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Nein, danke! "Großeltern? Auf euch können wir gut verzichten!"

Großeltern
© noophoto / Shutterstock
BRIGITTE.de-Leserin Katharina Bauer (38) will nicht, dass ihre Mutter Kontakt zu ihrem Kind hat.

Schön, wenn die Großeltern sich um ihre Enkel kümmern. Oder?

Wenn ich mein Kind vom Kindergarten abhole, sehe ich immer wieder Großeltern, die ihre Enkel abholen. Wenn ich mit meinen Kindern einkaufe, sehe ich Großeltern, die mit ihren Enkeln einkaufen. Und sogar im Urlaub sehe ich Kinder mit ihren Großeltern. Manchmal bin ich erschrocken, manchmal amüsiert, aber auf gar keinen Fall eifersüchtig. Denn bei uns ist das nicht so.

Meine Eltern leben noch, aber für mich und mein Kind sind sie gestorben

Das heißt, meine Mutter ist für mich gestorben, und das hat seit meiner Kindheit tiefsitzende Gründe. Es gab immer nur Streit mit meiner Mutter. Sie hat sich mit jedem gestritten. Lange Zeit wusste ich noch nicht einmal, warum ich gerade mit diesem oder jenen nicht sprechen durfte. Meine Mutter brauchte den Streit, sonst fehlte ihr etwas.

Meine Mutter machte mich zum Mobbing-Opfer

Meine Mutter war nie glücklich und wollte mich auch wohl nie glücklich sehen. Schläge waren an der Tagesordnung. Ich brauchte nur falsch zu gucken oder zu atmen, und sie ließ ihren ganzen Frust an mir ab.

Sie suchte meine Freundinnen für mich aus, nicht ich. Als in meine Klasse ein Mädchen mit brauner Hautfarbe kam, durfte ich nicht mit ihr befreundet sein. "Wer weiß, wo die herkommt", sagte sie. Rassistisch war meine Mutter schon immer. Dadurch wurde ich zum Mobbing-Opfer. Der Höhepunkt des Mobbings war, dass meine Mitschülerinnen während des Sportunterrichts meine Klamotten in den Mülleimer zu den Bananenschalen, gebrauchten Taschentüchern und Kaugummis stopften. Ich war ja die Schülerin mit der rassistischen Mutter.

Mit 18 begann ich, zu rebellieren

Mit 18 begann ich zu rebellieren, da konnte sie ja nicht mehr über mich bestimmen. Ich genoss es, sie kochte vor Wut. Tage- und nächtelang war ich weg, und sie wusste nicht, wo ich war. Aber sie konnte mir nichts anhaben, denn ich ging jeden Morgen pünktlich zur Arbeit.

Wenn eine meiner Beziehungen in die Brüche ging, zog sie mich noch mehr runter. Erzählte mir jeden Tag, was für ein schlechter Mensch ich sei, und überhaupt war ich an allem schuld. Ein roter Faden, der sich endlos durch mein Leben ziehen sollte? Nicht mit mir.

Ich fühlte mich ungeliebt und nicht gesehen. Meine Seele litt und so hörte ich auf zu essen. Niemandem in meiner Familie fiel auf, dass ich immer weniger wurde. Meinem alten Chef, einem Arzt, habe ich es zu verdanken, dass ich wieder anfing zu essen. Er war der einzige, der erkannte, was mit mir los war. Er hörte mir zu und fing mich in Gesprächen auf. Jetzt, Jahre später habe ich immer noch den Hang, in Stresssituationen das Essen einzustellen.

Kurz vor meinem 24. Geburtstag zog ich aus. Es folgten mehrere Monate Funkstille. Dann fuhr ich sporadisch bei meinen Eltern vorbei, meinem Vater zuliebe. Für mich waren die Besuche lähmend, aber sie beruhigten mein Gewissen. Man weiß ja nie, wie lange die Eltern noch leben.

Während der Schwangerschaft versuchte ich ein letztes Mal, ihr nahe zu sein

Ich startete beruflich noch mal neu durch. Ich bekam endlich mehr Selbstvertrauen, alles in mir wuchs und ich konnte endlich frei atmen. Wieder hatte ich einen Chef, der mich förderte und unterstützte.

Dann traf ich meinen Mann und wurde schwanger. Ich war so voller Harmonie, dass ich meiner Mutter, als letzten Versuch, nahe sein wollte. Ich wollte sie an meiner Schwangerschaft teilhaben lassen. Ich wollte diese wundervollen Momente mit ihr teilen. Ich wollte eine Mutter haben und eine Oma für mein Kind. Aber es hat nicht geklappt.

In ihren Augen machte ich als Mutter alles falsch

Hier meine grobsten Verstöße, die sie mir ständig vorhielt:

  • Das Kind hätte einen schöneren Namen bekommen können
  • Ich hätte durchaus eine normale Geburt versuchen können (Ich hatte einen Not-Kaiserschnitt!)
  • Ich habe mein Kind zu warm/zu kalt angezogen.
  • Im falschen Kindersitz an der falschen Stelle im Auto angeschnallt.
  • Mit der falschen Nahrung ernährt.
  • Komplett falsch erzogen.

Aber mein allergrößter Fehler war, dass ich nicht sofort wieder arbeiten ging. Auf meine Frage, wer sich dann um mein Baby kümmern würde, kam nur „Na, wir jedenfalls nicht!“ Das hätte ich auch nie zugelassen.

Als meine Tochter Angst vor ihr bekam, zog ich einen Schlussstrich

Die Jahre quälten sich dahin und es gab zwei Schlüsselmomente, die schließlich zum Bruch führten. Der erste Moment war, als sie meinem Mann eine Lüge erzählt hat, die uns hätte auseinander bringen sollen. Das hat aber nicht geklappt, denn mein Mann hat nichts auf ihr Gerede gegeben.

Der zweite war, dass sie bei einer Geburtstagsfeier meiner Tochter einen Streit provoziert hat, bei dem meine Tochter solche Angst vor meiner Mutter bekam, dass sie sich im Garten versteckte. Das war für mich der Schlussstrich, den ich schon viel früher hätte ziehen müssen.

Nie wieder werde ich zulassen, dass meine Mutter Angst bei meinem Kind auslöst! Mich konnte niemand vor ihr beschützen, aber ich kann mein Kind vor ihr beschützen. Und genau das werde ich weiterhin tun.

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