlich sein. Zumindest nicht schädlicher als die böse Hexe in Walt Disney's Schneewittchen. Die ist echt gruselig.

Ich kuschle mich zu der Kleinen, wir schauen die zweite Hälfte des Films und ich erkläre emotional schwierige Szenen. LadyGaga fragt nach, warum die Tigerhorde denn böse zum Baby sein will. Sie ist zufrieden mit meinen Erklärungen, dass Tiere und Menschen manchmal auch böse Dinge tun.

Am Ende des Films übergibt dann Manfred, das Mammut, das Baby an die Menschen, an den Vater, der sein Kind im Schnee verloren hatte. Mit zittriger Stimme fragt LadyGaga unvermittelt: "Ist das Baby jetzt weg?" Ich: "Nein, nicht weg. Es ist jetzt wieder bei seinem Papi, ist das nicht toll?"

LadyGagas Mund beginnt zu beben, ich bin irritiert. "Aber das ist doch gut, wenn das Baby wieder bei seinen Eltern ist?!"

LadyGaga weint bittere, herzerweichende Tränen. Ich versuche, sie zu trösten, sie zu beruhigen.

Schadensbegrenzung. "Das Baby ist sicher nur in den Ferien bei den Eltern und geht nachher wieder zu Manfred zurück, ja?"

LadyGaga hört auf zu weinen, fragt zögerlich: "Nur Ferien?" Ich nicke.

LadyGaga: "Und wo isch Mami?" Uff. Äh. "Die ist in der Höhle und kocht", improvisiere ich weiter.

"Wie heißt Mami?" Irgs. "Die heißt Luna."

LadyGaga lächelt versöhnt. Problem gelöst, Kind zufrieden. Mutter erledigt.

Ich habe heute ganz viel gelernt: 1.Namen sind für Kinder ganz wichtig, so können sie sich besser in die Geschichten und im Alltag auch in ihre Mitmenschen hineinversetzen.

2. Nur weil "ohne Altersbegrenzung" drauf steht, heißt das noch lange nicht, dass es auch jeder sehen sollte, denn:

3. Was MICH beunruhigt ist nicht das Gleiche, wie das, was mein KIND beunruhigt.

4. Ein Mammut ist toller als Mami und Papi. Zum Glück werde ich mich nie gegen eines behaupten müssen. Auch wenn ich mich ja manchmal wie eines fühle.

* Schwiizerdütsch für: "Wollen wir fernsehen?" ** "Wenn ich mich einkuschle, darf ich ohne Socken sein!"

Text von Séverine Bonini, ursprünglich erschienen auf http://mama-on-the-rocks.blogspot.de

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