Anzeige

Kritik an der Bastelgruppe - daraufhin wurde mein Kind ausgeschlossen

Weil Christina von Krosigk als Mutter Kritik in der Bastelgruppe äußerte, wurde ihr Kind mit Ausschluss abgestraft. Nun fragt sie sich: Habe ich einen Fehler gemacht oder war meine Entscheidung richtig?

Mache ich mich zum Affen?

image

Diese Frage beschäftigt mich ganz konkret nun schon seit einigen Wochen und lässt mir keine Ruhe. Ausgangspunkt war eine digital und analog geführte Diskussion über die Frage, ob ich mich als Mutter "zum Affen machen muss", nur damit mein Kind nicht von einer Kindergarten-Geschenkaktion ausgeschlossen wird.

Ich hatte mich offen und ehrlich zum, in meinen Augen übertriebenen, Bastel-Engagement einiger Mütter geäußert, woraufhin drohte, dass mein Kind vom gebastelten Gruppengeschenk ausgeschlossen wird. In der emotional sehr aufgeladenen Diskussion hatte ich damals entschieden "Nein, das mache ich nicht mit!", auch auf die Gefahr hin, dass es negative Konsequenzen für mein Kind gibt. Ich bin heute immer noch sehr froh darüber, authentisch reagiert zu haben, auch wenn ich einige schlaflose Nächte deswegen hatte.

Ausgeschlossen aus der Bastelgruppe

Die Folge war, dass mein Kind seinen Namen nicht auf den bemalten Holz-Gaul schreiben durfte und ich anonyme und sehr böse Nachrichten in meinem Blog bekam. Was fällt mir Raben-Mutter eigentlich ein, schließlich müsse ich alles dafür tun, damit mein Kind glücklich und zufrieden ist.

Notfalls auch mit einer Zackenschere Rosetten aus Krepp-Papier ausschneiden. Seitdem lässt mich das Thema nicht mehr los und eine Fernsehsendung im Samstagabend-Programm hat mich noch nachdenklicher gestimmt.

Da lassen sich zu bester Prime-Time Menschen vor Millionenpublikum eine 80er-Jahre Fokuhila-Frisur verpassen und einen Segway-Elefanten auf den Allerwertesten tätowieren...und warum? Ja, natürlich für einen Preis, aber den bekommt dann der beste Freund. Also warum genau machen sich die Menschen vor laufender Kamera zum Deppen? Um dabei zu sein, um nicht „Nein“ zu sagen, um gemocht zu werden, um Aufmerksamkeit zu bekommen?

Eine echte Zwickmühle

Was beide Situationen gemeinsam haben? Man soll sich verbiegen, damit eine nahestehende Person keine negativen Folgen erleiden wird.

Eine Loyalitäts-Zwickmühle die kaum zufriedenstellend zu lösen ist. Ich lese schon wieder den imaginären Aufschrei ‚Aber als Mutter und für dein Kind, solltest du doch alles tun“ Wirklich alles?! Ich sollte doch meinem Kind vor allem ein Vorbild sein! Seine eigene Meinung zu haben und zu vertreten ist ein Grundrecht. Und wenn das dazu führt, dass man von einer Gruppe ausgeschlossen wird oder bei einer Aktion nicht dabei sein darf, dann habe ich das selber beeinflusst, aber es ist kein Weltuntergang.

Everybodys Darling

Man muss nicht von jedem gemocht werden. Das wird man sowieso nicht, egal wie sehr man sich auch verbiegt. Für viele Menschen ist es wichtig, fast das Wichtigste, wie andere über sie denken. Um beliebt zu sein, unternehmen sie einige Anstrengungen und vergewissern sich bei jeder Gelegenheit, ob sie mit ihrer Meinung, mit ihrem Verhalten oder auch mit Äußerlichkeiten bei anderen gut ankommen.

Wenn sie den Eindruck haben, bei Bekannten, bei ihren Nachbarn oder bei Kollegen auf Ablehnung zu stoßen, nagt das an ihrem Selbstbewusstsein und sie fühlen sich schlecht. Dem kann man natürlich entgegen wirken, indem man sich möglichst viel Applaus aktiv einfordert, notfalls auch bei völlig fremden Menschen. Schnell den neuen Wohnzimmerschrank ablichten und bei Instagram & Co. teilen und schon gibt es Balsam fürs Selbstbewusstsein in Form von virtuellen Herzchen. Wenn so viele finden, dass meine neue Brille, Handtasche, Pizzabestellung toll ist, muss ich ja total beliebt sein. So zumindest der Trugschluss.

Der zweite Blick lohnt

Aber von wem möchte ich eigentlich Bestätigung erhalten, wer ist mir wirklich so wichtig, dass ich von ihm gemocht werden will? Oft reflektieren wir ja gar nicht, ob uns eine Person wichtig ist. Wir suchen einfach Anerkennung und eine positive Zuwendung, egal von wem. Hier lohnt aber ein zweiter Blick, denn tatsächlich mögen uns ganz oft die Menschen nicht, die wir selbst auch nicht wirklich sympathisch finden, von denen wir also eigentlich gar keine Nähe wollen.

Und wenn man das für sich erkennt, ist es viel einfacher auszuhalten, von jemanden nicht gemocht zu werden. So geht es mir auch mit den Müttern im Kindergarten. Mit denen, die mich beschimpft haben, hatte ich bis zu dem Zeitpunkt kaum mehr als die Tageszeit gewechselt, wahrscheinlich schon unterbewusst aus gutem Grund.

Ich möchte Vorbild sein

Aber es geht ja um das Kind. Ein berechtigter Einwand! Umso wichtiger ist es doch eigentlich, dass ich authentisch bleibe, oder? Was nützt es meinem Kind, wenn ich angespannt und genervt mit der Zackenschere seltsame Dinge bastele, nur um zu demonstrieren, wie engagiert ich als Mutter bin. Was lebe ich ihm vor, wenn ich mich nicht traue meine Meinung zu sagen, nur damit die anderen mich nett finden und nicht ausschließen.

Das Einzige, was ich meinem Kind damit auf den Weg gebe, ist Unsicherheit. Dass mein Kind von der Aktion ausgeschlossen wird, weil ich nicht mitbasteln will, ist zwar ungerecht und bringt es in eine exponierte Position, aber die kann und muss man manchmal einfach aushalten! Was haben wir gemeinsam aus dieser Situation gelernt?! Das am Ende nichts Schlimmes passiert, wenn man seine Meinung vertritt. Man kann selber kreativ werden und bekommt viel Zuspruch dafür, dass man sich nicht angepasst hat.

Und um den Kreis zum Fernsehformat wieder zu schließen, auch wenn das Fernsehpublikum johlt, wirklich sympathisch ist uns doch genau der eine Kandidat, der genau das nicht tut...sich zum Affen machen!

Und jetzt bin ich mehr als gespannt auf eure Meinung zu diesem Thema.

Teaserbild: nailiaschwarz / Photocase

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel