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"Trump wird Präsident - und ich habe riesengroße Angst!"

Die Amerikanerin Deborah Greene unterrichtet Migrantenkinder in North Carolina. Hier erzählt sie, wie sie den Tag nach der Wahl erlebt hat. 

Es ist Mittwoch, 10.30 Uhr, und ich habe mich krank gemeldet. Ich habe kaum geschlafen, und mir ist übel. Ich kann nicht glauben, dass ein vom Ku-Klux-Klan befürworteter, sexuell aggressiver, betrügender, gieriger, ignoranter Lügner unser nächster Präsident sein wird, UND dass die Republikaner im Kongress und bald auch am Obersten Gerichtshof das Sagen haben werden.

Wir haben einen unreifen Tyrannen gewählt

Liebe Welt, es tut mir leid, was wir dir antun. Wir haben einen unreifen Tyrannen gewählt. Vielleicht wird er den 3. Weltkrieg anzetteln, weil er sich wegen irgendetwas auf den Schlips getreten fühlt. Ich entschuldige mich im Voraus. Wir Amerikaner haben immer geglaubt, dass wir fortschrittlich sind, dass wir niemals zulassen würden, dass uns jemand wie Hitler regiert. Wir haben uns getäuscht. Heute jubeln in unserem Land weiße Rassisten. Alle anderen sind wie benommen: Wirklich? Wie konnte das passieren!?

Meine Schüler haben Angst, dass sie das Land verlassen müssen

Ich konnte es nicht ertragen, heute meinen Schülern gegenüberzutreten. Die meisten von ihnen sind Latinos oder Muslime. Schon seit den Vorwahlen hatten sie Angst. Sogar die, die keine Mexikaner sind, aber so aussehen. Andere sind Flüchtlinge, deren Länder in Gewalt versinken. “Wird Donald Trump uns zurückschicken?”, haben sie mich die letzten Monate immer wieder gefragt. Ich versicherte ihnen, dass ich nicht glaube, dass Trump gewinnt. Ich habe mich getäuscht, und als Jüdin habe ich Angst um uns alle. Ich habe auch große Angst um meine schwarzen Freunde, Schüler und Kollegen.

Ich fürchte, dass Frauen das Recht verlieren werden, über ihren Körper zu bestimmen. Es wird in absehbarer Zeit keine Gehaltsgerechtigkeit und keinen besseren Mutterschutz geben. Oder eine anständige Krankenversicherung. Oder Gehälter, die die Menschen aus der Armut befreien.

Unser Leben wird sich ändern - zum Schlechten

Ich rede auf meinen Mann ein, dass wir uns darauf gefasst machen müssen, dass sich unser Leben ändern wird. Er sucht seit ein paar Monaten einen neuen Job,und ich, als Lehrerin von Einwanderern, gehe davon aus, dass ich meinen verlieren werde. Wir brauchen keine Englisch-als-zweite-Fremdsprache-Lehrer mehr, wenn wir keine Einwanderer haben. Ich gehe davon aus, dass wir bald mit viel weniger Geld auskommen müssen.

Das ist nicht mehr mein Land

Ich informiere mich über Arbeitsvisa für Schweden, offenbar eines der besten Länder für Frauen und Lehrer. Keiner von uns beiden will wirklich das Land verlassen, aber ich fühle mich verloren und heimatlos. Ich erkenne dieses Land nicht mehr als den Ort, an den ich gehöre. Ich bin völlig verzweifelt, aber dankbar, dass ich keine Kinder habe, die die Folgen von Trumps Präsidentschaft erleiden müssen. Ich glaube, dass die Konsequenzen dieser Wahl monumental sein werden. Den USA stehen eine dunkle Zeit bevor.

Ich werde morgen versuchen, für meine Schüler stark zu sein, aber wie die Flugbegleiter sagen: Ich muss mir selbst erst die Sauerstoffmaske aufsetzen. Heute werde ich zu Hause bleiben, mit meinem Mann im Wald spazieren gehen und irgendwann versuchen, etwas zu essen.

Manche meiner Freunde sagen, sie hätten keine Angst, und dass sie bereit sind, zu kämpfen. Ich wünschte, ich wäre wie sie, aber das bin ich nicht. Ich habe Angst und ich bin erschöpft. Von der Sonne und dem schönen bunten Laub da draußen sehe ich in diesem Moment nichts. Ich kann nicht aufhören, zu weinen.

Übersetzung: sar

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