Der Bundestag hat den Gesetzesentwurf zur Abschaffung des Paragrafen 219a jetzt beschlossen. Damit hat die Ampelkoalition das erste gesellschaftspolitische Projekt geschafft und einen kleinen Teil des Koalitionsvertrages erfüllt.
Der Paragraf 219a verbot es Ärzt:innen eine lange Zeit, ihre Patient:innen über eine mögliche Abtreibung zu informieren und aufzuklären. Das Verbot, für Schwangerschaftsabbrüche zu werben, führte dazu, dass Ärzt:innen keine ausführlichen Informationen öffentlich bereitstellen konnten, ohne strafrechtlich verfolgt werden zu können. Für eine Verurteilung reichte es bereits aus, wenn ein:e Ärzt:in auf der Homepage nicht nur angab, dass sie Abtreibungen durchführt, sondern auch, mit welchen Verfahren.
Paragraf 219a: Die jahrelange Stigmatisierung von Ärzt:innen hat ein Ende
Bundesfrauenministerin Lisa Paus (Grüne) sagte, heute sei "ein großartiger Tag für die Ärztinnen und Ärzte, aber vor allen Dingen für alle Frauen in diesem Land". Die Bezeichnung des Paragrafen ist auch eher irreführend, denn kein:e Ärzt:in hatte es jemals auf Werbung abgesehen, sondern lediglich ungewollt schwangeren Frauen mit Rat zur Seite zu stehen. Mit der Abschaffung ende endlich die jahrzehntelange Stigmatisierung und Kriminalisierung von Ärztinnen und Ärzten, ergänzte Paus.
Empört zeigten sich hingegen Union und AfD. Sie betonten immer wieder, dass Frauen sich auch heute schon ausführlich über Abtreibungen informieren könnten und dass die Rechte des ungeborenen Lebens nicht zu kurz kommen dürften, so der "Spiegel". Die Vorsitzende des Rechtsausschusses, Elisabeth Winkelmeier- Becker (CDU) warf der Ampelkoalition sogar vor, sie hätten diese Entscheidung nur getroffen, um "ein Erfolgserlebnis zusammen zu produzieren" und aus Gründen der "Gruppendynamik". Die Politikerin warnte davor, dass die Abschaffung des Paragrafen zu "proaktive[r] Werbung im Internet" führen könnte und dass es bei Abtreibungen "um eine ganz normale ärztliche Behandlung geht".
Ein Verbot für irreführende Werbung wird es weiterhin geben
"Kommerzialisierende und banalisierende Werbung" für Abtreibungen werde es auch weiterhin nicht geben, betonte Justizminister Marco Buschmann (FDP). Es solle Frauen lediglich möglich sein, sich auf den Seiten von Frauenärzt:innen selbstständig über Abtreibungen informieren zu können. Das Internet sei der erste Ort, an dem Menschen nach Informationen suchen, so Buschmann. Dort könne "jeder Troll und jeder Verschwörungstheoretiker" Dinge zu diesem Thema verbreiten – hochqualifizierten Ärzt:innen sei es hingegen verboten. Das sei absurd und aus der Zeit gefallen.
Damit es jedoch gar nicht erst zu unpassenden Werbeclips komme, soll das sogenannte Heilmittelwerbegesetz erweitert werden. So werde es weiterhin verboten sein, irreführende Werbung über Schwangerschaftsabbrüche auszustrahlen.
Das Gesetz muss formal noch durch den Bundesrat, es kann aber ohne Zustimmung der Länderkammer in Kraft treten.
Verwendete Quellen: spiegel.de, tagesschau.de, zeit.de