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Die Einsamkeit berufstätiger Mütter

Die Einsamkeit berufstätiger Mütter
© Halfpoint/shutterstock
Wie soll man Kontakte knüpfen, wenn man sich zwischen Job und Kita abhetzt und die Baby-Treffs vormittags stattfinden? Seit sie Mutter ist, fühlt sich Bloggerin Sophie einsamer.

Es ist eine sehr versteckte Einsamkeit, weil sie durch den dauernden Mangel an Zeit selten richtig deutlich wird. Wenn ich morgens schon einen strengen Zeitplan einhalten muss, mich am späten Nachmittag zur Tagesmutter spute, abends schnell noch was Frisches kochen will und das Tagesende mit Bücher vorlesen verbringe, dann ist so ein Tag reichlich vollgepackt. Und weil ich zu den glücklichen Frauen gehöre, die einen super Mann haben, bin ich abends, wenn das Kind im Bett ist, nicht allein.

Und trotzdem merke ich manchmal, dass sie sich ganz still und heimlich eingeschlichen hat: die Einsamkeit der berufstätigen Mutter.

Einer dieser Momente, wo meine Einsamkeit mir mal wieder sehr bewusst wurde, war ein Abend Anfang dieses Monats. Ich betreute mit einer Vereinskollegin auf einem großen Fest einen Infostand für den Verein Mother Hood. Dabei unterhielt ich mich mit einer sympathischen Frau, die aus derselben Stadt kam, in die wir erst vor einigen Wochen gezogen waren.

Wir plauderten ein bisschen und sie lud mich ein, doch mal beim Tragetreff vorbeizuschauen, so könne ich ein bisschen Anschluss in der neuen Stadt bekommen. So ein Tragetreff ist ein lockeres Treffen von Müttern, die ihre Kinder gerne in Tragetüchern oder Tragehilfen tragen. Ein Treffen unter "Gleichgesinnten" also, bei dem man andere Mütter kennenlernen, einfach mal ausführlich über die Kinder quatschen und vielleicht sogar richtige neue Freundinnen finden kann.

Mütter-Treffen finden vormittags statt

Das Angebot meiner neuen Bekanntschaft fand ich sehr nett und ich wäre auch gerne mal hingegangen. Das Problem ist nur: Solche Treffen finden in der Regel vormittags statt, weil sie sich an Frauen richten, die gerade in Elternzeit sind. Manchmal treffen die Mütter sich auch nachmittags, aber das ist natürlich ebenfalls zu früh für eine berufstätige Mutter, die 30 Stunden oder länger arbeitet. Mit meinem 40-Stunden-Job habe ich so keine Chance, mich regelmäßig mit anderen Müttern zu treffen.

Dieses Erlebnis erinnerte mich an die Einladung zu einem Nachtreffen meines Geburtsvorbereitungskurses, die ich vor einigen Monaten erhielt. Eine der Mütter hatte die Initiative ergriffen und eine Rundmail mit Doodle-Umfrage geschickt. Vorgeschlagene Termine: Montag bis Freitag, jeweils um 14 Uhr.

Ich fragte nach, ob wir uns nicht an einem Wochenende treffen wollen, schließlich sollte es ohnehin ein einmaliges Wiedersehen sein und kein regelmäßiger Termin, der dann allen immer die Wochenendplanung sprengen würde. Ich hörte nie wieder davon. Vermutlich haben die Mädels sich an einem Wochentag getroffen. Zumindest weiß ich, dass der Großteil von ihnen auch knapp zwei Jahre nach der Geburt unserer Kinder noch gar nicht oder nur stundenweise wieder arbeitet.

Mit mehr als 20 Wochenstunden bin ich die Ausnahme

Meiner Erfahrung nach ist es eben einfach so: Als Kleinkindmutter, die mehr als 20 oder 25 Stunden pro Woche arbeitet, bin ich eine Ausnahme, vielleicht sogar eine Exotin. Und ich finde es völlig verständlich, dass da nicht alle auf mich Rücksicht nehmen wollen oder können.

Regelmäßige Still- oder Spielgruppen und Tragetreffs in den Abendstunden oder am Wochenende zu veranstalten, wäre auch eine merkwürdige Idee. Würde so etwas angeboten, die Teilnehmerinnen würden verständlicherweise ziemlich schnell fern bleiben.

Für mich ist es somit auch völlig normal, dass ich an solchen Dingen eben nicht teilnehmen kann. Dafür habe ich eben meinen Job, nette Arbeitskollegen, ein eigenes Einkommen. Mein Leben ist wirklich voll, manchmal zu voll, und immer wünsche ich mir ein bisschen mehr Zeit für mein Kind, und oftmals auch für mich allein oder für den Mann.

Kaum Kontakte außerhalb von Job und Familie

Und trotzdem schleicht sie sich manchmal an und überrascht mich in meiner Geschäftigkeit. Dann kommt die Einsamkeit und zeigt mir, dass außer Arbeit, Kind und Mann gerade kaum jemand in meinem Leben vorkommt.

Klar, am Wochenende versuchen wir Freunde zu treffen oder meine Familie zu besuchen. Aber Zeit für neue Bekanntschaften in der neuen Stadt gibt es nicht, dabei wäre gerade das so wichtig. Es wäre schön, wenn wir uns hier ein kleines Netzwerk aufbauen könnten. Andere Eltern mit kleinen Kindern, die uns unterstützen könnten und wir sie, zum Beispiel später, wenn mal wieder die Kita streikt. Oder die wir spontan anrufen könnten, samstags morgens, um zusammen einen schnellen Ausflug in den Park zu unternehmen.

Gibt es Netzwerke für Eltern mit Job?

Ich bin gerade ziemlich ratlos, woher solche neuen Kontakte kommen sollen, wenn ich von morgens bis abends zu tun und keine Zeit für Spielgruppe und Co. habe. Gibt es ein Netzwerk von berufstätigen Müttern, die sich abends ohne ihre Kinder zum Stricken treffen? Oder eine Gruppe berufstätiger Väter, die sich alle vier Wochen am Wochenende auf dem Matschspielplatz versammelt? Ich habe keine Ahnung.

Meistens entwickeln sich solche Netzwerke ja irgendwie automatisch. Man kennt sich schon von früher, dann kriegen irgendwie alle nach und nach Kinder und man bleibt eben befreundet und unterstützt sich als Familien.

Dieses Prinzip wird aber ausgehebelt, sobald man umzieht. Zwar sind wir zum Glück nur 30 Kilometer weit weg gezogen und können nach wie vor unsere alten Freunde treffen. Spontan oder regelmäßig sind diese Treffen jedoch selten. Und als alltägliche Unterstützung taugen sie auch kaum.

Ein Leben als berufstätige Mutter kann also schon mal ganz schön isolieren. Wenn ich mit dem Rad durch den Park zur Arbeit fahre, sehe ich manchmal Grüppchen von Frühaufsteher-Müttern mit ihren Kindern. Auch wenn Hübilein und ich wohl niemals zu diesen frühen Vögeln gehören würden, schaue ich hin und wieder ein bisschen wehmütig da rüber. Und dann schaue ich auf die Uhr, bin schon wieder spät dran und vergesse den Moment. Denn zum Glück habe ich eigentlich gar keine Zeit zum einsam sein.

Text von Anna Sophie Pietsch, ursprünglich erschienen auf http://kinderhaben.de.

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