Anzeige

Sexleben als Eltern: Wie kommt das Prickeln zurück?

Auf alles Mögliche werden wir vor der Geburt eines Kindes vorbereitet. Aber wie sehr sich das Sexleben als Eltern verändert, überrascht viele Paare. Kein Sex ist aber auch keine Lösung - was also tun? Bloggerin Anna von "Berlin Mitte Mom" hat ein paar Ideen.

Sind wir mal ehrlich: Unser Sexleben hat sich fundamental verändert, seit wir Eltern sind. Wenn wir früher einfach so Sex haben konnten, weil uns danach war, braucht es jetzt besondere Umstände oder minutiöse Planung. Und selbst wenn es sich dann mal ergibt und wir grade das Gefühl haben, ja, es könnte jetzt tatsächlich passieren, stören dabei die immer selben Fragen im Hinterkopf: Schlafen die Kinder wirklich? Was, wenn sie aufstehen und plötzlich mitten im Zimmer stehen? Können wir uns auch so gehen lassen, wie wir gerne möchten? Sind wir zu laut? Sollen wir abschließen oder ist das noch schlimmer, wenn die Kinder vor der verschlossenen Tür stehen? Wer weiß schon, ob es Monster unterm Bett gibt, die genau JETZT hervorkommen und das Goldkind aus dem Schlaf schrecken? Oder ob der Lieblingsbub nicht doch Fieber kriegt, er war so heiß beim Gute-Nacht-Sagen... Und das Herzensmädchen? Bestimmt liest sie noch heimlich mit der Taschenlampe unter der Bettdecke und wird beim kleinsten Mucks an unserem Bett erscheinen! Undsoweiterundsofort.

Kennt ihr alle, ich bin mir sicher. Die reinsten Stimmungskiller, diese Hinterkopfstimmen! Was also tun, damit ein Sexleben als Eltern überhaupt stattfinden kann? Ich unterbreite euch dazu mal meine (erprobten) Ansätze, in denen weder ein teures Hotelzimmer noch ein eigens bestellter Babysitter ins Spiel kommen müssen. Bereit?

1. Wir sind anders, wir sind dieselben

Wir kennen das alle: Elternwerden verändert uns und den Blick auf unsere*n Partner*in. Das ist nicht mehr nur der Mensch, in den wir uns verliebt haben oder der unser Herz höher schlagen lässt. Das ist der Vater bzw. die Mutter unserer Kinder. Wir sehen einander in ganz neuem Licht und auch in Stress- und Ausnahme-Situationen. Und auch uns selbst erleben wir neu: Wir sind Eltern geworden, das verändert einfach alles. Und auch wieder nicht. Der Mensch, der da todmüde neben uns im Bett liegt und ein sabberndes Baby in den Armen hält, ist tatsächlich noch genau der, der uns das Kribbeln im Bauch verursacht und dessen Kuss in uns stets den Wunsch nach mehr geweckt hat. Jetzt gilt es, diese beiden Aspekte der geliebten Person zusammenzubringen. Nicht immer ganz leicht, aber es lohnt sich!

2. Let's talk about sex, baby

Tatsächlich macht besonders eine Sache einen Riesenunterschied: Da Sex nicht mehr von selbst passiert, schleicht er sich anders in unser Bewusstsein und der Mangel an Sex wird zum Riesenthema. Und darüber sprechen wir nur ungern: "Wir haben überhaupt keinen Sex mehr!" Das auszusprechen mag kurzfristig erleichternd sein, zumal darüber schnell Einigkeit herrschen wird. Es führt aber vor allem zum gemeinsamen Leiden am Mangel und der Druck, verzweifelt etwas ändern zu wollen, steigt noch. Was also tun?

Besser ist, darüber zu reden, was sich verändert hat und wie wir unser Leben als Paar dementsprechend verändern können, um die Möglichkeit zur Intimität zu schaffen. Sex ist schließlich nicht nur das Ausleben körperlicher Bedürfnisse, Sex ist Intimtät und geteilte Nähe. Es bedeutet auch, gemeinsam nur miteinander zu sein und die Batterien als Paar aufzuladen. Warum also nicht darüber reden, wenn schon gerade nicht die idealen Bedingungen für Sex gegeben sind? Darüber zu sprechen, was man gerne tun würde, wenn man nur... nicht so müde wäre/die Kinder schon schliefen/es nicht mitten am Tag wäre etc., macht die ganze Thematik ein bisschen weniger schwer und der Mangel wird quasi positiv formuliert. Außerdem schafft Sprache Wirklichkeit: zu sagen, was man möchte oder sich wünscht, öffnet plötzlich auch der Umsetzung der Wünsche wieder leichter die Tür.

3. Sex ist eine Möglichkeit, kein Pflichtprogramm

Es ist eine Herausforderung, die Energie für Sex aufzubringen, wenn wir in unseren diversen Alltagsroutinen gefangen sind. Die Zeit, die uns zu zweit bleibt, ist knapp und zudem meistens noch gefüllt mit "Denkst du an die Überweisung für..." oder "Lieblingsbubs Deutschlehrerin hat gesagt..." oder "Wir müssen noch ein Geschenk für deinen Vater besorgen..."

Ihr kennt das. Umso wichtiger, auch andere Dinge zu Wort kommen zu lassen. Umso wichtiger, sich körperlich nah zu sein. Umso wichtiger, diese Themen ab einem gewissen Moment ruhen zu lassen und bewusst zusammen zu sein. Es muss nicht immer die wilde, aufgeregte Begegnung sein, die wir früher vielleicht suchten. Es ist auch okay, zusammen auf der Couch zu liegen, sich nah zu sein, sich zu spüren, zu streicheln oder zu küssen. Vielleicht ergibt sich etwas daraus, vielleicht aber auch nicht. Sex ist nicht der Zweck dieses Zusammenseins und nicht das wichtigste Ziel. Das Zusammensein ist es, die Nähe, die Intimität. Die macht ganz oft und ganz von selbst Lust auf mehr.

4. Date Night

Okay, ich hatte gesagt, es ginge ohne Babysitter – das war gelogen. Aber bei diesem Punkt geht es zumindest nicht darum, einen Babysitter zu bestellen, damit man Sex haben kann. Es geht viel eher ums Paar-Sein, und manchmal geht das einfach besser, wenn man das Eltern-Sein zu Hause lässt und die Kinder bei einem vertrauenswürdigen Babysitter. Wirklich, es ist unvergleichlich schön und wichtig, sich als Paar zu empfinden und Hand in Hand ins Kino oder in eine nette Bar schlendern zu können, ohne, dass ein kleiner (sehr süßer) Mensch sich dazwischenklemmt und verlangt, man solle mit ihm "Engelchen, flieg!" spielen.

Wenn wir im Anderen ab und zu etwas anderes sehen wollen als nur den genauso erschöpften Counterpart zu uns selbst im rasend chaotischen Familienalltag, dann hilft vor allem die Date Night. Wir schaffen es nicht, das regelmäßig zu machen, aber wir bemühen uns. Und es tut wirklich so gut, seine Sätze zu Ende sprechen zu können, einander in die Augen zu sehen, zusammen zu lachen und einfach die Zeit zu genießen – als Paar. Nicht als Mama und Papa. Wenn man dann beim Heimkommen die Kinder im Tiefschlaf vorfindet, keins sich übergeben oder ins Bett gepieselt hat und der Babysitter in die Nacht verschwunden ist, dann ermöglicht der Date-Night-Blick auf den anderen manchmal auch noch Date-Night-Sex.

5. Verabredung zum Sex

Es gibt Zeiten, in denen erscheint Sex so unwahrscheinlich wie ein Perlenfund in einer Auster, und gerade dann ist eine Verabredung zum Sex genau das Richtige. Dabei greife ich beispielsweise zu einem starken Verbündeten: der Glotze. Wirklich, ich bin nicht stolz darauf, aber meine Kinder sind in einem Alter, in dem das perfekt funktioniert. Da der Fernsehkonsum hier zwar gestattet, aber klar reguliert ist (maximal 25 Minuten am Tag und längst nicht täglich), finden sie das natürlich spannend und so kann es sein, dass der Mann und ich uns vielsagend anschauen und beispielsweise sonntagmorgens oder samstagnachmittags oder an einem beliebigen Ferientag im Regen den Kindern eine DVD gestatten. Wir machen es ihnen auf der Couch gemütlich und sie dürfen sich zum x-ten Mal "Frozen" ansehen und sie dürfen sogar auf der Couch Kakao trinken oder Popcorn essen – und schwupps, haben wir 70 ungestörte Minuten für uns. Richtig prickelnd wird das Ganze tatsächlich dadurch, dass wir das schon vorher so ausgemacht haben: Alles klar, Sonntagmorgen haben wir ein Date! Und dann bemühen wir uns beide darum, dass es auch klappt und freuen uns schon Tage vorher darauf.

Alternative und erprobte Möglichkeiten sind auch: Die Kinder sind gemeinsam zum Kinderkino bei den Nachbarn, die Kinder sind zur Schulübernachtung/Übernachtung bei Freunden und am allerbesten: Die Kinder sind auf Klassenfahrt!

6. Talk dirty to me!

Da wir ohnehin über unsere Bedürfnisse reden und auch über die, die sich nicht erfüllen, ist der Schritt nicht weit, die Wünsche und Fantasien auszusprechen und – auszuschmücken. Wir flüstern uns Kleinigkeiten ins Ohr, wenn die Kinder im Bad sind oder schicken uns eine SMS, wenn wir nicht zusammen sind, und schon hat auch das Sexleben als Eltern einen kleinen heimlichen Ort, an dem es noch so sein kann, wie vor den Kindern. Wir malen uns aus, was wir tun werden, wenn wir es endlich wieder tun werden und freuen uns auf unser nächstes Date zum Sex. Das ist vielleicht nicht so fancy wie Outdoor-Sex oder so romantisch wie durchknutschte Nächte am Strand, aber es ist aufregend und schön und bietet eine kleine Nische, in der die Kinder einfach nicht vorkommen.

7. Lachen ist "sexy", zusammen lachen erst recht

Aber sie sind ja nun mal da – die Kinder. Und manchmal, das kennen wir ganz genau, haben sie Antennen von hier bis nach China und scheinen ganz genau zu spüren, wenn die lieben Eltern noch auf einen Wein zu den Nachbarn gehen wollen. Oder auf den Besuch warten. Oder eben: sich zum Sex verabredet haben. Plötzlich ist das wichtige Kuscheltier verschwunden, ohne das nicht eingeschlafen werden kann. Oder die Einschlaf-CD ist kaputt und man kann un-mö-glich was anderes hören. Oder eine Hexe könnte über den Balkon reinkommen, weshalb man immer wieder aufstehen und nachschauen und sich gruseln muss und dann natürlich zu den Eltern runtertapsen und sagen, dass die Hexe über den Balkon reinkommen könnte. Tatsächlich ist es manchmal einfach nicht zu schaffen. Selbst wenn wir uns verabredet haben, wenn wir uns den ganzen Tag heimlich gefreut und uns komplizenhaft zugezwinkert oder uns heiße Botschaften geschickt haben – es soll nicht sein. Denn wenn einer den Hexenbalkon bewachen muss und dann mit dem gegruselten Kind gemeinsam einschläft und dann verpennt und mit Kindersabber auf dem T-Shirt wieder erscheint, ist meistens Essig mit der Stimmung.

Da hilft nur Humor, meine Lieben. Und davon haben wir als Eltern ja jede Menge, nicht wahr? Gemeinsam lachen hilft, entspannt und schafft Komplizenschaft. Zusammen sabotiert werden kann sich dann wieder fast unterhaltsam anfühlen und der entgangene Sex ist nicht mehr so wichtig. Er bleibt als Möglichkeit präsent und das Begehren wird nicht gleich gelöscht, sondern eher aufgehoben. Für später, wenn die Hexe ganz sicher weg ist. Und das vollgesabberte Shirt in der Wäsche.

Das Sexleben als Eltern ist anders als das, das wir vor den Kindern hatten. Aber es muss nicht schlechter sein, schließlich ist Quantität nicht das Entscheidende, wenn wir mit dem Menschen zusammen sind, den wir lieben. Besondere und geplante Momente zu zweit können genauso aufregend sein, wie der Spontansex aus kinderlosen Tagen und wenn wir uns nicht zu sehr an die Maßstäbe aus alten Zeiten klammern und uns davon frei machen, dass wir ewig jung, aufregend und wild sein müssen, dann steht das Sexleben als Eltern dem aus früheren Tagen in nichts nach.

Text von Anna Luz de León, ursprünglich erschienen auf berlinmittemom.com

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel