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Liebe Lehrer, ihr macht einen tollen Job!

Liebe Lehrer, ihr macht einen tollen Job!
© wavebreakmedia / Shutterstock
Über kaum etwas meckern Eltern so gern wie über die Lehrer ihrer Kinder. Unsere Kollegin Stefanie Hentschel findet: Zeit, sich auch mal bei ihnen zu bedanken.

Vor etwa acht Monaten, im Januar, rüttelte ein Junge die Internet-Gemeinde auf: Der New Yorker Schüler Vidal erzählte auf dem Foto-Blog Humans of New York von seiner Schulleiterin, Miss Lopez. Miss Lopez habe ihn mehr beeinflusst als jeder andere Mensch in seinem Leben. Sein Kernsatz: "Sie sagt jedem Einzelnen von uns, dass wir wichtig sind."

Die Geschichte nahm an Fahrt auf, in weiteren Posts lernten wir Miss Lopez kennen, eine tapfere Heldin in einer der ärmsten Gegenden New Yorks, die keinen ihrer Schüler aus oft schwierigen Verhältnissen aufgeben will. Die Menschen waren hin und weg. Am Ende posierten Vidal und Miss Lopez zusammen mit Präsident Barack Obama im Oval Office, und der Blog "Humans of New York" hatte über eine Million Dollar Unterstützung für diverse Programme an Miss Lopez’ Schule gesammelt.

Die ganze Klasse weint um die Lehrerin

Diese Geschichte hat jede Aufmerksamkeit verdient. Trotzdem erzähle ich nun von einer Grundschule in Hamburg. Den Kindern geht es gut, sie haben nette Elternhäuser und kennen mehr als einen guten Erwachsenen. Und doch: Als die Klassenlehrerin meiner neunjährigen Tochter sagte, dass sie nach den Ferien in Mutterschutz geht, schluchzten 16 von 23 Kindern haltlos. Meine Tochter weinte sich abends in den Schlaf, andere Eltern berichteten per WhatsApp das Gleiche.

Drei Schuljahre lang war sie für unsere Kinder dagewesen. Hatte für jedes Problem ein offenes Ohr, war immer per E-Mail erreichbar. Weckte ihre Begeisterung für Frühblüher und das Präteritum und machte bei schönem Wetter einen Spontan-Ausflug, um das größte Container-Schiff der Welt zu bestaunen. Fotografierte die Jungs und Mädchen in ihrem Alltag, und der Blick, mit dem diese Bilder aufgenommen sind, verrät Aufmerksamkeit und Liebe.

Sie übernachtete jedes Schuljahr einmal mit den Kindern in der Klasse und machte vermutlich kein Auge dabei zu. Holte jeden mit ihrer gelassenen, humorvollen Art wieder auf den Boden der Tatsachen, wenn jemand Kummer hatte wegen eines Zicken-Kriegs oder einer schlechten Klassenarbeit.

"Ich möchte lebenslange Freude am Lernen vermitteln"

Der Klassenlehrer meiner jüngeren Tochter begrüßte uns beim ersten Elternabend mit den Worten: "Wissen ist wichtig, aber ich bin lange durchs Leben gekommen, ohne zu wissen, was ein Eichhörnchen-Kobel ist. Ich möchte Ihren Kindern vor allem lebenslange Freude am Lernen vermitteln und die Klasse zu einer Einheit machen, in der alle gut miteinander umgehen."

Er hat sein Versprechen gehalten, die Kinder sind nach dem ersten Jahr motiviert und (meistens) sehr freundlich zueinander. Und auch dieser Lehrer hat einen Nachtschlaf drangegeben, um mit Schlafsack und der ganzen Bande in der Schule zu übernachten. Im Advent klebte er jeden Morgen in aller Frühe ein Sternchen unter einen kleinen Stuhl, und wer es fand, durfte das nächste Säckchen am Adventskalender öffnen. . .

Diese beiden Lehrer sind Helden wie Miss Lopez, auch wenn sie nie zu Barack Obama eingeladen werden und vermutlich noch nicht mal zu Frau Merkel. Was sie leisten, jeden Tag, mit ganzem Herzen, nehmen nur die in ihrem Umfeld wahr. Ich bin sicher, dass auch Ihr Kind solche Lehrer hat, zumindest einen. Sagen Sie Ihnen doch einfach mal zwischendurch, dass sie einen tollen Job machen, und bedanken Sie sich dafür. Sie haben es verdient.

Text: Stefanie HentschelEin Artikel aus BRIGITTE Heft 19/2015

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