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Kolumne "Kopfkarussell" Zurück am Herd: Das lästige Köcheln im Dauer-Lockdown

Kochen im Lockdown nervt, findet unsere Autorin
Was war das schön, als man noch ins Restaurant konnte!
© Kar3k4 / Shutterstock
Seit über einem Jahr simmern wir nun schon in einem halbgaren Lockdown vor uns hin. Halbgar sind auch meine Kochkünste. Obwohl, da scheint sich was zu tun ...

Ich durfte 53 werden, um meinen ersten Haushaltsgegenstand geschenkt zu bekommen: An Weihachten überreichte mir mein Sohn eine beschichtete Pfanne. Das traf sich gut, hatte ich mir von meinem Bruder doch das Buch "Weniger beschissen kochen - Das geniale Kochbuch für alle, die in der Küche bisher versagt haben" gewünscht. Als ich mich bei meinem Sohn bedankte, meinte er nur: "Mit der Pfanne brennt nichts mehr an." Was ich hörte, war: "Du kannst nicht kochen, Mama." Weiß ich ja. Ich will es auch gar nicht. Aber ich muss ja jetzt dauernd. Wegen Corona.

Die Schule samt Mensa ist nun schon seit über einem Jahr fast durchgehend geschlossen und die Verlagskantine auch. Genau wie all die Restaurants, die sich rund um meine Wohnung angesiedelt hatten, weil sie ganz genau wussten, dass ich sie am Leben erhalten würde. Doch im dauerköchelnden Lockdown bleibt mir nichts anderes übrig, als selbst die Pfannen und Töpfe zu schwingen - und natürlich zu schrubben. Das schmeckt mir überhaupt nicht.

Leider ist es mit meiner Würde als Mutter unvereinbar, mich tagtäglich von einem Minderjährigen bekochen zu lassen

Klar, der Sohn muss auch mal ran. Und er bekommt wirklich sensationelle Pfannkuchen und Tacos hin, aber mit einer richtigen Mahlzeit am Tag ist es ja nicht getan, wenn man 16 ist und schneller wächst als Bambus. Außerdem ist es weder mit meiner Würde, noch mit meinem Selbstverständnis als Mutter vereinbar, mich standardmäßig von einem Minderjährigen bekochen zu lassen. Am Ende schwärzen die Nachbarn mich noch wegen Kinderarbeit an. Es wird ja wieder so viel gepetzt jetzt.

Kochen - mein persönlicher Corona-Fluch

Ich weiß, es ist ein Luxusproblem in diesen Zeiten, aber die Kocherei ist mein ganz persönlicher Corona-Fluch. Reisen, Kino, Konzerte? Wär auch mal wieder was, aber das Ärgerlichste für mich ist das tägliche Bereitstellen von warmer, schmackhafter und gesunder Nahrung. Kaum schlage ich morgens die Augen auf, fange ich an, mir das Hirn zu zerkauen, was ich denn HEUTE mal wieder Schönes kochen könnte. Zwar hat sich mein Rezeptrepertoire in dem überlangen Pandemiejahr mehr als verdoppelt, von ungefähr fünf auf zwölf Gerichte, aber auf Dauer reicht das ja auch nicht.

Das Grübeln, die Rezeptsuche, das Einigen mit dem Kind, das Einkaufen, das Zubereiten, die Topf- und Geschirrberge in der Küche, die tagein, tagaus blöde kichernd mit dem schiefen Turm von Pisa wetteifern, wer als erstes umkippt, und dann noch der Müll, der rauszutragen ist - all das wäre Arbeit genug für den ganzen Tag. Aber da ist ja noch das Homeoffice, in dem ich das Geld für das Essen verdiene, all die anderen To-dos des Alltags, und ein bisschen was Vergnügliches will man ja auch noch haben im Leben.

Mein erstes hart erkochtes Kompliment am Küchentisch: "Du entwickelst dich, Mama"

Aber gestern passierte es: Als wir das von mir fabrizierte Eiercurry aus dem Jamie-Oliver-Kochbuch aßen, das ich meinem Sohn zu Weihnachten geschenkt hatte, in der Hoffnung, damit auch sein Rezeptrepertoire zu erweitern, sagte er: "Lecker! Du entwickelst dich, Mama."

Und das war nicht das erste Mal. In letzter Zeit habe ich immer mal wieder ein anerkennendes Kauen am Küchentisch bemerkt. Und so ist dieses verdammte Virus doch zu was gut: Es lehrt mich das Kochen - nicht nur innerlich.

Brigitteonline

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