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Kann Naturkosmetik Anti-Age?

Naturkosmetik: Kosmetikprodukte zwischen Pflanzen
© VICUSCHKA / Shutterstock
Hip, innovativ, sexy: "Organic Beauty" wird immer beliebter. Aber ist sie auch effektiv?

Ob und wie Kosmetikwirkstoffe die Haut straffen, aufhellen oder beruhigen können? Alles funktioniert nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip: Wenn der Körper die Wirkstoffe "erkennt", die ihm zugeführt werden - etwa das Anti-Aging-Powerenzym Q10 -, können diese die gewünschten Prozesse auf und in der Haut auslösen. Im Fall von Q10 werden unter anderem zerstörerische Oxidationsgeschehnisse in den Hautzellen abgemildert. So arbeitet konventionelle und auch Naturkosmetik. Der Unterschied: Naturkosmetik der zertifizierten Siegel verzichtet auf Mineralöle und künstliche Emulgatoren, Konservierungsstoffe und Silikone. Immer mehr Menschen benutzen sie, weil sie Wert auf eine nachhaltige und naturnahe Lebensweise legen. Was Naturkosmetik wirklich kann, gerade bei Anti-Age, und ob sich ihre Wirkung überprüfen lässt: Wir haben bei Experten nachgefragt.

1. NATURKOSMETIK MUSS MIT WENIGER ZUTATEN AUSKOMMEN ALS KONVENTIONELLE. EIN PROBLEM?

"Die Hautpflege muss sich wirklich nicht verstecken, im Gegenteil", sagt Dr. David Hauck. Der promovierte Pharmazeut erstellt gerade eine Wirkstoffnachweis-Liste für naturkosmetische Inhaltsstoffe, mit der die EU arbeiten wird. Er forscht und entwickelt seit Langem auf dem Gebiet pflanzlicher Wirkstoffe - auch im Hinblick auf Anti-Age-Effekte. Und viele der Zutaten in Naturkosmetik sind an sich kleine Wirkstoffwunder. "Die Basisfette sind meist Pflanzenöle wie Mandelöl. Das enthält bereits 150 aktive Stoffe." In den letzten Jahren haben Hersteller und Rohstofflieferanten zudem technisch aufgeholt. Denn bislang erfüllt nur ein Bruchteil der gesamten Beauty-Inhaltsstoffe die strengen Richtlinien, die insbesondere für zertifizierte Naturkosmetik gelten. Viel Zeit und Geld fließt deshalb in die Forschung. Mit Erfolg: "Uns ist es erstmalig gelungen, das Anti-Oxidans Astaxanthin für die Naturkosmetik zu entwickeln. Es wirkt nachweisbar 6000-mal stärker als Vitamin C", berichtet David Hauck, der mittlerweile eine eigene Kosmetiklinie hat. Das niedersächsische Unternehmen Laverana (u. a. Lavera) setzt inzwischen auch pflanzliche, kultivierte Stammzellen ein: "Hochwirksam und höchst nachhaltig hergestellt", so Entwicklungsleiterin Dr. Henrike Neuhoff. "Und in der Naturkosmetik können wir Wirkstoffe wie Bakuchiol aus den Samen der indischen Babchi-Pflanze verwenden. Er funktioniert genauso erneuernd und kollagenstärkend wie Retinol, ist aber für sensible Haut geeignet."

2. WIE WIRD DIE WIRKSAMKEIT GEPRÜFT?

"Um die ausgelobte Wirksamkeit zu belegen, durchläuft sie die gleichen Tests wie konventionelle Kosmetik", sagt Dr. Eva-Maria Lohmüller, Entwicklungsleiterin bei Weleda. Institute wie Dermatest in Münster leiten diese Untersuchungen. Die Biologin Dr. Liane Bolke arbeitet dort. Sie sagt: "Der Klassiker sind immer noch Wirknachweise an Probanden. So lassen sich Faktoren wie etwa Hautfestigkeit, Faltentiefe, Fettgehalt oder die Beschaffenheit der Hautbarriere dokumentieren." Für Aussagen über Regeneration und Zellerneuerung oder Kollagenbildung wird inzwischen sehr erfolgreich mit menschlichen 3-D-Hautmodellen und Zellkulturen gearbeitet. Ihr Vorteil: Gleichheit der Modelle, keine Anwenderfehler. "Innovativ sind auch die Tests zu Keimzahlen oder der Anti-Pollution-Wirkung", berichtet Bolke. "Dafür wurde vor einiger Zeit sogar eigens ein enorm teurer standardisierter Staub entwickelt." Und auch da schneidet Naturkosmetik genauso häufig gut ab wie konventionelle.

Naturkosmetik wird oft unterschätzt!

3. KONVENTIONELLE KOSMETIK SETZT INTELLIGENTE TRANSPORTMOLEKÜLE FÜR WIRKSTOFFE EIN. WIE SIEHT’S IN DER NATURKOSMETIK AUS?

"Natürliche Lecithine können sehr gut in die Haut eindringen und andere Wirkstoffe dabei mit sich nehmen. Wie sie aber von der Haut aufgenommen werden, hängt insgesamt von der Formulierung ab", weiß Dr. Henrike Neuhoff von Laverana. "Die Moleküle kurzkettiger, durch Fermentation gewonnener Hyaluronsäure sind so klein, dass sie auch ohne Trägermoleküle in die Tiefe gelangen können." Bei Unternehmen mit antroposophischem Background, wie Weleda oder Dr. Hauschka, steht sowieso ein ganzheitlichen Ansatz an erster Stelle: "Aus unserer Sicht ist es weniger bedeutend, ob ein bestimmter Wirkstoff isoliert an einen bestimmten Ort in der Haut gelangt", sagt Eva-Maria Lohmüller. "Alle Komponenten unserer Rezepturen sollen gemeinsam wirken." Nicht zu vergessen: Viele Rezepturen enthalten ätherische Öle wie Jasmin. Dr. Hauck: "Ihre Duftstoffe sind effiziente Wirkstoff-Transporteure; die winzigen Moleküle gelangen durch alle Hautschichten."

4. NEUE LEICHTE TEXTUREN, JELLYS, SHEETMASKEN – KANN NATUR-KOSMETIK MIT TRENDS MITHALTEN?

"Naturkosmetik wird oft unterschätzt", sagt Sebastian Georgi, Leiter Forschung & Entwicklung bei Logona. Er sieht keine Einschränkungen, mit Trends mitzuhalten: "Wir können durchaus moderne Technologienbieten." Es gibt Mizellenwasser, Sheetmasken, Hightech-Seren. Synthetische Silikone, die in konventioneller Kosmetik für das seidige Hautgefühl sorgen, werden erfolgreich durch Olivenöl-Derivate ersetzt. Selbst in Sachen Light-Trend verfügt Naturkosmetik mittlerweile über leichte, "trockene" Öle, wie David Hauck bestätigt. "Fettsäureester, die schnell einziehen, trotzdem pflegen und so mit hochwertiger konventioneller Kosmetik vergleichbar sind." Viele Fortschritte kommen auch von Rohstoffherstellern wie der BASF, die nicht nur für konventionelle, sondern auch für zertifizierte Naturkosmetik zugelassene Komponenten entwickeln. Moleküle auf Zucker-Basis etwa, deren Struktur biomimetisch ist, also gut aufgenommen wird - damit Cremes nicht schwer aufliegen, sondern angenehm leicht.

Der Unterschied ist längst nicht mehr so groß

5. ALSO VERSCHWIMMEN DIE UNTERSCHIEDE ZWISCHEN NATURKOSMETIK UND KONVENTIONELLER?

"Die Welt der Möglichkeiten in der Naturkosmetik erweitert sich mehr und mehr. Man sieht bei jeder neuen Markteinführung, dass der Abstand zwischen Naturkosmetik und konventioneller enger wird. Von den Texturen und vom Hautgefühl her kann man kaum noch zwischen beiden unterscheiden", berichtet Marie Callas, Leiterin der Entwicklung bei Dr. Hauschka. Manche Unternehmen setzen inzwischen bewusst parallel auf eine konventionelle Linie und zertifizierte Naturkosmetik. Beide Richtungen stehen nebeneinander und profitieren von den unterschiedlichen Entwicklungsansätzen. "Es gibt zwar immer noch Texturen, die auf pflanzlicher Basis schwer zu formulieren sind. Beispielsweise Gel-Cremes oder Sonnenschutz", sagt Cyril Lemoine, Head of Garnier Skincare Lab, "aber wir hoffen, auch hier zeitnah Innovatives entwickeln zu können." Nicht zuletzt zählt auch, ob sich ein Produkt gut anfühlt. Ganz gleich, ob konventionelle oder Naturkosmetik.

5 ANTI-AGE-HELDEN DER NATUR

Astaxanthin

Die patentierte Anti-Age-Neuentwicklung für Natur-Kosmetik stammt aus Algen. Hocheffizienter Entzündungshemmer, Zell- und Membranschutz.

Q10

Das Coenzym Q10 ist ein Energiebooster und Zellschützer gleichermaßen. Natürlich gewonnen wird es durch Fermentation.

Ectoin

Eine von Mikroorganismen produzierte kultivierte Aminosäure. Versorgt Zellen mit Energie, bindet Wasser und reduziert u. a. Sonnenschäden.

Bakuchiol

Sanfter, aber mit genauso viel Power ausgestattet wie Retinol. Der Samenextrakt kurbelt unter anderem die Kollagensynthese an.

Spilanthol

Das inzwischen als "Bio-Botox" vermarktete Extrakt aus der Parakresse betäubt in entsprechender Dosierung die Muskulatur, Mimikfalten können so milder wirken.

Die wichtigsten Siegel für zertifizierte Naturkosmetik: BDIH, COSMOS organic, COSMOS natural, Demeter, Ecocert, NaTrue.

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BRIGITTE 16/2019

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