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Stiefmutter sein - so klappt's ohne Stress

Stiefmutter sein - so klappt's ohne Stress
© Matthew Jacques / Shutterstock
Wie verhalte ich mich als Stiefmutter, wenn mich sein Kind nicht mag oder die Ex-Frau Ärger macht? Fünf Fragen und fünf Antworten für Patchwork-Moms.

Stiefmutter sein: Fünf Fragen an Katharina Grünewald

Unsere Expertin
Katharina Grünewald ist Diplom-Psychologin und Familientherapeutin mit eigener Praxis in Köln. Sie lebt selbst als Mutter und Stiefmutter in einer Patchwork-Familie und hat ein Beratungskonzept für Patchwork-Familien entwickelt. Ihr Buch "Glückliche Stiefmutter" wendet sich an "Bonusmamas" und erklärt alltagsnah, wie Stiefmütter ihren Platz in der Familie finden.
© Privat

1. Stiefmutter, das klingt nach böser Hexe, und wie eine Mutter fühle ich mich auch nicht. Was ist eigentlich meine Rolle?

Früher kam eine Stiefmutter in eine Familie, wenn die Mutter gestorben war. Die Aufgaben waren also klar: den Platz der Mutter einnehmen und die Kinder versorgen. Heute lebt die Mutter im Regelfall noch – ein Glück!

Das bedeutet aber auch, dass die Rolle der Stiefmutter nicht mehr definiert ist. Auch, weil es inzwischen sehr unterschiedliche Familien-Konstellationen gibt - mal einigen sich die Eltern auf eine Halbe-Halbe-Betreuung, in anderen Fällen ist der Mann der Wochenendpapa.

Sie müssen deshalb Ihre Rolle selbst finden, gemeinsam mit dem Partner und den Kindern. Nicht einfach, ich weiß, es ist aber der einzige Weg. Dabei bitte unbedingt das "Prinzip Selbstfürsorge" anwenden ("Was will ich?" "Was tut mir gut?") und sich in keine Rolle drängen lassen, die Ihnen nicht behagt ("Vermittlerin", "Mama", "Geheim-Freundin"). Meine Erfahrung ist: Wenn alle Standpunkte (Stiefmutter, Vater, Kinder) klar benannt werden, entstehen authentische Beziehungen. Und dann stellt sich auch die Rollenfrage nicht mehr.

2. Sein Kind kann mich nicht leiden. Es macht mich bei seinem Vater schlecht, lügt auch immer wieder. Hat unsere Partnerschaft überhaupt eine Chance?

Zuerst die gute Nachricht: Selten gibt es tatsächlich unüberwindbare persönliche Antipathien. Also ja, Ihre Partnerschaft hat eine Chance! Dass sein Kind sich so verhält, ist – leider – normal und aus Kindersicht absolut nachvollziehbar: Immerhin lassen Sie als "die Neue" eine Wiedervereinigung von Mutter und Vater noch unmöglicher erscheinen! Das macht Kinder traurig und wütend; sie entwickeln dann bewusst oder unbewusst Strategien, den Eindringling aus der Familie zu schubsen. Dies zu erkennen und die Angriffe nicht persönlich zu nehmen, ist ein ganz wichtiger Schritt.

Gefordert ist nun der Vater. Er muss sich positionieren ("Doch, meine Freundin isst mit uns zu Abend"), sollte den Kindern aber auch Raum geben ("Was brauchst Du, damit Du Dich am Tisch mit ihr und mir wohlfühlst?"). Nur wenn der Vater sich klar positioniert und den Kindern zeigt, dass sie keinen Einfluss auf die neue Lebens- und Liebeswirklichkeit haben, also auch keine Verantwortung dafür übernehmen müssen, können sich die Kinder ihrer Wut und ihrer Trauer hingeben – und diese in einem zweiten Schritt überwinden. Lügen als kindliche Lösungsstrategie wird überflüssig.

3. Bislang lief es gut bei uns, doch nun bin ich schwanger. Wird mein Kind die Patchworkfamilie auf den Kopf stellten?

Ein Baby wirbelt tatsächlich eine Patchworkfamilie auf – das muss aber überhaupt nichts Negatives sein, im Gegenteil. Denn mit dem Baby sind alle verbunden; eigentlich doch etwas sehr Schönes, oder?

Bei Kindern kann ein neues Baby aber die Ur-Angst des Verlassenwerdens aktivieren: "Erst hatte Papa eine neue Frau und brauchte Mama nicht mehr. Jetzt kommt ein neues Baby, jetzt braucht er mich nicht mehr." Weil Kinder solche Gefühle oft nicht selbst benennen können (oder sich manchmal nicht trauen, traurige oder "fiese" Gedanken auszusprechen), darf das Baumeisterpaar (Stiefmutter und Vater) seine eigenen Ängste (und auch die Freude!) transparent machen. Das bringt die gesamte Familie ins Gespräch und den Kindern hilft es zu formulieren was sie selbst bewegt.

Übrigens: In dieser Situation profitieren Neu-Mütter von den Erfahrungen ihrer Stiefkinder. Denn das Stiefkind weiß schon um den Unterschied, die eigene Mutter im Arm zu halten (im Gegensatz zur Stiefmutter). Vielleicht könnte es spannend sein, mit Ihrem Stiefkind darüber zu sprechen? So oder so: Gestehen Sie sich für unterschiedliche Beziehungen auch unterschiedliche und ganz eigene Qualitäten zu!

4. Manchmal macht es mich einfach nur wütend, dass ich meinen Partner teilen muss. Bin ich zu egoistisch?

Nein, sind Sie nicht. Das Gefühl, einen geliebten Menschen für sich allein haben zu wollen, ist normal und absolut menschlich. Sie dürfen also so fühlen – aber bitte, ohne die Realität zu ignorieren.

Die Realität ist: Sie sind als Geliebte die Nummer eins, aber Sie sind nicht die Nummer eins in allen Belangen. Wenn Sie diese Grundkonstellation ständig wütend macht, sollten Sie sich Hilfe von außen holen, beispielsweise bei einer Therapeutin oder einer Familienberatungsstelle. Sonst hat Ihre Partnerschaft auf Dauer kaum eine Chance.

Von einer gelegentlichen Eifersucht aber kann Ihre Partnerschaft sogar profitieren. Fragen Sie sich: Warum bin ich wütend? Was bekommen die Kinder, was ich nicht bekomme? Was möchte ich ändern? Ihre Antworten sind ein guter Ausgangspunkte, um mit Ihrem Partner ins Gespräch zu kommen und letztlich gemeinsam ihre Partnerschaft so zu gestalten, dass es ihnen beiden gut geht.

5. Seine Ex macht mich wahnsinnig. Ständig mischt sie sich in unser Leben ein. Wie gelingt ein guter Umgang mit der Ex?

Katharina Grünewalds Buch "Glückliche Stiefmutter", Kreuz-Verlag, 192 S., 14,99 Euro. Erhältlich zum Beispiel über Amazon
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Oft bekommen Stiefmütter Attacken ab, die eigentlich noch in die alte Paarbeziehung gehören – weil das Ex-Paar noch durch Kränkungen und Hakeleien negativ miteinander verbunden ist. Die Ex kann sich beispielsweise in der Ehe unterlegen gefühlt haben; heute sind für sie deshalb selbst Kompromisse nur schwer auszuhalten. Hier müssen die einzelnen Standpunkte und die dazu gehörigen Gefühlswelten geklärt werden, am besten mit einer Mediatorin oder Therapeutin.

Meine Erfahrung ist: Ein guter Umgang mit der Ex gelingt dann, wenn alte "Baustellen" aufgearbeitet und gemeinsam Grenzen definiert werden. Die Grenzen müssen für alle Beteiligten erkennbar sein, beispielsweise: Die Ex ruft nur in absoluten Notfällen (Armbruch des Kindes!) nach 20 Uhr an, die Vaterzeit darf nur der Vater verplanen (er allein und nicht die Ex entscheidet über eine Kindergeburtstagseinladung während der Vaterzeit).

Für Sie als neue Partnerin gilt: Sie müssen akzeptieren, dass die Ex eine Rolle in Ihrem Leben spielt. Was Sie nicht akzeptieren müssen: Wenn die gemeinsam festgelegten Grenzen überschritten werden. Oft passiert das unabsichtlich und unbewusst, da alte Selbstverständlichkeiten trotz neuer Regeln noch fest verankert sind: Der Kindergeburtstag wird einfach zugesagt, weil man das immer so gemacht hat und nicht an das neue Prozedere denkt. Hier hilft: Die Ex darauf aufmerksam machen und das neue Prozedere weiter einüben! Das aber ist die Aufgabe Ihres Partners, nicht Ihre.

Interview: Madlen Ottenschläger

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