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LAT Warum ich nie mit meinem Freund zusammenziehen werde

LAT: Warum ich nie mit meinem Freund zusammenziehen werde
© DanielW / Shutterstock (Symbolbild)
BRIGITTE.de-Leserin Ute Meißner ist seit acht Jahren mit ihrem Freund glücklich. Obwohl - oder weil - sie in getrennten Wohnungen leben.

Wir sind seit acht Jahren zusammen - in zwei Wohnungen

„Wie, Ihr wohnt nicht zusammen!?“ Immer öfter ist mir danach, auf diese dämliche Frage eine noch dämlichere Antwort zu geben. Diese Frauen, die schon nach der ersten gemeinsamen Nacht mit dem Köfferchen vor der Tür des Angebeteten stehen, entsetzlich! Und der arme Mann weiß nicht einmal, dass bei ihr Zuhause auch schon die Schrankkoffer und Umzugskisten zum baldigen Transport in seine Wohnung bereitstehen.

Nee, nee, nee, nicht mit uns. Mein Auserwählter und ich sind seit acht Jahren glücklich zusammen, und zwar in getrennten Wohnungen.

Wir haben recht unterschiedliche Nestbau-Instinkte. Er sammelt, ich schmeiße weg.

Konkret kann man sich das so vorstellen: Wenn man seine Wohnung betritt, ist Vorsicht geboten. Schon hinter der Eingangstür lauern klobige Stolperfallen, und es ist ratsam, erst misstrauisch um die Ecke zu linsen, bevor der erste zaghafte Fuß sich vorarbeitet. Der Mann hortet im Eingangsbereich bedrohliche Werkzeuge und große Kisten und Kästen mit Arbeitsmaterial.

Gut ist, dass beim Eintreten ein ganz zartes, an der Tür befestigtes Glöckchen klingelt. Wenn eine fremde Person unerwartet Einlass begehrt, kann er sofort herbeieilen und wie ein Lotse in einem unübersichtlichen Hafen das Anlegemanöver begleiten.

Seine Wohnung ist das Gegenteil von meiner - aber ich mag sie!

Sobald diese erste Hürde genommen ist, geht es ins Wunderland. Alles, was in den letzten 60 Jahren wichtig oder interessant für meinen Liebsten war, hat sich einen eigenen Platz erkämpft. Reliquien aller Formen, Farben und Größen tummeln sich hier: Zahllose Steine, Federn, Klangschalen, Gebetsmühlen, Skulpturen aus Holz und Bronze, alles hat seinen Stammplatz. Der kleine Buddha meditiert zusammen mit Ganesha neben einer indianischen Pfeife und einem alten Akkordeon, gütig belächelt vom Dalai Lama an der Wand.

Alte Radios und die vier Nähmaschinen kuscheln neben den Saxophonen, der Gitarre und den Flugzeugmodellen. Und wenn man an den Bücherstapeln vorbeigeklettert ist und zwischen den unzähligen Kerzen hindurchspäht, kann man die Fotos seiner Töchter entdecken. Allerdings versperren die 60 Matchbox-Autos (Verzeihung, „Hot Wheels“) ein wenig die Sicht. Über allem hängt ein ziemlich toter, grimmig dreinblickender ausgestopfter Falke. Ich mag seine Wohnung!

Ganz wichtig: Jeder ist auch mal für sich

Nachdem Ute Meißner fünf Mal den Globus umrundet und sich mit diversen Jobs über Wasser gehalten hat, wurde Lübeck zu ihrem Basislager. Hier arbeitet sie momentan als Krankenschwester. Eigene Kinder hat sie nicht, aber ihr Partner, der zwölf Kilometer Luftlinie von ihr entfernt wohnt, hat zwei fertige Töchter, die sie bei Bedarf bemuttern kann. Außer Lesen, Schreiben, Singen und Reisen liebt sie das Meer und alles, was man über und unter Wasser anstellen kann.
Nachdem Ute Meißner fünf Mal den Globus umrundet und sich mit diversen Jobs über Wasser gehalten hat, wurde Lübeck zu ihrem Basislager. Hier arbeitet sie momentan als Krankenschwester. Eigene Kinder hat sie nicht, aber ihr Partner, der zwölf Kilometer Luftlinie von ihr entfernt wohnt, hat zwei fertige Töchter, die sie bei Bedarf bemuttern kann. Außer Lesen, Schreiben, Singen und Reisen liebt sie das Meer und alles, was man über und unter Wasser anstellen kann.
© privat

Wenn er dann mal bei mir ist und in der leeren Wohnung beherzt ausschreiten will, geht das manchmal schief, denn seine 1,92 Meter kollidieren mit meinen Dachschrägen. Aber wir haben uns bestens arrangiert und an die gegensätzlichen Behausungen gewöhnt. Mal hier, mal da und ganz wichtig: mal jeder für sich.

Nur vor ein paar Tagen war ich dann doch kurz beunruhigt. Ich übernachtete im Wunderland. Während mein bezaubernder Süßer in der Küche ein 5-Sterne Frühstück zubereitete, rutschte ich mit meinem Buch auf seine Bettseite hinüber, da das Licht dort besser war. Zwischen zwei Zeilen ließ ich meinen Blick über den Bettrand schweifen und erschrak mächtig. Neben seiner Schlafstätte lag eine Kettensäge!

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