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Steffi von Wolff: Warum ich mich neuerdings um meinen Müll sorge

Steffi von Wolff
Bestseller-Autorin Steffi von Wolff scheibt jede Woche eine Kolumne bei BRIGITTE.de.
© privat
Steffi von Wolff war immer genervt, wenn beim Müll die Schuld auf die Verbraucher geschoben wurde. Nun sieht sie es anders.

Das Müllthema hatte mich immer genervt

Ich gebe zu, dass mich das Müllthema bis letztens genau so genervt hat wie diese anderen Themen, die hochgepusht werden, weil gerade ein Sommerloch oder sonst was ist.

Es ist immer dasselbe: Die Menschen sind so schlimm, weil sie das und das machen und das sollen sie nicht, weil dann alles viel besser ist. Es geht um Zucker, Diesel, Unsportlichkeit, McDonald’s oder eben Müllvermeidung.

Und ich dachte immer: Wieso ist eigentlich immer der Verbraucher der Depp?

Wenn – wie gerade letztens gelesen – Plastik ach so schlimm ist und die Weltmeere voll davon sind, wieso hat man diesen Scheiß denn überhaupt jemals unter die Leute gebracht? Ich ja nicht. Und dann – peinlich, ich weiß – verdrängte ich es.

Dann passierte was, das mich zum Nachdenken brachte

Zwei Frauen schoben vor mir ihre mit Kindern gefüllte Kinderwagen her, unterhielten sich lautstark darüber, dass man als Mutter den Kindern gegenüber Verantwortung habe, dass die Kinder zu guten Menschen erzogen werden sollen, und dass man alles dafür tun würde, sie in eine gute Welt zu entlassen. Sie nippten an ihren Coffee-to-go-Bechern und dann hielten sie an einer Mülltonne an und wollten die leeren Becher zu den anderen hundert Bechern stopfen, die sich schon in der Mülltonne befanden.

Die Becher fielen runter, die Damen zuckten mit den Schultern, sagten was von „wenn die Stadtreinigung nicht nachkommt“ und gingen weiter. Und ich dachte: 'Aha. So wollen die ihren Kindern eine bessere Welt hinterlassen?‘

Natürlich konnten die beiden Frauen nichts für die übervolle Mülltonne, aber 1. Warum muss eigentlich jeder überall Kaffee trinken, und 2. Wieso hebt man die Becher nicht auf? Und 3. Warum gibt es überhaupt diese blöden Becher?

Ich googelte und dann stieß ich auf diese Zahlen und wollte es nicht glauben. Pro Stunde werden in Deutschland 320.000 Becher verbraucht, las ich auf der Seite der Deutschen Umwelthilfe. Diese Becher sind zum Großteil nicht recycelbar, deswegen müssen Bäume gefällt werden. Und das ist nur der Anfang von vielen Informationen, die ich ganz furchtbar finde. Ich, die ich immer weggeschaut habe.

Zum ersten Mal fühle ich mich verantwortlich für meinen Müll

Sicher, ich kann ja nichts dafür. Die Hersteller sind schuld. Andererseits bin ich der Endverbraucher. Ich weiß, dass man das oft hört und liest, aber zum ersten Mal dachte ich: Es stimmt ja auch.

Ich habe eine Bekannte, Vanessa Riechmann, die versucht, ganz ohne Müll auszukommen, In ihrem Blog berichtet sie darüber. Sie hat mir erzählt, dass sich glücklicherweise was tut und das schon seit einiger Zeit. Es gibt zum Beispiel ein Projekt mit Leihbechern, das heißt Recup, und das ist doch schon mal ein netter Anfang, wenn man bedenkt, dass der Deutsche durchschnittlich ein jährliches Pro-Kopf-Müll-Aufkommen von 617 Kilo hat. Ja, stimmt wirklich. Und das sollte man jetzt mal mit den ganzen Menschen multiplizieren. Ein Wahnsinn, wenn man mal anfängt, drüber nachzudenken – und wenn man das getan hat, kann man auch handeln.

Einfach mal anfangen mit den fünf kleinen Tipps, die Vanessa mir gegeben hat:

1. Der alte Spruch „Jute statt Plastik“ gilt auch heute noch – immer eine dabeihaben, dann spart man den Plastikbeutel im Supermarkt.

2. Wiederverwendbare Wasserflaschen dabeihaben und mit Leitungswasser füllen – gerade an Flughäfen eine sinnvolle Alternative zum überteuerten Shop-Wasser.

3. Müll vermeiden kann man auch, indem man eine Brotdose statt Alufolie benutzt.

4. Obst und Gemüse im Supermarkt nicht in die Plastikbeutel legen, sondern lose aufs Band.

5. Molkereiprodukte in Pfandgläsern und z.B. Käse am Stück kaufen. Und grundsätzlich Lebensmittel mit wenig Umverpackung.

Wer braucht bitte Bio-Gurken in Plastikfolie? Also ganz ehrlich, ich war erschrocken, als ich diese ganzen Zahlen gelesen habe, und ich achte jetzt wirklich drauf. Sollte jeder tun, auch wenn „es die anderen sind“.

Und bitte keinen Müll auf die Straße werfen. Dann hat man schon den ersten Schritt für seine Kinder getan und nicht nur für die. Ich guck jetzt nicht mehr weg. Ich guck hin.

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