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Wir diskutieren: Sollte man seine Kinder für Hausarbeit bezahlen?

Sollte man seine Kinder für Hausarbeit bezahlen? Pro & Contra
© Daniel Jedzura / Shutterstock
Sollte man Kinder dafür bezahlen, wenn sie im Haushalt helfen? Bei dieser Frage scheiden sich die Geister. Wir haben zwei Stimmen eingeholt, die wohl beide ihre Berechtigung haben. Wie stehst du dazu?

Über Erziehung lässt sich hervorragend streiten – vor allem, wenn es um kontroverse Themen geht, die keine wissenschaftlich erwiesenen Resultate bereithalten.

Eines davon ist die Hausarbeit. Sollte man seine Kinder dafür bezahlen, wenn sie im Haushalt mit anpacken? Oder sollte man sie lieber dazu bringen, unbezahlt zu helfen? Ein Thema, zwei Meinungen:

PRO

Es gibt so universelle Wahrheiten, die nicht dadurch verschwinden, dass wir sie vielleicht nicht mögen. Klimawandel ist gefährlich. Impfen rettet Leben. Der Haushalt ist eine Aufgabe für alle, die in ihm wohnen.

Vor allem Letzteres ist in praktisch jeder Familie ein beliebter Konflikt-Dauerbrenner. Meine Selbstverteidigungs-Strategie: Diesen Grundsatz Kindern erklären, sobald sie reden können – dann kommt später gar nicht erst die Erwartungshaltung auf, dass das Thema Haushalt komplett ein Hobby von Mama oder Papa wäre (oder, noch schlimmer, von WG-Mitbewohnern, wenn die Info bis zur Volljährigkeit nicht angekommen ist). Spielzeug wegpacken, Zimmer aufräumen, umgekippte Milch aufwischen: Das sind Selbstverständlichkeiten, für die es natürlich keine Sonderzahlung gibt (Kinder sehen das erfahrungsgemäß anders).

Es gibt aber auch anspruchsvollere Jobs im Haushalt, die Kinder irgendwann mit übernehmen können. Und dafür finde ich eine Taschengelderhöhung total okay. Natürlich muss kein 3-jähriges Kind für 50 Cent mehr die Einkäufe erledigen und danach noch den Wagen aus der Werkstatt abholen. Aber wenn ein Kind alt genug ist, um sich dauerhaft um eine Aufgabe zu kümmern (z. B. den Müll rausbringen, wenn er voll ist, oder ein Katzenklo saubermachen) finde ich es okay, dass es mit der neuen Verpflichtung auch einen kleinen Geld-Bonus gibt. Als freiwilliges Angebot, das nicht angenommen werden muss (das bisherige Taschengeld bleibt ja "bedingungsloses Grundeinkommen").

Dabei geht es nicht darum, den Drill unserer Leistungsgesellschaft zu vermitteln und aus Kindern schnellstmöglich Gehaltsverhandlungs-Genies zu machen. Damit soll schlicht der Wert von Hausarbeit spürbar werden – sowohl darin, dass so eine Dauer-Verpflichtung oft ganz schön nervt (weil kein Mensch Lust darauf hat), andererseits aber auch einen realen Gegenwert hat – wie ein "richtiger" Job. Wenn Kinder sich auf diese Weise als Teil eines Haushalts begreifen, sehen sie im Idealfall auch als Erwachsene den "unsichtbaren" Haushalts-Nervkram nicht als Selbstverständlichkeit, die andere Leute erledigen sollen. Denn mal ehrlich: Solche Erwachsene sind keine Seltenheit – und das ist eine unschöne Wahrheit, die wir ändern können.

CONTRA

Warum sollte ich mein Kind für etwas bezahlen, für das nicht mal ich bezahlt werde? Wäsche waschen und aufhängen, Spülen, Staubsaugen & Co. gehören nicht nur zur Haushaltsführung dazu, sondern auch zu einem gemeinschaftlichen Zusammenleben. Sich gegenseitig zu helfen und die anstehende Hausarbeit untereinander aufzuteilen, um damit dazu beizutragen, dass sich alle Familienmitglieder in den eigenen vier Wänden wohlfühlen, gehört – trotz Anstrengung – nicht in die Welt der Bezahlung, sondern in die Wertevermittlung.

Bezahlt man sein Kind für die erbrachte Leistung, wird es nur lernen, immer eine Gegenleistung zu erwarten – und wird vielleicht nie verstehen, dass man auch "gratis" helfen kann; nicht fürs Geld, sondern um des Helfens Willen.

Die Hausarbeit kann eine hervorragende Gelegenheit sein, dem Kind Teamwork beizubringen: Wir packen alle mit an, niemand wird mit unliebsamen Aufgaben allein gelassen. Gleichzeitig wurde schon oft genug bewiesen, dass Kinder von Natur aus freiwillig helfen möchten. Menschen sind Rudeltiere, die sich sozialisieren wollen und gerne mit anderen zusammenleben. Schon Kinder wollen sich "nützlich" fühlen – und wo könnten sie das besser ausleben, als bei der Hausarbeit?

Natürlich geht es dabei um eine Aufteilung derselbigen: Der kleine Bruder legt die Servietten heraus, die große Schwester deckt den Tisch, Mama bereitet das Essen zu und Papa räumt anschließend den Tisch ab – so trägt z. B. jeder etwas zur gemeinsamen Mahlzeit bei. Dieses Aufteilungsprinzip kann man auf alle erdenklichen Hausarbeiten ausweiten – und jeder fühlt sich als nützlicher Teil der kleinen Gemeinschaft.

Natürlich geht es hier nicht darum, einen Dreijährigen dazu zu verdonnern, den Garten umzugraben. Aber es geht um eine altersgerechte Verteilung der Aufgaben, an denen die Kinder wachsen und das Gefühl bekommen, etwas zu leisten.

Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel: Fragt der Teenager nach Geld für ein neues Videospiel, kann man auf eine Gegenleistung pochen und ihm einen Deal anbieten ("Wenn du die Garage aufräumst, bekommst du das Geld dafür"). Doch im Regelfall – und vor allem bei Vor- und Grundschulkindern – sollte die Geldfrage nicht mit der Haushaltsfrage vermischt werden.

Ach ja: Ganz nebenbei lernt das Kind "ohne Gegenleistung" aufzuräumen – was ihm spätestens dann eine große Stütze sein wird, wenn es aus dem Hotel Mama auszieht und seine eigene Bude sauber halten muss ...

kao / heh

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