Anzeige

Mineralöle in Kosmetik - wie gefährlich sind sie?

Mineralöle in Kosmetik - wie gefährlich sind sie?
© Bernd Vogel/Corbis
Stiftung Warentest schlägt Alarm: Bei einem Test wurden in Kosmetik-Produkten, die auf Mineralöl basieren, potentiell krebserregende Stoffe gefunden. Wie groß ist die Gefahr wirklich?

Eine Untersuchung von Stiftung Warentest sorgt für Wirbel. Durch Zufall wurde bei einem Test von Körperölen entdeckt, dass ein Produkt kritische Substanzen aufwies - und zwar sogenannte aromatische Kohlenwasserstoffe, kurz MOAH ("Mineral Oil Aromatic Hydrocarbons"). Die gelten als potentiell krebserregend. Daher wurden 25 weitere Produkte untersucht, die auf Mineralöl basieren - darunter andere Körperöle, Cremes, Babypflege, Lippenstifte, Haarstylingprodukte, Melkfette und Vaselinen. Das erschreckende Ergebnis: In allen Produkten wurden MOAHs nachgewiesen.

Wieso wird Mineralöl für Kosmetik verwendet?

Der Einsatz von Mineralölen im Beauty-Bereich ist nicht neu und hat sogar viele Vorteile: Der Grundstoff ist sehr haltbar, günstig und verursacht keine Allergien. Mineralöle werden aus Erdöl gewonnen. Der Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel e. V. (IKW) schreibt dazu in einer aktuellen Stellungnahme: "Vor ihrem Einsatz in kosmetischen Mitteln werden Mineralöle und -wachse hochgradig gereinigt. Die Mengen, in denen MOAH auch nach höchster Reinigung noch enthalten sein können, sind nach unserem derzeitigen Kenntnisstand unbedenklich für den Verbraucher."

Was weiß man über MOAHs?

Über MOAHs wurde bislang hauptsächlich in Verbindung mit Lebensmitteln berichtet. 2012 entdeckte die Stiftung Warentest, dass Adventskalender-Schokolade Bestandteile aus Mineralöl enthielt. Tatsächlich ist bereits seit längerem bekannt, dass Lebensmittelverpackungen Mineralöl-Anteile abgeben können, z. B. durch die Druckerfarbe. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (Efsa) stuft MOAHs als "potenziell besorgniserregend" ein, da sie krebserregend sein können. Sie empfiehlt die Aufnahme von MOAHs daher gänzlich zu vermeiden.

Neben MOAHs wurden in einigen Kosmetik-Produkten auch MOSHs ("Mineral Oil Saturated Hydrocarbons") gefunden. Zwar gibt es bislang keine Erkenntnisse, dass diese Substanz krebserregend sein könnte. Es gibt aber Studien, die zeigen, dass sie sich als kleine Kügelchen im menschlichen Fettgewebe und in Organen wie Leber, Milz und Lymphknoten ablagern können.

Zum Vergleich: Beim Test lag bei den Beauty-Produkten der geringste MOAH-Wert bei bei 0,005 Prozent. Das ist das Achtfache dessen, was in Adventskalendern gefunden wurde. Vaselinen enthalten zum Teil neun Prozent MOAH – das entspricht dem 15.000-Fachen der Funde bei Lebensmitteln.

Aus diesem Grund rät Stiftung Warentest davon ab, Lippenpflege auf Mineralöl-Basis zu verwenden. Weiterhin gibt sie zu bedenken, dass auch Cremes beispielsweise über die Hände in den Mund gelangen könnten.

Können MOAHs über die Haut aufgenommen werden?

Darüber gibt es derzeit unterschiedliche Aussagen: Die Stiftung Warentest bemängelt, dass die bislang gängigen Methoden zur Untersuchung nicht geeignet seien. Für ihre Testergebnisse wurde "eine Methode weiter­entwickelt, die zum Nach­weis von MOAH in Lebens­mitteln erprobt ist".

Der IKW weist die Bedenken von Stiftung Warentest zurück: "Verbraucher können kosmetische Produkte, die Mineralöle enthalten, bedenkenlos benutzen. Die Sicherheit der Verbraucher hat für die Hersteller kosmetischer Produkte einen sehr hohen Stellenwert. Alle verwendeten Rohstoffe müssen umfangreich geprüft werden und höchste Standards in Bezug auf Reinheit und Qualität erfüllen. Diese Anforderungen gelten selbstverständlich auch für Kosmetikrohstoffe auf Basis von Mineralöl. Mehrere Studien belegen, dass Mineralöle als Inhaltsstoffe in kosmetischen Mitteln gesundheitlich unbedenklich und sicher sind. In zahlreichen Untersuchungen wurde festgestellt, dass von ihnen keine krebserregende Wirkung ausgeht." Weiter heißt es aber auch, dass "in Bezug auf die aktuell erhobene Kritik die im IKW vertretenen Firmen Klärungsbedarf bei der von der Stiftung Warentest angewandten Analysemethodik" besteht.

Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat sich zum Thema zu Wort gemeldet: "Gesundheitliche Risiken durch die Aufnahme von Mineralölen in Kosmetika über die Haut sind für Verbraucher nach derzeitigem Kenntnisstand nicht zu erwarten", so Professor Dr. Dr. Andreas Luch, Leiter der Abteilung Chemikalien- und Produktsicherheit. In einer Stellungnahme werden jedoch auch "umfangreiche Datenlücken" eingeräumt: "Beispielsweise fehlen belastbare Daten zur Mineralölaufnahme über die Haut, die insbesondere die lang andauernde und wiederholte dermale Exposition widerspiegeln. Darüber hinaus bestehen Datenlücken hinsichtlich einer möglichen oralen Aufnahme von Kohlenwasserstoffen aus mineralölhaltigen Lippenstiften oder Handcremes."

Und nun?

Das Thema wird in den kommenden Wochen und Monaten sicherlich weitreichend untersucht werden. Wer bis dahin auf Nummer sicher gehen will, kann Produkte auf Mineralöl-Basis an folgenden Inhaltsstoffen identifizieren: Cera Microcristallina (Microcristallina Wax), Ceresin, Mineral Oil, Ozokerite, Paraffin, Paraffinum Liquidum oder Petrolatum. Im Zweifelsfall hilft auch die INCI-Datenbank weiter, in der man sich über Inhaltsstoffe informieren kann.

Eine weitere Möglichkeit ist das Benutzen von Naturkosmetik - hier dürfen Mineralöle nämlich nicht zum Einsatz kommen. Stattdessen werden pflanzliche Fette oder Öle verwendet. Ob das Produkt wirklich zertifiziert und somit frei von Mineralölen ist, kann man an verschiedenen Siegeln erkennen.

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel