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Dein Arsch ist nicht wichtig! Darum ist Body Positivity allein nicht die Lösung

Dein Arsch ist nicht wichtig! Warum Body Positivity allein nicht die Lösung ist
© Getty Images
Wir sollen unsere Körper lieben, uns sexy finden und denken, unser Po sei wunderbar. Unsere Autorin findet das alles ein bisschen too much. Schließlich gibt es Wichtigeres.
von Viola Kaiser

Bevor jetzt alle ausrasten: Body Positivity ist natürlich was Schönes! Ich finde es super, wenn Menschen sich gut finden und mir ist es echt schnurzpiepegal, ob sie dabei dick, dünn, schwarz, weiß, männlich, weiblich, nervig oder nett sind. Nicht nur, weil ich glaube, dass alle Menschen das gleiche Recht haben, sich schön zu finden, sondern weil ich echt andere Probleme habe. Ich muss arbeiten und den Haushalt führen, auf meine Kinder aufpassen, meine Mutter anrufen und zum Zahnarzt. Zum Beispiel. 

Ich will mich auch mal nicht schön fühlen müssen

Tatsächlich ist mit der Body Positivity-Bewegung viel Tolles passiert. Sie hat viele Menschen zum Nachdenken gebracht, neue Möglichkeiten eröffnet, möglicherweise Weltbilder verschoben. Ich bin froh, dass es sie gibt.

ABER: Es geht dabei eben oft um Oberschenkel, Pos und Brüste. Um Äußerlichkeiten im Allgemeinen. Ich möchte aber gar nicht so viel über meinen Arsch/mein Aussehen nachdenken. Ich will ihm nicht so viel Bedeutung verleihen. Warum? Weil es nicht wichtig ist!

Mir ist das alles too much. Kein Mensch soll an sich rumnörgeln, aber es geht auch nicht darum, dass man seine Optik immer nur super findet, oder? Außerdem finde ich, dass meine Töchter ganz andere Dinge in ihrem Leben in den Vordergrund stellen sollten: Ihre Bildung, ihre Klugheit, ihren Witz. Vielleicht auch, dass sie extrem gut Fußball spielen oder besonders schnell rennen können. Meinetwegen. Sie sollen sich selbst akzeptieren, sie sollen sich genauso super finden wie sie sind. Dabei sollten sie bitte möglichst gar nicht über ihre Oberschenkel nachdenken oder über die Größe ihrer Nase. Weil das einfach scheißegal ist. Sie sollen lieber Bücher lesen, mit dem süßen Jungen aus der 9b knutschen, die Spülmaschine ausräumen oder physikalische Experimente machen. All das wäre spannender und wichtiger als sich mit ihrem Aussehen zu beschäftigen.Es geht im Leben eben nicht nur um den BODY.

Je mehr wir unseren Body thematisieren, desto mehr Raum bekommt er in unserem Leben

Für alle, die jetzt rufen: "Aber so ist das nun mal 2019, da ist jeder bei Instagram und will gut aussehen". Kann sein, dass es so ist. Ich finde es trotzdem beknackt, sich auch nur in irgendeiner Weise aufs Äußere zu konzentrieren. Klar, ist mir meins natürlich auch nicht immer zu 100 Prozent egal, ich bin bloß ein Mensch, ein weiblicher dazu, aber je mehr wir unseren Body thematisieren, desto mehr Raum bekommt dieses Thema in unserem Leben. Deswegen sollten wir es auch nicht tun.

Hört auf über eure Körper nachzudenken!

Selbstakzeptanz ist das Stichwort. Wir sollten uns tatsächlich so nehmen wie wir sind, ganz ohne Hype und viel Zeit drauf zu verschwenden, uns total super zu finden oder extrem selbst lieben zu müssen. Allen, die das trotzdem mit Leichtigkeit hinbekommen, sage ich HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH! 

Alle anderen rate ich: Hört einfach auf, über eure Körper nachzudenken, egal, ob "positive" oder "negative". Diese Bodybesessenheit ist so anstrengend – in jede Richtung

Ich persönlich gestatte mir das Recht, einzelne optische Teile an mir echt nur mittelgut zu finden. Bin ich deswegen eine Body-Positivity-Verräterin? Nein! ich habe nur keine Lust mehr, Zeit darauf zu verschwenden, mich mit so etwas Unwichtigem zu beschäftigen wie meiner Hülle. Deswegen kann ich mich trotzdem mögen, deswegen kann ich andere Frauen trotzdem toll finden – auch deren Aussehen.. Ich mag nur keine Zwänge. Alles an mir selbst lieben zu müssen, ist aber auch einer. 

Wir sind alle so viel mehr als unser BODY!

Was ich tue, wenn ich ihn unnötige Grübeleien darüber gerate, ob mein Po zu wabbelig, meine Falten auf der Stirn zu tief oder meine Brüste zu klein sind? Ich versuche damit aufzuhören, gehe spazieren, lese ein Buch, gucke Netflix. Ich habe mir fest vorgenommen, solchen Gedanken nur den geringstmöglichen Platz einzuräumen. Punkt.

Wer schon mehr davon kann, als sich nur abzulenken? Daumen hoch. Liebt euch alle selbst, das finde ich gut! Seid stolz auf eure Intelligenz, eure großartigen Ideen, darauf, wie schön ihr singen könnt, eure Selbstsicherheit. Wenn wir uns alle akzeptieren, reicht das aber auch schon. Außerdem ist es viel leichter. Und zwar bitte nicht nur unseren Körper. Wir sind doch viel mehr als nur das!

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