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Frühkindliche Prägung Frühe Erinnerungen sind keine verlorenen Erinnerungen!

Erinnerungen Kleinkind
© detailblick-foto / Adobe Stock
Kleinkinder mögen sich später nicht an den Familienausflug an den Strand erinnern – aber die damit verknüpften Gefühle werden sie ihr Leben lang begleiten.

Eine der größten Freuden als Eltern ist es ja, den Kindern die Wunder der Welt zu zeigen und ihnen schöne Kindheitserinnerungen zu verschaffen, auf denen sie ihr Leben aufbauen können. Und dafür ist es nie zu früh – selbst, wenn die Kinder sich später nicht mehr an die einzelnen Erlebnisse erinnern werden.

Die gängige These ist, dass Kinder sich erst ab einem Alter von drei Jahren an ihr Leben erinnern können. Doch die Sache ist komplexer. Führende Kinderpsycholog:innen wie Nora Newcombe von der "Temple University" in Philadelphia haben herausgefunden, dass Ein- oder Zweijährige sich zwar später nicht mehr an die erste Karussellfahrt mit Papa erinnern werden, aber dass sie eine andere Art von Erinnerung speichern, die sie ihr Leben lang begleiten wird.

Wissenschaftler:innen haben erkannt, dass Erinnerungen mehr als mentale Bilder sind

Wissenschaftler:innen sprechen von einem expliziten und einem impliziten Gedächtnis: Die explizite Erinnerung ist die bewusste, bildliche Erinnerung, die an Zeit und Ort geknüpft ist. Die implizite Erinnerung bezieht sich auf die mit dem Ereignis verbundenen Emotionen.

So mag unsere Zweijährige sich später nicht an die duftenden Armen Ritter erinnern, die wir ihr am Sonntagmorgen zubereiten, aber an das Gefühl von Wärme und Geborgenheit, die dieses Frühstück bei ihr auslöst.

Erst mit ungefähr drei Jahren werden die expliziten Erinnerungen häufiger und detaillierter. Ab sechs oder sieben Jahren erinnern sich Kinder wie Erwachsene an Vergangenes.

Eltern können ihre Kinder übrigens im Erinnern unterstützen, indem sie mit ihnen immer wieder über das gemeinsam Erlebte sprechen. Dadurch können sie beeinflussen, wie früh wie viele Erinnerungen gebildet werden. Die Urlaubsdia-Abende unserer Vorfahren erfüllten also einen wichtigen Zweck jenseits der Geselligkeit.

Es macht nichts, wenn Kinder sich nicht erinnern – denn sie tun es doch

Wenn wir unser Kleinkind betrachten und traurig denken: "Daran wird es sich später bestimmt nicht erinnern", haben wir einerseits recht. Doch auch, wenn es sich nicht an die Details seiner prägenden Jahre erinnern wird, saugt es das Wichtigste auf: dass seine Eltern sich liebevoll um es gekümmert haben. Und mit einer solchen Gewissheit wird die Welt zu einem guten Ort.

Gehen wir also das nächste Mal mit unserem Zweijährigen auf die Alpakaweide, wird er sich vermutlich später nicht daran erinnern. Doch dass das Leben richtig schön sein kann, daran schon. Newcombe sagt: Solche Erfahrungen seien die Basis "für die generelle Erwartung, dass die Welt ein schöner Ort ist." Und das ist die beste Erfahrung, die unser Kind machen kann.

Dieser Artikel erschien ursprünglich bei Eltern.de

sar

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