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Experten warnen Mütter brennen schneller aus

Familie und Beruf: Gestresste Mutter
© fizkes / Shutterstock
Keine Überraschung: Der Berufsverband Deutscher Psychologen (BDP) weist darauf hin, dass das raue Klima in der Arbeitswelt besonders Frauen zu schaffen macht, die versuchen, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Dauerstress, Burn-out oder Depressionen – der Befund der Experten ist dramatisch.

Überstunden, Jobangst – der Druck steigt

Deutschlands Arbeitnehmer melden sich immer seltener krank – doch wenn sie es tun, so sind in zunehmendem Maße psychische Faktoren die Ursache. Ihr Anteil an den Ausfalltagen stieg zwischen 2001 und 2005 von 6,6 Prozent auf 10,5 Prozent. Einer EMNID-Umfrage zufolge leidet jeder vierte deutsche Arbeitnehmer unter dem Burn-out-Syndrom, einer ebenso körperlichen wie emotionalen Erschöpfung. Die Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer psychischen Erkrankung nahm zwischen 1994 und 2004 um 70 Prozent zu.

Warum sind Arbeitnehmer hierzulande so gestresst? Als Ursachen führen die Experten vor allem das derzeitige raue Klima in der Arbeitswelt an: Zeit- und Erfolgsdruck, zunehmend komplexere Aufgaben, wachsende Verantwortung, unsichere Arbeitsverhältnisse wie Zeitarbeit oder befristete Verträge, der Mangel an Anerkennung oder die weit verbreitete Angst vor dem Jobverlust. Die geforderte Mobilität und Flexibilität führen außerdem zu Überstunden und Fernbeziehungen, die wiederum verhindern, dass Berufstätige in ihrem Privatleben einen Ausgleich finden.

Solche Faktoren belasten nach Ansicht der Psychologen nicht nur den einzelnen Arbeitnehmer, sondern vergiften auch zunehmend das Betriebsklima. Die Folge: Wo jeder (vermeintlich) Tag für Tag um sein berufliches Überleben kämpft, sind Intrigen und Mobbing weit verbreitet.

Warum sind Frauen noch stärker vom Burn-out bedroht?

"Nur bezahlte Arbeit wird anerkannt – Hausarbeit eben nicht!"

Natürlich belasten widrige Arbeitsbedingungen Männer und Frauen gleichermaßen. Trotzdem weist der BDP in seinem Bericht eindringlich darauf hin, dass Frauen noch stärker darunter leiden als ihre männlichen Kollegen. Nur ein Beispiel: Mediziner weisen laut dieser Untersuchung generell eine erschreckend hohe Suizidrate auf – sie ist im Vergleich zu anderen Berufgruppen um ein dreifaches erhöht. Bei Medizinerinnen ist sie jedoch bis zu fünfmal höher!

Dies deckt sich mit anderen Untersuchungen: So sind Frauen auch doppelt so häufig von Depressionen betroffen wie Männer. Zwar gehen viele Experten davon aus, dass die Diagnose bei Frauen leichter zu stellen ist – einfach, weil sie eher bereit sind, über ihre Probleme zu sprechen.

Wissenschaftler vertreten jedoch auch die These, dass Mehrfachbelastung und Rollenkonflikte einen erheblichen Teil zu den psychischen Problemen von Frauen beitragen. Der Berufsverband der Psychologen zielt in eine ähnliche Richtung, wenn er in seinem Bericht die starke Benachteiligung von Frauen im Berufsleben anprangert: Die noch immer geringere Bezahlung, vor allem aber die Schwierigkeiten, Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen. Wen sollte es wundern, wenn eine gut ausgebildete Frau frustriert ist, weil sie nach der Babypause auf einer schlecht bezahlten Teilzeitstelle Arbeiten erledigt, für die sie eindeutig überqualifiziert ist?

Hinzu kommt: Auch wenn Frauen zunehmend auch dann noch im Beruf bleiben, wenn sie Kinder haben, bedeutet das nicht, dass sie im Gegenzug weniger im Haushalt leisten würden – und da im Allgemeinen unter "Arbeit" nur diejenige verstanden wird, die auch bezahlt wird, erhalten sie dafür nicht einmal die nötige Anerkennung. Endgültig aufgerieben werden die Frauen dann, wenn der Partner wegen des Jobs in eine andere Stadt zieht und die Frau alleine ihren Job, den Haushalt und die Erziehung unter einen Hut bekommen muss. Oder wenn die Beziehung zerbricht und sie zur Alleinerziehenden wird.

Das kann gravierende Folgen haben: Studien belegen, dass Frauen, die sich durch Haus- und Erziehungsarbeit überfordert fühlen, häufig an Angst- oder Panikstörungen leiden, an Depressionen erkranken oder ein Suchtverhalten entwickeln.

Gleichberechtigung im Job – ein wirksames Gegenmittel?

Eindringlich ruft der BDP zum Abschluss seines Berichtes nach Konsequenzen, die die Situation von Frauen in der Arbeitswelt verbessern sollen: Vor allem fordern sie die gleiche Bezahlung für beide Geschlechter sowie die Einführung von Mindestlöhnen, von denen eine Familie leben könne. Außerdem gelte es, die Kinderbetreuung weiter auszubauen. Daneben müsse die von Frauen geleistete Familienarbeit jedoch auch endlich von der Gesellschaft anerkannt werden.

Dieser Artikel ist ursprünglich auf Eltern.de erschienen.

von Jennifer Litters

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