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"Warum WhatsApp mir den allerletzten Nerv raubt"

"Warum WhatsApp mir den allerletzten Nerv raubt"
© nenetus/shutterstock
Es geht hin und her und hin und her ... und keiner setzt sich mehr zusammen. WhatsApp-Gruppen rauben einem den letzten Nerv, findet Leserin Nadine.

Es könnte alles so einfach sein ...

In der heutigen Zeit ist es schön, dass man sich anderen so einfach mitteilen kann. Smartphone raus, erstmal eine WhatsApp schreiben.

"Sorry kann heute leider nicht zum Sport, mein Kind ist krank"

Es ist auch so schön einfach, wenn man Leuten nicht unbedingt begegnen möchte.

"Leider hat mich die Grippe erwischt, aber wir können uns ja nächste Woche treffen, dann bin ich bestimmt wieder fit"

Und diese Geburtstage, die einem erst gegen 21 Uhr wieder einfallen. Nee, anrufen möchte man um diese Zeit auch nicht mehr. Smartphone zur Hand:

"Häppie Börsday und allet jute. Feier schön!"

Wie einfach!

... wenn da nicht die WhatsApp-Gruppen wären

Kompliziert wird es erst, wenn man in WhatsApp-Gruppen ist. Da gibt jeder seinen Senf zu allem ab. Schreibt sich den Frust von der Seele und niemand merkt, dass es nach der zwanzigsten Nachricht schon längst zu spät ist.

Meine Geschichte soll keine Mitglieder aus meiner Gruppe in den Dreck ziehen, sondern zeigen, dass es nicht so hätte laufen müssen.

Die Gruppe: Eigentlich ein Selbstläufer - Ehrenamtsarbeit für Kinder, gleicher Ablauf wie jedes Jahr. Immer mal wieder eine Kleinigkeit zu ändern, kommt gut an.

Aber nicht in diesem Jahr. Da waren meine neuen Mitstreiterinnen besonders motiviert. Alles musste anders gemacht werden. Und wenn einer eine Idee hatte, dann machten die anderen daraus eine Riesensache. Ähnlich, wie wenn man sich mit drei Freundinnen trifft: Die erste stellt Kekse auf den Tisch, die zweite eine Torte mit Kaffee, die dritte noch eine Suppe dazu, und die Vierte eröffnet dann das kalt/warme Buffet.

Man könnte sämtliche Ungereimtheiten kurz persönlich ansprechen und aus dem Weg räumen. Ja, aber nicht in meiner Gruppe.

Ich schmiss mein Ehrenamt hin - wegen WhatsApp

Folgende "Unterhaltung" hatte meinen Rücktritt aus dem Ehrenamt zur Folge. Es ging um Weihnachten. Geschenke sollten überreicht werden. Kein großes Drama, normalerweise eine Sache von fünf Minuten.

Auszüge aus dem Chat (Zeitraum 12.18 Uhr bis 22.49 Uhr):

"Wie fändet ihr es, wenn der Weihnachtsmann kommt und Erwachsenen Geschenke überreicht und die Kinder bekommen einen Schoko-Lolli?"

Man muss wissen, dass die Geschenkesache etwas heikel war und nicht mit großem Tamtam durchgezogen werden sollte.

Antwort von mir: "Stopp. Ich finde das ist zu viel. Mit Weihnachtsmann? Geht's noch?"

Dann war ich einkaufen, essen, duschen, Kinder ins Bett bringen.

Unzählige Nachrichten rauschten durchs Smartphone. Während ich die Nachrichten las, in denen ich wüst beschimpft wurde, kamen immer mehr an. Und während ich noch überlegte, was ich auf diese Beschimpfungen antworten sollte, kamen noch mehr. Ich kam nicht mehr hinterher:

"Einfach so loszupampen"

"Deine Einstellung nervt"

"Wir haben gedacht, ihr fändet es auch toll, alles etwas weihnachtlicher zu gestalten?"

"Wo ist dein Problem? Dass andere eine Idee haben?"

"Wo ist das Problem, da normal darüber zu sprechen?"

Warum reden wir nicht miteinander?

Genau das ist es, normal drüber zu sprechen, geht über WhatsApp nicht! Noch nicht gemerkt?

Leute, ich bin 40 Jahre alt und Mutter von zwei kleinen Kindern. Ich habe keine Zeit, ständig am Smartphone zu hängen und mich zu erklären. Ich bin zu alt für diesen Scheiß (Lethal Weapon lasst grüßen).

Hat denn niemand in der heutigen Zeit mehr den Mut, Dinge persönlich zu klären? So nach dem Motto: Du, ich glaube wir müssen mal reden. Irgendwas ist da gewaltig schief gelaufen. Lass uns mal kurz zusammensetzen. So kann es nicht weitergehen. So reiben wir uns nur gegeneinander auf.

Das muss doch möglich sein!

Wenn das nicht mehr möglich ist, ist das mein Vorschlag: Ich bin für neue farbige Häkchen bei WhatsApp. Der bzw. die grünen Haken reichen nicht mehr aus.

Diese WhatsApp-Funktionen wünsche ich mir:

  • Blauer Haken: Ich habe die Nachricht erhalten und
  • verstanden
  • Rosa Haken: Ich habe die Nachricht erhalten, aber nicht
  • verstanden
  • Gelber Haken: Ich habe die Nachricht erhalten, wollte sie
  • aber gar nicht verstehen
  • Orangefarbener Haken: Ich habe die Nachricht erhalten,
  • und denke mir meinen Teil
  • Roter Haken: Ich habe die Nachricht erhalten, verstehe
  • aber nur das, was ich will
Nadine Hoppmann (40) ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern (fast 5 und 1,5 Jahre alt). Die Arzthelferin ist seit fünf Jahren in Elternzeit
Nadine Hoppmann (40) ist verheiratet und Mutter von zwei Kindern (fast 5 und 1,5 Jahre alt). Die Arzthelferin ist seit fünf Jahren in Elternzeit
© privat

... und nach jeder zwanzigsten WhatsApp automatisches Nachfragen des eigenen Smartphones vor dem endgültigen Abschicken:

1. Wollen Sie diese Nachricht wirklich senden? Diese Nachricht enthält schwachsinnigen Inhalt

2. Wenn Sie diese Nachricht senden, zerstört sich Ihr Smartphone in 5-4-3-2-1 ... Sekunden.

Würde es diese zusätzlichen Funktionen wirklich geben, wäre mir so einiges erspart geblieben und ich wäre nicht von meinem heiß geliebten Ehrenamt zurückgetreten (und einige Leute hätten kein Smartphone mehr, 5-4-3-2-1 ... hehe).

Meine Geschichte ist sicherlich nur eine von vielen. Fast jeder kann eine Geschichte darüber erzählen. Vom falsch verstehen wollen oder falsch verstanden haben. Freundschaften, Liebschaften und Beziehungen sind schon durch Whatsapp-Nachrichten zerstört worden.

Redet mehr miteinander. Auge in Auge. Habt euch lieb.

Bis dann,

Eure Nadine

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