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Kita-Eingewöhnung ist ein A.R.S.C.H.L.O.C.H.

Kita-Eingewöhnung? Dauert so zwei Wochen, sagt man. Aber was, wenn einfach alles schief läuft? Blogger David von "Ich Bin Dein Vater" über den schweren Versuch, seinen Sohn an die Krippe zu gewöhnen.

Eingewöhnung ist ein A.R.S.C.H.L.O.C.H

Ich meine es genauso, wie ich es schreibe. Eingewöhnung ist ein Arschloch!

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us dem Regen in die Traufe. So könnte man die noch junge Kita-Karriere meines kleinen Mannes beschreiben. Ich habe es ja bereits in einem alten Beitrag angedeutet. Kita 1 entpuppte sich als organisatorisches Verdun. Die Strukturen, organisatorischen Entscheidungen und Abläufe waren in etwa so übersichtlich und nachvollziehbar wie der Straßenverkehr in Ho-Chi-Minh-City.

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ichtigerweise muss ich sagen, dass es sich nicht um eine Kita, sondern um eine Elterninitiative handelte, in der unser Sohn seine Vormittage verbringen sollte. Organisationsform hin – Organisationsform her, es hat nicht geklappt. Dabei hatten wir uns ausreichend Zeit genommen. Noch in meiner Elternzeit sollte die Eingewöhnung von uns Dreien vollzogen werden. Mama war locker, Papa war locker und der wichtigste Teilnehmer des Projektes war ohnehin locker... Dumm nur, wenn die Bezugspersonen sukzessive stiften gehen.

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chnell haben wir die Reißleine gezogen. Meine Frau in einer Nacht-und-Nebel-Aktion alle Kitas und Betreuungseinrichtungen kontaktiert, die wir jemals auf unser Wunschliste hatten. Sein Wohl geht vor – immer! Und manchmal ist das Glück mit den Dummen Glücklosen. Tatsächlich war in der Kita, die ursprünglich auf Platz 1 unserer Wunschliste (meiner Frau) stand, ein Platz frei geworden. Eine Familie war abgesprungen. Kaskaden des Glücks und der Erleichterung wuschen die Sorgen davon.

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hampagnerstimmung hält bekanntlich nicht lange an. Und was folgt? Meist ein dicker Kater. Zwei Wochen Ferien und das nahende Ende meiner Elternzeit läuteten den unsrigen ein. Meine Frau war bereits wieder Teilzeit in ihren Job eingestiegen. Wer sich ansatzweise mit dem Thema Eingewöhnung auseinandergesetzt hat, weiß, das Einzige, was nicht knapp bemessen sein sollte ist: Zeit...

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abe ich mich eigentlich schon darüber ausgelassen, wie schrecklich ich das Wort „Eingewöhnung“ finde? Was soll das überhaupt heißen? "Eingewöhnung" klingt wie der erste unfreiwillige Initiationsritus unserer Gesellschaft in eng gesteckte Grenzen und Normen. Aber egal, ich schweife ab. Jetzt hatten sich die Parameter also verkehrt. Erst hatten wir jede Menge Zeit, aber dafür eine kack Betreuungslösung – nun keine Zeit mehr, dafür eine super Kita ... welche wegen Ferien jedoch noch zwei Wochen geschlossen hatte.

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eider war unser Kontingent an Resturlaub nahezu erschöpft; gerade noch so ausreichend, um die zweite anstehende Eingewöhnung irgendwie zu stemmen. Für solche Situationen hat irgendein schlauer Mensch "Omas" erfunden. Diese kinderliebenden, unermesslich geduldigen und selbstlosen Wesen. Ohne meine Mutter und die Mutter meiner Frau wären wir aufgeschmissen gewesen. Im Wechsel haben sie die Zeit überbrückt und unserem Sohn eine vormittägliche 1:1 Betreuung verpasst, wie es nur Omas können. Seine Augen funkeln jetzt noch wie Silvester-Feuerwerk, wenn einer von uns das Wort "Oma" auch nur flüstert.

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bwohl es für den kleinen Mann noch ewig so hätte weiterlaufen können, müssen auch Omas mal wieder nach Hause und der "Alltag" wieder einkehren. Wobei von Alltag zu sprechen, besonders bei (jungen) Eltern ein durchaus gewagtes Unterfangen ist. Klar versuchen wir Rituale und Anker im Tagesablauf zu setzen ... wer jedoch schon mal einen kleinen brabbelnden Menschen mit einem Handy in der einen und einer Tube Sonnencreme in der anderen Hand quer durch die Wohnung verfolgt hat, weiß, dass sich zumindest Alltagstrott nicht so schnell einstellt.

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ool bleiben und locker durch die Hose atmen – so lautete auch für den zweiten Kita-Anlauf das ausgegebene Motivationsmantra.

Warten: Davids allmorgendliche Aussicht
Warten: Davids allmorgendliche Aussicht
© ichbindeinvater.de

Dass wir in eine emotionale Achterbahnfahrt geraten würden, hatte ich tief bei den anderen Ängsten und Sorgen vergraben. Gleich hinten links, bei meiner Phobie vor riesenhaften Skorpionen, die mich verfolgen. Die erste Woche verlief auch prima ... der Montag der zweiten Woche ebenfalls. Stolz berichtet ich im Büro BabyVater, PapaDoc und Lempi: "Mein Sohn bleibt schon drei Stunden alleine in der Kita, ist sein Mittagessen und lässt sich von den anderen Kindern seine Spielsachen bringen." Gut, bei letztem Punkt habe ich etwas angeben.

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ybris scheint mich in diesem Moment getrieben zu haben. Nach einer Erkältung und dem Aussetzen für ein paar Tage, folgten Tränen. Irgendwann hatte meine Frau keinen Urlaub mehr und plötzlich zehrten wir vom Verständnis meiner Kollegen bzw. meines Arbeitgebers. Die Vormittage verbrachte ich wartend und lauschend vor Türen – draußen, drinnen, im Auto. Meine Nachmittage im Büro.

Was ihn final aus der Bahn geworfen hat, darüber kann ich nur spekulieren. Dass mir in der letzten Woche mehrfach das Herz gebrochen ist, ist leider ein trauriger Fakt! Wenn dein Kind plötzlich weint und dir nicht vom Arm oder der Seite weichen möchte, ist dir schlagartig egal, ob du zur Arbeit musst oder nicht. Wenn du dann einen Arbeitgeber hast, der vormittags auf dich verzichtet und dafür nicht mal Urlaub sehen will, wird aus der oft bemühten Phrase Work-Life-Balance plötzlich gelebte Erleichterung.

Insofern kann ich also zwei Dinge festhalten:

Danke Omas & Jungs!

Und: Eingewöhnung, du bist ein Arschloch!

Text von David Stöppler aka DaddyDavud, ursprünglich erschienen auf ichbindeinvater.de.

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