Anzeige

Bei Papa gibt’s Burger, bei Mama Ärger: Das Dilemma mit den Wochenendvätern

Wochenendväter - tun sie den Kindern gut?
© altanaka / Shutterstock
Machen es sich Wochenendväter zu leicht, wenn sie ihren Kindern alles erlauben? Oder profitiert der Nachwuchs sogar davon? Eine Expertensicht.

"'Bei Papa gibt‘s morgens immer Choco Krispies', sagt Carl (12) und starrt missmutig in sein Vollkornmüsli, ohne es anzurühren. Als seine Mutter muss ich an mich halten, dass ich seinen Papa nicht vor ihm schlecht mache: 'Das ist total ungesund', denke ich, 'der spinnt doch!'

Seit unserer Trennung vor zwei Jahren habe ich zunehmend das Gefühl: Ich werde in einen Konkurrenzkampf mit Carls Vater gedrängt, den ich nur verlieren kann. Bei ihm, dem Wochenendpapa, gibt es Burger, Computerspiele bis nachts und die heißgeliebte Cola in Literflaschen – Spaß und keine Pflichten. Bei mir dagegen: Hausaufgaben, Zimmer aufräumen, Salat zum Auflauf und Mineralwasser zum trinken. Da kann ich doch nur verlieren, oder?“

Was diese Mutter beschreibt, erleben auch andere getrennte Frauen, die ihre Kinder vorwiegend selbst betreuen. Sie leben mit dem Gefühl, den undankbareren Job zu haben: Während sie sich mit den Kindern durch den anstrengenden Schulalltag kämpfen, bietet der Wochenendpapa den Kindern mehr oder weniger alles, was sie wollen - frei von den Zwängen und Pflichten des Alltags.

Wie können Mütter damit umgehen – und was macht das eigentlich mit den Kindern? Ein Interview mit Diplom-Psychologin Birgit Spieshöfer.

BRIGITTE.de: Wochenendväter zeichnen sich nicht selten dadurch aus, dass sie ihren Kindern fast jeden Wunsch erfüllen, während die Mütter den anstrengenden Alltag bewältigen. Müssen sie auch noch fürchten, dass die Kinder ihr den Papa bald vorziehen?

Birgit Spieshöfer: Die erste Prämisse ist: Kinder lieben ihre Eltern. Der Gedanke „Papa ist toll, Mama ist doof" ist eine Erwachsenenhaltung. So fühlen Kinder nicht. Kinder sind unglaublich schlau auf Ebenen, zu denen wir als Erwachsene kaum mehr Zugang haben. Sie nehmen Bereiche wahr, aus denen wir längst raus sind. Und sie können sehr gut unterscheiden, wo sie gerade sind, und wo welche Regeln herrschen.
 
Aber ist diese Trennung nicht problematisch: Hier die Pflichten, dort der Spaß?

Es gibt beim Menschen ein Grundbedürfnis nach Struktur und Sicherheit, aber auch ein Bedürfnis nach Expansion, Freiheit und Grenzenlosigkeit. Das sind beides Qualitäten, die erst einmal nicht zu bewerten sind. Es gibt ja den Spruch, dass Eltern ihren Kindern Wurzeln und Flügel wachsen lassen sollten. Beides ist wichtig und relevant.
 
Was macht diese Aufteilung in zwei verschiedene Lebenswelten mit den Kindern?

Kinder lechzen nach Struktur, Halt und Sicherheit, um sich ausprobieren und Grenzen austesten zu können. Sie erfahren: Mama gibt mir Halt und Sicherheit durch Klarheit und Struktur. Auf der anderen Seite nehmen sie auch wahr: Derjenige, der schlecht Grenzen setzen kann, ist weniger stabil - da ist eine Unsicherheit oder Unklarheit, wenn ich einfach alles erlaubt bekomme. Je weniger Stabilität ein Kind in sich selbst hat, umso mehr kann es dadurch verunsichert werden.
 
Wie können Mütter mit der Situation umgehen?

Ganz wichtig ist: Mütter müssen nicht wettmachen, was die Kinder anderswo erleben. Sie sollten sich unabhängig vom Kindsvater ihren eigenen Raum kreieren, ihre eigenen Regeln schaffen, Grenzen setzen und diese dann auch einhalten. Und sie sollten am besten beides ermöglichen, Struktur und Freiheit: Auch Mütter könnten mal die Kinder frei bestimmen lassen, was gegessen wird, oder ihnen einen Samstag im Monat erlauben, so lange aufzubleiben, wie sie wollen.
 
Aber die ungeliebten Alltagspflichten bleiben ja trotzdem an der Mutter hängen ...

Das sind ja nur Pflichten, weil wir sie dazu machen: Aufräumen und Hausaufgaben können Freude machen, wenn man einen Weg findet, anders damit umzugehen. Etwa, indem man die Kinder in den Haushalt mit einbezieht und ihnen vorlebt, dass Putzen und Ordnung auch Spaß machen können. Da muss ich erstmal bei mir selbst sehen, wieviel Spaß mir so etwas macht. Das gebe ich auch weiter.
 
Was tun, wenn mir der Erziehungsstil des anderen Elternteils nicht passt?

Dann sollte man mit dem anderen Elternteil sprechen und beispielsweise sagen: „Ich finde, so viele Computerspiele und so viel Schokolade tun unserem Kind nicht gut. Ich würde mir wünschen, dass du mehr Grenzen setzt". Auch zu fragen, "Gibt es einen Grund warum du das nicht tust?", kann helfen. Mehr kann man nicht machen. Dann muss man loslassen, sonst reibt man sich auf.
Und wenn die Eltern sich gar nicht mehr verstehen?

Birgit Spieshöfer zum Thema Wochenendväter
Diplom-Psychologin Birgit Spieshöfer
© privat / PR

Das Schlimmste für Trennungskinder ist, wenn die Eltern sich nicht mögen und schlecht übereinander reden. Das macht etwas ganz Schwieriges mit ihnen, denn sie sind ja ein Teil von Mutter und Vater. Ganz tief drin erleben sie: Wenn meine Mama meinen Papa nicht mag, dann mag sie mich auch nicht. Wenn sich diese Eltern das klar machen, können sie vielleicht anfangen, achtsamer miteinander und ihren Kindern umzugehen.

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel