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Schwanger und unheilbar krebskrank Werdende Mutter kämpft für Elternzeit nach Geburt

Corina Hofmanns größter Wunsch ist es, ein Jahr Elternzeit mit ihrer Familie verbringen zu dürfen.
Corina Hofmann aus dem niedersächsischen Südergellersen ist unheilbar an Krebs erkrankt - und schwanger. Ihr wichtigstes Gut: Zeit. Doch für die muss sie kämpfen – auch gegen behördliche Hürden.

von Kim Laura Umlauf und Shari Jung

Im Mai 2020 bekommt Corina Hofmann die erste Diagnose: Brustkrebs. Es folgen mehrere Operationen und eine Chemotherapie. Dann bekommt die 40-Jährige während eines Reha-Aufenthalts die nächste schlechte Nachricht: Unter den Achseln hat sich an den Lymphknoten ein neuer Krebs gebildet. Es folgen neue Behandlungen und eine zweite Chemotherapie. Die Hoffnung auf Heilung ist da, vor allem nach einem überraschend positiven Schwangerschaftstest. "Man kommt automatisch in die Wechseljahre durch die Chemotherapie. Wir sind dann davon ausgegangen, dass das nicht mehr geht. Ich hatte keine Regel mehr, kein gar nichts mehr", erzählt die Sozialpädagogin im RTL-Interview.

Zwischen Leben und Tod

© Corina Hofmann / RTL News

Nach vielen Untersuchungen wird klar: Das Baby ist gesund. Die 40-Jährige entscheidet sich gegen weitere Krebsbehandlungen und für ihren ungeborenen Sohn. "Den Herzschlag hab ich schon gehört, man sieht einen Fuß oder mal eine Hand. Und dann darüber nachzudenken, das Kind sterben zu lassen? Zu welchem Preis? Diese Vorstellung, ins Krankenhaus zu gehen und zu sagen: 'So, jetzt musst du sterben, ich nehme irgendein Medikament.' Ich glaube, dann wäre die restliche Lebenszeit nicht mehr schön gewesen", erzählt sie uns. Und weiter: "Zum Einen beschäftigt man sich mit dem Tod und was es heißt, zu sterben. Und zum anderen wächst Leben in einem. Auch wenn ich irgendwann nicht mehr bin, ist trotzdem noch etwas von mir da. Wir haben auch schon eine Tochter. Das ist etwas Schönes in der doofen Zeit."

Die Statistik sagt ein bis drei Jahre: "Das macht mir natürlich Angst"

Corina Hofmann leidet am sogenannten triple-negativen Mammakarzinom, also dreifach negativem Brustkrebs. Eine besonders schnell wachsende und aggressive Art, die sich über die Lymphknoten im Körper verteilt. "Da hier manche Krebsmedikamente, die sonst bei Brustkrebs häufig zum Einsatz kommen, nicht wirken, ist diese Form von Brustkrebs schwieriger zu behandeln. Dreifach negativer Brustkrebs tritt gehäuft bei Frauen mit erblicher Belastung auf," so die Deutsche Krebsgesellschaft.

Und das trifft auch auf Corina Hofmann zu. Ihre Erkrankung ist erblich bedingt – sie hat das sogenannte BRCA1-Gen: "Frauen, die eine Genveränderung von BRCA1 oder BRCA2 aufweisen, erkranken häufiger an Brust- und/oder Eierstockkrebs. Wenn sie erkranken, dann auch häufig früher als üblich – also vor dem 50. Lebensjahr", so die deutsche Krebsgesellschaft weiter. "Ich weiß, dass man an Organversagen stirbt. Ich weiß, dass es, glaube ich, zum Schluss nicht so ganz so schön wird. Das macht mir natürlich Angst. Also ich glaube nicht an ein Leben nach dem Tod, das macht es natürlich schwieriger," sagt Corina Hofmann.

Zu wenig Elterngeld durch die Krankschreibung

© Corina Hofmann / RTL News

Zeit spielt eine besondere Rolle in Corinas Leben. Am liebsten möchte sie so viel Zeit wie möglich mit ihrer Familie verbringen und ein Jahr Elternzeit nach der Geburt nehmen. Momentan geht die Sozialpädagogin arbeiten, wie auch während ihrer ersten Chemotherapie. Insgesamt war die 40-Jährige zehn Monate krank geschrieben. Für die Berechnung des Elterngeldes stehen ihr damit nur vier Monate zur Verfügung. "Es ist die dritte Erkrankung und die Nerven liegen blank, aber ich kann mich nicht krankschreiben lassen, obwohl ich krank bin. Denn um überhaupt etwas Elterngeld zu bekommen, muss ich durchhalten," sagt Corina.

Die rund 500 Euro Elterngeld reichen der bald vierköpfigen Familie aus Südergellersen nicht aus, auch wenn Corinas Mann Vollzeit arbeitet. Normalerweise wird bei der Berechnung des Elterngeldes das durchschnittliche monatliche Nettoerwerbs-Einkommen der letzten zwölf Kalendermonate vor der Geburt des Kindes verwendet. "Wenn man in der Schwangerschaft kindbezogen krankgeschrieben wird, dann errechnet sich das Elterngeld auch ganz normal. Ist man aber aufgrund von anderen Dingen krank geschrieben, wie Depressionen oder eben Krebs, gilt das nicht. Ich würde mir wünschen, dass das anders wird," so die Sozialpädagogin.

Das sagt das Bundesfamilienministerium

Aber wieso wird in der Art der Erkrankung bei der Errechnung des Elterngeldes unterschieden? Auf RTL-Anfrage erklärt das Bundesfamilienzentrum: "Einkommenseinbußen durch Lebensrisiken, die außerhalb des Schutzbereiches des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes liegen, können bei der Berechnung des Elterngeldes (...) nicht auf besondere Weise berücksichtigt werden. Denn bei der Ausgestaltung gesetzlicher Regelungen kann der Gesetzgeber nicht allen denkbaren Lebenssituationen mit speziellen Ausnahmeregelungen Rechnung tragen. (...) Dabei lässt es sich nicht vermeiden, Typisierungen vorzunehmen wie etwa die Beschränkung der Ausklammerungsregel auf Fälle einer wesentlich durch die Schwangerschaft bedingten Erkrankung."

Corina Hofmann kann diese Regelung nicht nachvollziehen. Schließlich sei sie nicht die einzige Frau in so einer Lage: "Ich würde mir von der Politik wünschen, dass es eine Härtefalllösung oder -regelung gibt."

Zeit dank Spenden

© Corina Hofmann / RTL News

Corina Hofmann stellt sich darauf ein, nach der Geburt wieder arbeiten zu gehen, als zwei Freundinnen auf die Idee kommen, einen Spendenaufruf im Internet zu starten. "Weil ich das einfach furchtbar finde, dass man, wenn man sowieso schon so viele Themen hat, mit denen man sich beschäftigt, noch zusätzlich der finanzielle Druck so stark da ist," erzählt Freundin Lena Schmidt.

Das Ziel der Spendenaktion: Genug Geld zusammenbekommen, um Corina ein Jahr Elternzeit zu ermöglichen. Mittlerweile ist die Summe so hoch, dass die 40-Jährige vielleicht sogar zwei Jahre Elternzeit nehmen kann: "Das ist das größte Geschenk, was man erreichen konnte für mich und in meiner Situation." Corina ist Realistin und bleibt trotz ihrer Schicksalsschläge positiv: "Ich wünsche mir, dass ich mehr Zeit habe als die drei Jahre, die die Statistik sagt. Ich wünsche mir, dass die Medikamente anschlagen. Mehr Zeit noch, das Leben zu genießen, mehr Zeit ohne Schmerzen zu sein." Und vor allem mehr Zeit mit ihrer Familie.

Quelle: RTL

mmu Brigitte

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