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Experteninterview: Das können Sie bei Hautproblemen während der Krebstherapie tun

Experteninterview: Das können Sie bei Hautproblemen während der Krebstherapie tun
© Ron Chapple Studios/Thinkstock
Wir haben die Onkologin Dr. Diana Lüftner von der Charité Berlin gefragt, was man bei Hautproblemen während einer Krebstherapie tun kann.

BRIGITTE.de: Welche Hautprobleme haben Frauen häufig während einer Brustkrebstherapie?

Dr. Diana Lüftner: Die Hautprobleme hängen von der Art der Therapie ab. Jede Form von Systemtherapie (ob Chemotherapie oder biologische Therapieformen) behindert die normale Zellteilung und damit auch die Regeneration der Haut. Es ergibt sich eine Barrierestörung, deren erstes Ergebnis Juckreiz und Hauttrockenheit sind. Werden noch biologische Therapieformen zusätzlich benutzt (dies ist vor allem beim metastasierten Brustkrebs der Fall), kann es auch noch zu akneähnlichen Pickeln im Gesicht und in der T-Zone kommen.

Was empfehlen Sie bei den einzelnen Hautproblemen?

Bei Pickeln, oder genauer gesagt bei dem akneähnlichen Ausschlag, wird wie bei einer klassischen Akne behandelt, d. h. lokal austrocknend und in Kombination mit Antibiotika in Tablettenform. Auf Grund der starken UVA-Licht Abhängigkeit ist ein sehr guter Lichtschutz, d.h. Lichtschutzfaktor 50+ mit dem höchst möglichen UVA Schutz PPD größer 18, empfehlenswert. Trockene Haut erfordert eine qualitativ hochwertige Hautpflege, welche insbesondere die natürliche Barrierfunktion verstärkt, dadurch den Wasserverlust verhindert und den Juckreiz mindert.

Während einer Chemotherapie kann das sogenannte Hand-Fuß-Syndrom auftreten. Wie kann man die Beschwerden lindern?

Das Hand-und-Fuß-Syndrom tritt unter zwei bestimmten Substanzen bzw. Chemotherapeutika auf: Caelyx und Capecitabine. Beim Hand-und-Fuß-Syndrom unterscheidet man je nach Schweregrad verschiedene klinische Charakteristika, die die Aktivitäten des Patienten unterschiedlich stark unterbrechen: angefangen von Taubheit, Bizzeln und Schwellungen (Grad 1, keine Unterbrechung) über schmerzhafte Erytheme und Hyperkeratose (Grad 2, Beeinträchtigung) bis hin zu Blasenbildungen und schweren Schmerzen (Grad 3, starke Beeinträchtigung des täglichen Lebens). Die Maßnahmen richten nach dem Schweregrad und sind individuell zu bestimmen. Vorbeugend hilft Fußpflege, weiches Schuhwerk und intensive Hautpflege mit lipidhaltigen Cremes. Auch Therapiepausen und symptomatische Maßnahmen wie kühlende Bäder, Occlusivverbände und weitere Externa werden eingesetzt.

Sind Duftstoffe oder Parabene ein Problem für die Haut während einer Therapie?

Alles Reizende sollte weggelassen werden. Spezielle Kosmetika (hier berät der behandelnde Arzt oder Dermatologe) erfüllen besondere Anforderungen in Bezug auf Verträglichkeit selbst bei empfindlicher oder gereizter Haut. Besonders wichtig ist aber auch, dass die verwendeten Wirkstoffkomponenten optimal kombiniert und formuliert sind, um im beschädigten Hautareal anzukommen.

Dr. Diana Lüftner berät als Expertin für onkologische Fachfragen die Kosmetikmarke La Roche-Posay, die intensiv zu medizinischen Hautproblemen forscht.

Wie pflegen Patientinnen ihre Kopfhaut nach dem Haarausfall am besten?

Hierzu habe ich meinen Kollegen Dr. Rainer Richter befragt, da ich zwar seit 20 Jahren in der Onkologie tätig bin, aber in der Dermatologie kein Haarausfallexperte bin. Er sagt: Der therapiebedingte Haarausfall hat multifaktorielle Ursachen. Ihm kann durch eine zielgerichtete Ernährung, Abbau von psychischem Stress und gezielter Vitalisierung und Versorgung der Zellen entgegengewirkt werden. Es gibt besonders für Frauen Wirkstoffe, die einen positiven Einfluss auf die Haardichte und das Haargewicht haben und auch systemische Nahrungsergänzungsmittel, die für die optimale und ganzheitliche Versorgung des Haarfollikels sorgen. Dadurch kann der Haarverlust möglicherweise reduziert werden. Derartige "Kuren" sollten 8-12 Wochen vor der Therapie beginnen, um dem zu erwartenden Haarausfall entgegen zu wirken. Fortgeführt werden sollten sie nach Abschluss der Therapie, wenn die Kopfhaut durch die Therapie selbst nicht mehr gereizt wird. Eine gereizte Kopfhaut kann mit einem Thermalwasserspray behandelt werden, das durch seine starke Konzentration an hautberuhigenden Mineralstoffen die Rötungen und Reizungen deutlich mildern kann.

Was empfehlen Sie bei der Pflege von Narben?

Die Pflege von operationsbedingten Verletzungen und Narben hängt vom jeweils vorliegenden individuellen Fall ab. Wichtig zur Verminderung von Narbenbildung ist immer, dass der Wundverschluss frühstmöglich im komplexen Heilverlauf erfolgt. Dadurch wird nicht nur das Entzündungsrisiko, sondern ein unnötiges Narbenrisiko verhindert. Die Versorgung mit den Wundheilungsprozess fördernden, beruhigenden, entzündungshemmenden und heilungsfördernden Wundpflegen kann sehr sinnvoll sein, wenn seitens der individuellen Operations- und Wundheilungssituation nichts dagegen spricht.

Was tun, wenn die Fingernägel und das Nagelbett entzündet sind?

Hier spricht man von 'Paronychie'. Bereits vor Therapiebeginn kann eine Nagelspange eingesetzt werden, die das Einwachsen und damit Entzünden von Nägeln und Nagelbett vermeiden kann. Die Behandlung der Nagelbetten hängt von den Symptomen ab: Bei eitrigen, entzündlichen Veränderungen empfiehlt sich eine Behandlung nach Antibiogramm (ein Labortest zur Bestimmung der Empfindlichkeit bzw. Resistenz von Krankheitskeimen gegenüber Antibiotika), antiseptische, austrocknende Bäder, Punktionen der Eiterherde sowie antimykotische Cremes bei Verdacht auf Hefepilzinfektionen sind einige Beispiele für die Spannbreite der Behandlungsmöglichkeiten. Auch Tapen oder Schienung der Nagelränder kann bei Paronychie helfen.

Ist Sonnenschutz wichtig?

Insbesondere unter biologischen Therapieformen ist Sonnenschutz extrem wichtig: Der Großteil der lichtbedingten Schäden unter Krebstherapien wird nach heutigem Erkenntnisstand vor allem durch Therapeutika mit verursacht, die eine erhöhte Photosensibilität gegenüber UVA Strahlen mit sich bringen. Deshalb ist darauf zu achten, Lichtschutzsysteme einzusetzen, die neben dem UVB-Schutz (LSF 50+) einen besonders hohen UVA-Schutz gewährleisten (PPD größer 18). Außerdem ist bekannt, dass diese Photosensibilität auch noch über die Therapiephase hinaus anhält und damit eine längere Anwendung über das Therapieende hinaus zu empfehlen ist. Zusammengefasst: Lichtschutzfaktor 50+, Tragen eines Hutes, Verbleiben im Schatten reduzieren die Nebenwirkungen auf die Haut erheblich.

Worauf sollten Patientinnen beim Schminken achten?

Das Abdecken von atypischen Hautveränderungen sollte mit dermatologisch vertretbarer klinischer Maquillage durchgeführt werden. Solche Präparate zeichnen sich durch extrem hohe Verträglichkeit aus, verzichten auf alle unnötigen Inhaltstoffe und stehen in Bezug auf den kosmetischen Effekt anderen Produkten in nichts nach. Wichtig ist, dass man verordnete Pflegen immer zuerst entsprechend der Anwendungsvorschriften aufträgt und dann darauf achtet, dass die verwendete Maquillage auf die Pflegeprodukte abgestimmt sind. Der professionelle Rat einer klinischen Kosmetikerin trägt in jedem Fall zu einem sehr guten Ergebnis bei.

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