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Hilfe, ich bin ein "Inbetweenie"!

Julia Werner steckt in einem ganz normalen "Dilemma": Sie hat Kleidergröße 46. Für die es scheinbar kaum Klamotten gibt, vor allem keine trendigen. Ihr Plädoyer für mehr stylische "Inbetweenie"-Mode.

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Bestimmt hat jeder von uns die eine oder andere Stelle an seinem Körper, die es zu betonen oder zu kaschieren gilt. Aber wie soll das gehen, wenn einem das Ausgangsmaterial Mode schlichtweg nicht passend zur Verfügung steht? Bei mir ist das so. Denn ich bin ein "Inbetweenie".

Was das bedeutet? Ich trage Kleidergröße 46 und befinde mich shopping-technisch sozusagen "in between the sizes", also in einer "Zwischengröße". Oft zu dick für die Standard-Kaufhausgrößen und zu dünn für die Übergrößen. Dabei empfinde ich mich gar nicht als zu dick - zumal die durchschnittliche, deutsche Frau Kleidergröße 42/44 trägt. Ich würde sogar behaupten, dass meine Proportionen und Kurven alle an der richtigen Stelle sitzen.

Okay, bis auf den Bauch vielleicht, der nach zwei Kindern einfach nicht mehr preisgeben möchte, wo mal meine schlanke Taille war. Bei einer Körpergröße von 1,78 Metern und Schuhgröße 43 bin ich jedenfalls für die Mode aus den klassischen Fußgängerzonen im wahrsten Sinne des Wortes eine Nummer zu groß.

Was soll ich tun? Ich fühle mich diskriminiert

Ich kann mich also entweder in zu kleine, stylische Klamotten zwängen, oder in zu großen und unförmig geschnittenen, meist auch noch furchtbar unvorteilhaft bunt gemusterten Mutti-Klamotten rumlaufen. Und das will ich nicht! Habe ich denn kein Recht auf Fashion?

"Nehmen Sie doch diese schicke Jeans mit Gummizug am Bündchen! Die sitzt wunderbar locker über der Hüfte. Da schneidet gar nichts ein!" rät die eifrige Verkäuferin. Toll. Dann habe ich zwar kein "Muffin-Top" (so nennt man es, wenn die Speckrolle über der Hüftjeans hängt), dafür sehe ich aber wieder aus wie im neunten Monat.

Und wer hat eigentlich hochgeschlossene Rundhals-Oberteile mit T-Shirt-Ärmeln für große Oberweiten zugelassen? Da kann ich mich ja gleich als Plakatwand vermieten. Und ich weiß auch nicht, wem zirkuszeltähnliche Zipfelkleider stehen sollen. Wie eine leichtfüßige Seiltänzerin sieht man darin jedenfalls nicht aus.

Was wir Inbetweenies wirklich brauchen, sind fließende, knielange V-Ausschnitt-Wickelkleider mit Dreiviertel-Ärmeln à la Diane von Fürstenberg. Und vernünftig sitzende Stretch-Jeans, die an den richtigen Stellen Halt oder eben nachgeben. Und taillierte Blusen, bei denen der Kragen aber bitte auch proportional zum restlichen Stoff mitgewachsen ist.

Oft fühle ich mich gezwungen, etwas zu kaufen, einfach weil es mir passt, und nicht, weil es mir gefällt. Das macht mich traurig. Dabei liebe ich Mode, Shoppen und alles, was dazugehört, und verfüge über jahrelange, knochenhart erarbeitete "Inbetweenie-Shopping-Erfahrung". Was nicht bedeutet, dass ich jedem Trend hinterherhechle. Ich möchte einfach meine Lust auf guten Stil auch in qualitativ hochwertiger und gut sitzender Kleidung ausleben.

Guter Stil ist und bleibt guter Stil - egal in welcher Größe

Aber passende, stilvolle Kleidung zu finden, ist oft gar nicht so einfach. Als ich neulich für eine Hochzeit auf der Suche nach Pumps in meiner Schuhgröße war, antwortete mir die Verkäuferin schnippisch: "In Größe 43 haben wir keine hochhackigen Schuhe. Frauen, die so große Füße haben, sind doch eh schon groß und wollen sich nicht noch größer machen."

Darf ich das bitte selbst entscheiden? Ich möchte keine ergonomisch geformten Gesundheitslatschen in Bahama-Beige, ich will Mary-Janes! Und ich will auch nicht im "vorteilhaft geschnittenen Einteiler mit tiefem Beinausschnitt" nach Ibiza, sondern in einem stylischen Neckholder-Tankini!

Es muss also etwas passieren. Und ich möchte dazu beitragen. Auch wenn das bedeutet, in jedem Schuhladen der Stadt vehement zehn Zentimeter hohe Pumps in meiner Größe einzufordern. Deshalb habe ich auch selbst einen kleinen Blog ins Leben gerufen, auf dem ich meine persönlichen "Inbetweenie Must Haves" präsentiere.

Die Modebranche muss umdenken

Was im Ausland längst erwacht ist, steckt in Deutschland noch im Dornröschen-Schlaf: das Bewusstsein für die "Zwischengrößen". Zuerst gehört habe ich den Begriff "Inbetweenie" vermutlich bei der wunderbaren Stylistin und Bloggerin Edith Dohmen aus den Niederlanden, die auf ihrer Website mit großem Engagement und viel Leidenschaft zu diesem Thema unterwegs ist.

Endlich wusste ich: "Du bist nicht allein!" Bei meinen Recherchen im Internet bin ich auf viele weitere, großartige ausländische Modeblogs von Inbetweenies gestoßen - allen voran zum Beispiel Jo von Icurvy aus Australien -, die das gleiche Ziel haben: Die Modebranche zum Umdenken zu bewegen und eine neue, fashionaffine und durchaus zahlungskräftige Zielgruppe zu bedienen. Die Inbetweenies!

Mode muss richtig passen - und Spaß machen

Ein paar lobenswerte Inbetweenie-Labels haben es aber mittlerweile auch nach Deutschland geschafft. Allen voran Zizzi und Junarose aus Dänemark. Bei Taifun gibt es schöne Teile fürs Büro. Mango hat mit Violeta eine eigene Linie ab Größe 40 auf den Markt gebracht (leider fast nur online erhältlich). Auch ASOS Curve und Navabi bieten online ein trendiges und vielseitiges Angebot. Sogar das Standard-Sortiment bei C&A geht bis Größe 48. Und H&M+ widmet größeren Größen immerhin etwa eine Handvoll Doppelseiten im Gesamtkatalog.

Ich möchte ein Stück dazu beitragen, dass sich Frauen in ihrer Haut und in ihrer Kleidung - egal in welcher Größe - wohlfühlen. Dafür muss diese gerade bei Kurven richtig passen. Und Spaß machen. Denn bei all meiner Vorliebe für gute Mode: Sie ist am Ende doch nur ein Mittel zum Zweck, die eigene Persönlichkeit optimal zu unterstreichen.

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