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Danke, eins reicht: Warum mein Kind Einzelkind bleiben soll

Danke, eins reicht: Warum mein Kind Einzelkind bleiben soll
© Boerner/Westend61/Corbis
Viele Mütter wünschen sich Geschwister für ihr Erstgeborenes. Diese nicht. Sie sagt: Mein Kind bleibt Einzelkind. Und zwar aus ganz egoistischen Gründen.

Der Terror ging schon am Entlassungstag in der Entbindungsklinik los. Die Krankenschwester zwinkerte uns beim Abschied zu: "Bis zum nächsten Mal!" Auch meine Frauenärztin gab mir bei der Nachsorgeuntersuchung mit auf den Weg, dass ich doch bitte nicht zu lange mit dem zweiten Kind warten sollte. "Sie sind einfach zum Kinderkriegen gemacht!"

Ich habe mich schon damals gefragt, warum mich die Leute so kurz nach der Geburt nicht einfach in Ruhe lassen konnten. Nach rund anderthalb Jahren haben dann die ersten Mädels aus meinem Geburtsvorbereitungskurs nachgelegt. Ich dagegen denke heute so wie damals mit frischem Dammschnitt: noch mal schwanger werden? Ich? Uff. Nee, danke.

Würde es beim zweiten Kind auch so glatt laufen?

Dabei finde ich es gar nicht mal schrecklich anstrengend, Mutter zu sein. Im Gegenteil. Mir ging es nie so gut wie in der Schwangerschaft, die Geburt war okay, das Kind ist entzückend und pflegeleicht. Es wäre wahrscheinlich nicht verkehrt, alles noch einmal genauso zu erleben. Aber genau das ist der Punkt: Würde es wieder so herrlich glatt und unkompliziert ablaufen?

Ich stelle mir eine zweite Schwangerschaft vor und sehe mich mit verkürztem Muttermund monatelang auf dem Bett liegen, anschließend tagelang in den Wehen, dann wochenlang wochenbettdeprimiert auf der Couch. Wer weiß, was alles anders, womöglich blöder laufen würde. Ich habe keine Lust, dieses Risiko einzugehen.

Ich genieße es, dass die Kleine langsam selbstständig wird, ich mich wieder in meinen Beruf schmeißen kann. Dass es mit der Tagesbetreuung so toll klappt, dass der Alltag flutscht. Alles ist schlicht unfassbar harmonisch gerade. Ein zweites Kind würde mich um Jahre zurückwerfen und dieses gut funktionierende System von Grund auf durcheinanderbringen. Außerdem wäre ein Kind mehr da, das verpflegt, liebgehabt, getröstet, unterhalten, durch die Gegend gefahren werden muss. Ich wette, dann käme irgendetwas zu kurz. Ich zum Beispiel.

Ein gefestigter Charakter nützt mehr als Geschwister

Andere Menschen zählen mir Gründe dafür auf, mehr als nur ein Kind zu bekommen. Ganz weit vorn: "Geschwisterliebe ist so etwas Einzigartiges!" Klar, ich nehme meiner Tochter die Erfahrung, einen Bruder oder eine Schwester zu haben. Aber wird ihr wirklich etwas fehlen, das sie nie erlebt hat? Da ich sie nicht Kaspar-Hauser-mäßig bei mir isoliere und sie viel Zeit mit anderen Kindern verbringt, wird sie sich schon nicht zur Soziopathin entwickeln. Sie wird auch nicht vor Einsamkeit eingehen.

"Aber Geschwister spielen so schön miteinander, da habt ihr als Eltern schnell viel mehr Freiraum!" Wirklich? Die beliebtesten Geschwisterspiele, die ich bei anderen sehe, sind "Ich trete die Kinderzimmertür meiner Schwester ein" und "Ich zerreiße die Comics meines großen Bruders". Vielleicht tu ich meiner Tochter ja sogar einen Gefallen, wenn ich ihr das erspare?

Auch immer wieder gern gehört: "Was ist denn, wenn ihr mal nicht mehr seid? Dann hat sie noch Familie!" Puh. Für mich das düsterste Argument. Ich gebe mir lieber Mühe, meine Tochter zu einem starken, eigenständigen und freundlichen Menschen zu erziehen. Ich denke, ein gefestigter Charakter und ein beständiges soziales Umfeld werden ihr in Krisenzeiten mehr nützen als Brüder oder Schwestern, die sie vielleicht nicht mal mag.

Wir haben nur ein Kind? Ja, wir sind komplett, danke. Ich finde, dass die Welt einfach keine weiteren Kinder von mir braucht. Und so, wie es jetzt ist, kann ich meine Kraft, Aufmerksamkeit und Liebe großzügig verteilen. Auf meine Tochter, meinen Mann, meine Freunde, meinen Beruf, meine Leidenschaften. Klingt egoistisch? Kann schon sein. Aber was soll ich machen? Ich bin halt Einzelkind.

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© Brigitteonline

Eure Meinung, bitte!

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