"Ich hatte es satt, ständig gefragt zu werden: Hast du Kummer? Geht’s dir nicht gut?"
Bei meinem ersten Eingriff war ich Ende 40. Da ging ich zu einer Bekannten, die eine Ärztin aus Warschau zu Besuch hatte. Ich wollte mir die Lippen, die mit den Jahren immer dünner geworden waren, mit Hyaluron auffüllen lassen. Die Ärztin war leider total unerfahren – es endete in einem Desaster. Ein Jahr lang lief ich mit Schnabel-Lippen durch die Gegend und fühlte mich unwohl. Jeder bei der Arbeit sprach mich darauf an, leugnen wäre zwecklos gewesen. Mein Mann war entsetzt und bat mich, nie wieder dort hinzugehen. Ich vermute, polnische Frauen haben einfach ein anderes Schönheitsideal als wir hier, da gilt eher: Viel hilft viel. Einige Jahre später störten mich meine Nasolabialfalten. Ständig wurde ich gefragt: Geht’s dir schlecht? Hast du Kummer? Diese Falten vermitteln einfach eine depressive Stimmung. Mein Gesicht suggerierte etwas, was ich gar nicht fühlte. Diesmal ging ich zu einer richtig kompetenten Ärztin, einer ehemaligen Notfall-Medizinerin, die auf Medical Beauty umgestiegen ist. Seitdem weiß ich: Das Ergebnis steht und fällt mit der Ärztin. Ich lasse bei ihr alle zwei Jahre die Nasolabialfalten mit Hyaluron unterspritzen und die Lippen aufbauen – es hat noch nie jemand bemerkt. Ein Zeichen, dass es gut gemacht ist. Trotzdem stehe ich dazu. Meine 80-jährige Mutter, die sich übrigens selbst Botox in ihre Zornsfalte spritzen lässt, hat mir immer gesagt: Lass dich niemals von Oberflächlichkeiten blenden. Aussehen ist nicht alles – aber auch nicht egal. Gut möglich, dass ich deshalb zu diesem Tabuthema stehen kann. Im Grunde stellt es für mich keine große Veränderung dar. Ich sehe ja jetzt einfach so aus, wie ich mich fühle.