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Hautprobleme lösen - das passiert in der Beauty-Forschung

Hautprobleme lösen - das passiert in der Beauty-Forschung: Labor
© Robert Przybysz / Shutterstock
Die Kommunikation zwischen Nerven-, Haut- und Muskelzellen ist derzeit eines der spannendsten Themen in der Beauty-Forschung. Das Ziel: den Informationsfluss so zu beeinflussen, dass sich Hautprobleme lösen lassen.

Sagt die Hautzelle zur Nervenzelle ... Ja, was eigentlich? Diese Frage beschäftigt inzwischen zahllose Dermatolog*innen und auch die Kosmetikindustrie. Denn einige Studien haben gezeigt, dass es nicht genügt, allein die Hautzelle und ihre Funktionen zu untersuchen, um zum Beispiel den Teint möglichst straff und ebenmäßig zu halten – ohne Kommunikation mit den Nerven findet schlichtweg keine Zellerneuerung statt. Und auch hypersensible Haut lässt sich nur schwer wieder in Balance bringen, solange Neuronen dauernd "Gefahr!", "Gefahr!" ans Gehirn melden. So ist es eigentlich nur folgerichtig, wenn sich Kosmetikkonzerne mit Universitäten zusammentun, um neurowissenschaftliche Grundlagenforschung zu betreiben. L’Oréal hat sogar ein auf Neurowissenschaftler*innen zugeschnittenes Trainee-Programm entwickelt.

Gefühlssachen

Neben der Lösung verschiedener Hautprobleme konzentriert sich das neurologische Interesse der Kosmetikindustrie auch auf die hoch spannende Frage: Was spürt die Kundin, wenn sie eine Creme anfasst, und verändert sich das mit dem Alter? Die Fähigkeit zu fühlen, ist schließlich eine komplexe Angelegenheit: Fast 200 Schmerz- und etwa 25 Druck-Rezeptoren hat der Mensch pro Quadratzentimeter Haut, und viele weitere, um etwa Temperaturwechsel oder Vibrationen wahrzunehmen. "Studien haben jedoch gezeigt, dass sich der Tastsinn verschlechtert, je älter wir werden", sagt Elisabeth Bouhadana, Global Director für wissenschaftliche Kommunikation bei der Marke L’Oréal Paris. "Unser Ziel ist deshalb, bei unseren Cremes für ältere Frauen Texturen zu erschaffen, die sich auch bei schlechterem Tastsinn genauso gut anfühlen."

Der japanische Konzern Shiseido hat die Erforschung der Nerven und ihrer Funktion ebenfalls im Fokus. "Durch die langjährige wissenschaftliche Arbeit im Bereich der Aromachologie wissen wir, dass Aromen, etwa von Pfingstrosen, das Nervensystem beruhigen können", sagt Nathalie Broussard, Scientific Communication Director von Shiseido. "Weniger Stress wirkt sich so wiederum positiv auf die Hautbarriere aus. Und so fingen wir an, uns mehr mit den Nerven und ihrer Beziehung zur Haut zu beschäftigen und zu forschen. Es werden immer noch neue Rezeptoren gefunden. Es gibt sogar welche, die Geräusche übertragen können, weshalb wir Hautprobleme irgendwann vielleicht mit Musik lösen können." Aber lässt sich mit Kosmetik wirklich direkt das Nervensystem beeinflussen? Was nach Science-Fiction klingt, klappt vor allem bei empfindlicher Haut schon sehr gut. "Für mich sind die neurokosmetischen Wirkstoffe eine extreme Weiterentwicklung der bewährten beruhigenden wie Allantoin oder Kamille. Die neuen können mehr, nämlich wirklich modulieren und in die Kommunikation der Haut eingreifen", erklärt die Kosmetologin Dr. Sabine Gütt, die Marken wie Reviderm berät.

Blockade oder Stimulation

Tauschen Nervenzellen Informationen aus, geschieht das über Botenstoffe, die sogenannten Neurotransmitter. "Stellen Sie sich diese als ,Smarties‘ vor, gelbe, blaue, rote, grüne, und bei Menschen mit sehr sensibler Haut geht die ,Smarties‘-Dose ganz besonders schnell auf", erklärt Sabine Gütt. "Manche sind gut, wie zum Beispiel Endorphine, es gibt aber auch böse, etwa einige Interleukine, die bei Schuppenflechte, Neurodermitis, Couperose oder Rosazea Entzündungen und Missempfindungen auslösen."

Um diese "schlechten" Botenstoffe einzufangen, beziehungsweise die Rezeptoren zu blockieren und damit den Informationsfluss zu unterbrechen, wurden medizinische, aber auch eine Reihe kosmetischer Wirkstoffe entwickelt – meist sind es Neuro-Peptide, also Aminosäureverbindungen mit so wenig eingängigen Namen wie Palmitoyl Tripeptid-8 oder Acetyl Tetrapeptid-15. Sie werden inzwischen von Marken wie La Roche-Posay, Skinceuticals oder Reviderm eingesetzt. Der Vorteil: Da die Neurotransmitter an den Nervenendungen der Epidermis, der Oberhaut, ausgeschüttet werden, müssen die Wirkstoffe nicht tief in die Haut dringen, um ihren Job zu machen.

Doch es wird nicht nur blockiert, sondern auch stimuliert – und zwar die Endorphine, die Feel-Good-Hormone, die nachweislich Stress reduzieren. Pushen soll die etwa Tephrosia-Purpurea-Extrakt, das aus den Samen eines indischen Baumes gewonnen wird. Einen ähnlich positiven Effekt haben übrigens sanfte Massagen und Berührungen, weshalb Shiseido in seinen "Essential Energy Cremes" neben den aktiven Wirkstoffen auf winzige, anregende Mikro-Perlen setzt.

Neuer Fokus: Anti-Age

Während sich neurokosmetische Zutaten bei empfindlicher Haut bewährt haben und ihr Effekt entsprechend gut belegt ist, wagt sich die Forschung nun einen Schritt weiter oder besser gesagt: eine Etage tiefer, nämlich in die Dermis, die mittlere der drei Hautschichten. "Die Nervenenden im Bindegewebe kommunizieren offenbar konstant mit den Fibroblasten, das sind die Zellen, die für die Kollagenbildung und damit für straffe Haut zuständig sind", erklärt Kosmetologin Dr. Gütt. "Wenn wir älter werden, vermindert sich diese Kommunikation, was einer der Gründe dafür sein soll, dass wir auch optisch altern."

Statt wie bisher Nerven zu lähmen, um die Mimik zu reduzieren, wie es Botox kann oder kosmetische Wirkstoffe wie Parakresse, ist der neueste Anti-Aging-Ansatz also Nervenstimulation. Um die Fibroblasten zu erreichen, muss eine Pflege allerdings tief in der Haut wirken – und das darf Kosmetik nicht. "Man versucht es deshalb mit einer Art Dominostein-Prinzip, indem Signal-Kaskaden in der Epidermis ausgelöst und dann immer weiter nach unten gegeben werden", erklärt Sabine Gütt. "Das wäre dann wieder erlaubt. Aber ob eine derartige Kommunikation über so einen weiten Weg gezielt funktioniert, da bin ich skeptisch."

Was schon erprobt ist: Wirkstoffe wie Peptide mit Ultraschall tiefer in die Haut zu schleusen oder mit Nadeln etwa beim Mikroneedling. "Steigert man die Penetration von Stoffen mit apparativen Hilfsmitteln, sollte der Anbieter zuvor unbedingt eine Sicherheitsbewertung durchführen lassen – und zwar für das Kosmetikprodukt und die Gerätetechnologie. Das wird oft vergessen", so Gütt. Auch Hilfsstoffe wie Ölsäure oder Propylenglykol können helfen, Wirkstoffe tiefer in die Haut zu schleusen. Bei empfindlicher Haut gilt allerdings: lieber lassen. Denn die gehen der Hautbarriere ordentlich auf die Nerven.

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