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Kann ein Bio-Solarium wirklich gesund sein?

Mit einem sogenannten Bio-Solarium wollen mehr und mehr Studios Kundinnen (zurück-)gewinnen. "Bio" klingt ja auch irgendwie beruhigend.

Licht und Wärme schmeicheln Körper und Seele, gebräunte Haut ist für die Hälfte der Deutschen noch immer ein Zeichen von Attraktivität. Dabei sind alle Gesundheitsrisiken bekannt. Sonnenstudios bieten deshalb immer häufiger "Bio Suns" an, die fast ausschließlich UVA1- Licht ausstrahlen. Sie sollen ohne vorzeitige Hautalterung und Krebsrisiko bräunen und sogar Narben und Schwangerschaftsstreifen zurückbilden können oder Schuppenflechte und Neurodermitis lindern. Kann das sein? Wir fragen Professor Dr. Eckhard Breitbart, den Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention (ADP).

BRIGITTE: Ist "Bio Sun" Bräune ohne schlechtes Gewissen?

Eckhard Breitbart: Eins vorweg: Gesunde Bräune gibt es definitiv nicht. Wenn Haut bräunt, ist das nichts anderes als ein Hilfeschrei: Ich versuche verzweifelt, mich zu schützen! Treffen UV-Strahlen auf die Haut, dringen sie direkt bis zur DNA im Zellkern und schädigen sie. Der Körper reagiert sofort, indem die pigmentbildenden Zellen, die Melanozyten, minikleine Kügelchen mit schützenden Farbpigmenten an die Oberfläche schicken, die sich wie ein Sonnenschirm über die Zellen legen.

Sind alle UV-Strahlen schädigend?

Dass UVA- und UVB-Strahlen krebserregend sind, hat die WHO, die Weltgesundheitsorganisation, schon 2009 klar definiert. Dabei ist es ganz egal, ob die schädliche Strahlung aus einer Sonnenbank oder der natürlichen Sonne kommt.

Im Gegensatz zu herkömmlichen Solarien arbeiten "Bio Suns" mit UVA1-Licht, das besonders schonend sein soll.

Diese Lampen haben ein Strahlungsspektrum vornehmlich im langwelligen Bereich. Gerade diese Strahlen dringen tief in die Haut ein und schädigen die Zellen. Die Bräunung entsteht durch oxidierende Pigmente, was der Haut einen Grauschimmer verleiht. Um die gewünschte Farbe zu bekommen, braucht man aber einen kurzwelligen UVB-Anteil. Deshalb ist der in diesen Geräten auch vorhanden - sonst würden alle, die eine knackige Bräune wollen, nie wiederkommen. Wer unbedingt bräunen will, soll sich lieber zehn Minuten in die Sonne setzen. Das reicht aus, und die UVDosis ist längst nicht so hoch wie bei einer Sitzung im Solarium. Noch besser: zum Selbstbräuner greifen.

Geräte mit UVA1-Licht stehen in Praxen und Kliniken und werden gegen Herpes, Neurodermitis, Schuppenflechte oder Akne eingesetzt. Bergen die kein Risiko?

Jede Therapie hat Nebenwirkungen. Darum dürfen therapeutische Maßnahmen mit speziellen Geräten nur in ärztlichen Einrichtungen nach genauer Prüfung der Vorteile und Risiken durchgeführt werden. Bei verzweifelten Menschen, denen sonst nichts hilft, macht es oftmals Sinn. Auf gar keinen Fall dürfen Kinder mit künstlichem UV-Licht bestrahlt werden. Sie sind so empfindlich, dass sofort eine Schädigung der Stammzellen in der Haut stattfindet. Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren ist nicht umsonst der Zutritt zum Solarium strikt verboten.

"Bio Suns" werden "heilendes Licht" genannt, die Mitarbeiter in den Studios "diplomierte Lichtassistenten"...

... um Seriosität zu signalisieren. Aber es handelt sich nicht um einen anerkannten Ausbildungsberuf. In der UV-Schutzverordnung steht lediglich, dass in jedem Sonnenstudio zertifiziertes Fachpersonal vorhanden sein muss. Jeder Kunde muss über die Risiken informiert und beraten werden. Danach wird ein individueller Strahlungsplan erstellt, der abgezeichnet werden muss. Ein generelles Solariumsverbot gilt für die hellen Hauttypen 1 und 2. Festgelegt ist auch die maximale Stärke der Lampen. Sie darf die der Sonne mittags am Äquator nicht überschreiten. Das ist die höchste Strahlenintensität auf der Erde.

In Foren tauschen sich einige Benutzer begeistert darüber aus, dass mit "Bio Suns" besonders in Wintermonaten Risse in der Haut plötzlich schneller heilen oder Rötungen verschwinden. Was würden Sie diesen Leuten raten?

Bestimmt nicht, ins Solarium zu gehen, sondern lieber zum Dermatologen, der mit einer individuellen Therapie und mit Medikamenten eine auf jeden Fall schonendere Heilung erreichen kann.

Sind die Verbraucher durch das Solariengesetz besser geschützt als vorher?

Da bin ich mir sicher. Die Achtsamkeit der Verbraucher hat zugenommen. Und durch die Kontrollen werden schwarze Schafe herausgefiltert, die sich nicht an die Verordnung halten. Nach ersten Verwarngeldern kann es hohe finanzielle Strafen geben.

Interview: Astrid Jürgens BRIGITTE 21/2014

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