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Hanna Schiller ist Single Mom by Choice "Ich werde nervös, wenn mein Sohn nach Papa fragt"

Hanna Schiller bloggt als "Solomama plus Eins" über ihr Leben als Alleinerziehende.
Hanna Schiller bloggt als "Solomama plus Eins" über ihr Leben als Alleinerziehende.
© Wanja Chelmis
Mamaglück durch Samenspende – und dann kommt die Pandemie. Wir sprachen mit Single Mom by Choice Hanna Schiller über ihren Alltag als alleinerziehende Mutter, wie gerecht die Maßnahmen für Alleinerziehende sind und warum sie nervös wird, wenn ihr Sohn nach Papa fragt.

Wie hoch ist dein persönliches Stresslevel gerade?

Ich bin gerade fast schon paralysiert, um ehrlich zu sein. Den Stress nehme ich gar nicht mehr richtig wahr. Aber klar, in dem Moment, wo mein Sohn mit mir spielen will und ich abblocken muss vor lauter Arbeit, macht mich das traurig und ich bin frustriert. Mein Sohn tut enorm viel dafür, dass mein Stresslevel niedrig bleibt, er spielt super allein und zeigt Verständnis. Aber das kann’s halt nicht sein, dass ein Kind dafür sorgen muss, dass es der Mama gut geht. Ich muss nun mal arbeiten, um Geld zu verdienen, und stecke noch dazu in der Endphase meines zweiten Buches. Da ist das Stresslevel 9,5.

Dieses Gefühl „Ich muss das jetzt alles überstehen, damit wir halbwegs gut durch diese Krise kommen“ ist einfach belastend und anstrengend. Dieser mentale Fuck up, wenn man sich selbst die Situation schlecht redet und sich nicht eingesteht, auch mal überfordert und genervt sein zu dürfen, macht den Druck nur noch größer.

Kinderkrankentage, Coronageld, Kitanotbetreuung: Ist die Coronapolitik für Alleinerziehende fair?

Ich würde mich einerseits wünschen, dass man als Alleinerziehende:r grundsätzlich die Möglichkeit hat, einen Platz in der Notbetreuung zu bekommen. In Niedersachsen habe ich diesen Anspruch derzeit nur, weil ich nachweisen kann, dass die Situation durch wegbrechende Einnahmen oder eine mögliche drohende Kündigung wirklich bedrohlich ist. Es wäre wichtig, dass man da als Elternteil nicht erst beweisen muss, wie schlimm es einem geht, sondern dass die Situation von Alleinerziehenden und natürlich auch den Kindern von vornherein als unterstützenswert eingestuft wird.

Kinderkrankentage sind gut gedacht, aber die finanziellen Einbußen sind in vielen Fällen so hoch, dass man sich schlicht nicht leisten kann, auf den Arbeitstag zu verzichten. Macht man sich den hohen bürokratischen Aufwand oder arbeitet man nicht doch einfach lieber normal? Ich habe sehr oft versucht, meine produktiven Arbeitsstunden in die Nacht zu legen. Funktioniert natürlich nur kurzfristig, ehe man total zusammenklappt vor Erschöpfung. Der Kinderbonus ist, und das gilt für alle, ein Tropfen auf den heißen Stein. Es wirkt höhnisch, dass diese Maßnahme vom Staat als toller Support deklariert wird.

Das Bemerkenswerte ist, dass trotz all dieser widrigen Umstände das Thema der Solomutterschaft gerade richtig Fahrt aufnimmt. Viele, die noch am Hadern waren, ob sie es machen sollen oder nicht, entscheiden sich nun dafür. Und ich möchte trotz aller Umstände jetzt mehr denn je meinen Weg in die Selbstständigkeit planen. Jetzt gerade bin ich sehr dankbar für einen verständnisvollen Arbeitgeber, der mir so vieles ermöglicht, aber ich merke einfach, dass mein Herzensthema die Solomutterschaft ist.

Mutterglück durch Samenspende: Hanna und ihr vierjähriger Sohn kommen wunderbar allein zurecht – selbst zu Zeiten einer Pandemie.
Mutterglück durch Samenspende: Hanna und ihr vierjähriger Sohn kommen wunderbar allein zurecht – selbst zu Zeiten einer Pandemie.
© Wanja Chelmis

Wir bieten aktuell schon sehr gefragte Workshops zum Thema Geld für Solomamas an. Das Thema Finanzen ist für Eltern ja ohnehin ein ganz heikles. Aber erst recht, wenn man sich dem Abenteuer ganz alleine stellt.

"Eine gewisse Naivität ist nützlich"

Wünscht du dir manchmal eine Person, die dich 24/7 unterstützt?

Schon, aber es geht dann eher um ganz normale Alltagssituationen, in denen ich zwei helfende Hände gebrauchen könnte. Mein Sohn ist jetzt vier und hat einen wirklich starken Willen. Da geraten wir hin und wieder in Situationen, in denen mir die Geduld ausgeht. Ich bin in Eile, oft auch, weil ich selbst nicht perfekt plane und mir zu viel vornehme, und dann trödelt der kleine Mann mit einer Seelenruhe durch die Gegend. Da wäre ein Partner toll, der einspringt, die Klamotten anzieht, Schuhe bindet, einen Rucksack packt und das Kind in die Kita bringt. Diese ganz normalen Daily-Life-Dinge eben. In emotionaler Weise, also als Stütze für mich, gar nicht unbedingt, nein.

Ich habe das Glück, das meine Eltern und ein guter Freund mich unterstützen, so gut sie können. Sie nehmen meinen Sohn mit, beschäftigen ihn mit tollen Dingen und lassen mich ganz bewusst außen vor. Das verschafft mir kleine Freiräume und Verschnaufpausen, die wichtig sind. Ich könnte auch, da bin ich ehrlich, nicht 24 Stunden einen Typen um mich herum haben. Das ist für viele Leute bestimmt ganz toll, aber für mich? Nein danke, das wäre der pure Horror! (lacht)

Warst du dir dieser Belastung immer bewusst?

Damals, als ich überlegt habe, eine Solomama zu werden, hat mich bestimmt meine Naivität ein Stück weit geschützt. Ich habe mir schlicht keine Gedanken über diese Situation gemacht, wie es ist, 24/7 und noch dazu in einer nationalen Krise alleine für mein Kind sorgen zu müssen. Eine gewisse Naivität ist nützlich, denn wenn man sie nicht hat, fängt man vielleicht niemals an, den Traum Realität werden zu lassen. Deshalb bin ich froh, so gefühlt und entschieden zu haben.

"Einen Masterplan habe ich noch nicht"

Kommt es mit voranschreitendem Alter häufiger vor, dass dein Sohn nach Papa fragt?

Ja durchaus. Er fragt ab und zu. Einmal kamen wir in eine Situation mit meinem guten Kumpel, der sich um ihn kümmert und mit ihm spielt, da hat er ganz entspannt gefragt, ob das denn jetzt sein Papa sei. Es sind immer sehr relaxte Momente, abends im Bett beim Kuscheln zum Beispiel. Diese Situationen treffen mich, obwohl ich genau weiß, dass diese Fragen kommen werden. Ich habe auch keine Angst vor der Frage selbst, sondern eher davor, es ihm vielleicht falsch zu vermitteln, ihn zu verunsichern, statt Sicherheit und Aufklärung zu geben. Wir sind total gut so wie wir sind, wir sind eine Familie. Aber ein leichter Widerstand ist noch in mir drin, ihm die Thematik näher zu bringen.

Ich tausche mich viel mit anderen Frauen dazu aus. Einige von ihnen finden, es klingt hart zu sagen, er hat keinen Papa, sondern einen biologischen Vater. Außerdem sei es unnötig kompliziert, den Unterschied zu erklären. Aber für uns passt dieser Weg. Mein Sohn kennt die Väter anderer Kinder, er wird damit konfrontiert. Und ich möchte ihm nicht den Eindruck vermitteln, dass sein Vater irgendwo auf ihn wartet und bald auch mit ihm auf den Spielplatz geht. Es geht ihm auch ganz leicht über die Lippen, dass er keinen Papa hat, das ist für ihn nichts Schlimmes. Er möchte mit seinen vier Jahren die Welt einfach verstehen und für sich selbst ordnen, ist ja absolut verständlich. Noch bin ich froh, wenn das Thema für ihn schnell abgefrühstückt ist. Einen Masterplan habe ich für das Gespräch noch nicht.

Interessanterweise sind für meinen Sohn seine Halbgeschwister viel spannender als die Frage nach dem Papa. Drei Halbgeschwister hat er bereits persönlich kennengelernt und sich sehr darüber gefreut. Ein Zwillingspärchen und eine Schwester. Die Freude auf allen Seiten war wirklich groß, wir alle – Mütter und Kinder – empfinden das als große Bereicherung. Wir Mamas möchten den Kindern die Chance geben, ihre Wurzeln kennenzulernen, eine kleine Gemeinschaft fürs Leben zu bilden, wenn ihnen danach ist.

Brigitte

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