Anzeige

"Politik? Macht mir Spaß!"

Florence von Bodisco hat Politikwissenschaft, Soziologie und Volkskunde studiert. Sie arbeitet als Mitarbeiterin des Europaabgeordneten Prof. Dr. Klaus Buchner. Die ausgebildete Mediatorin (mediatorin.me liebt politische Diskussionen mit Freunden - am besten bei einem Glas Rotwein und tollem Essen.
Florence von Bodisco hat Politikwissenschaft, Soziologie und Volkskunde studiert. Sie arbeitet als Mitarbeiterin des Europaabgeordneten Prof. Dr. Klaus Buchner. Die ausgebildete Mediatorin (mediatorin.me liebt politische Diskussionen mit Freunden - am besten bei einem Glas Rotwein und tollem Essen.
© privat
Politik betrifft jeden von uns - und es macht Spaß, politisch zu sein. Davon ist Florence von Bodisco überzeugt. Warum? Das erklärt sie in unserer Leserkolumne "Stimmen".

+++Oktober 1995+++ Eigentlich wollte ich nur ein Buch schreiben. Ein bekannter Autor und Kommunalpolitiker der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP) hatte Veröffentlichungen von mir gelesen und mich um Mitarbeit an einer Krimi-Anthologie gebeten - doch als wir zusammen im Café sitzen, sprechen wir nur über Politik. Ein paar Tage später arbeite ich mit der Spitzenkandidatin zur Kommunalwahl Strategien für den Wahlkampf aus. Gleich darauf werde ich in die Werbekommission gewählt und gestalte mit anderen jungen Leuten den öffentlichen Auftritt der ÖDP. Obwohl ich erst zwanzig Jahre alt bin, fühle ich mich ernstgenommen - meine Ideen werden gehört und ich kann Einfluss nehmen. Und die Anstrengungen haben sich gelohnt: Die Wähler geben uns so viele Stimmen, dass wir mit zwei Mandaten in den Stadtrat einziehen. Übrigens: Das Buchprojekt wird ad acta gelegt.

+++April 1998+++ Ich sitze vor dem Fernseher, schaue mir die Wahlberichterstattung an und bin fassungslos: Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt erzielt die DVU ein Wahlergebnis von 12,9 Prozent. Die DVU steht am rechten Rand des Parteienspektrums und buhlt mit nationalistischen Tönen und Ausländerhetze um die Wählerinnen und Wähler. Wie kann es sein, dass eine Partei, die auf dumpfe, braune Parolen setzt, so viele Wählerstimmen bekommt? Ich will dieses Phänomen begreifen und in mir reift der Wunsch, Politikwissenschaften zu studieren. Viele Fragen kreisen in meinem Kopf: Warum wählen Menschen welche Partei? Was ist ausschlaggebend? Die momentane Stimmung oder das Programm oder die Kandidaten? Welche Folgen hat politisches Engagement? Warum ist Politik wichtig für jeden Einzelnen? Warum wählen so viele Menschen in Deutschland nicht, obwohl sie - im Gegenzug zu Diktaturen - die Möglichkeit dazu haben? Diese Fragen möchte ich beantworten; mein politisches Interesse beginnt weiter zu wachsen.

"Politik? Macht mir Spaß!"
© privat

+++September 1998+++ Bundestagswahl: Nach 16 Jahren wird Helmut Kohl als Bundeskanzler abgelöst. Für mich, die sich nicht an einen anderen Kanzler erinnern kann, ein Schlüsselerlebnis, denn ich stelle fest, dass mit demokratischen Mitteln festgefahrene Verhältnisse geändert werden können. Ich atme durch und freue mich auf einen politischen Aufbruch.

+++April 2008+++ Die neu geschaffene Bundespressestelle meiner Partei sucht eine Leiterin: Ich nehme diese Herausforderung gerne an und ziehe von meiner nordbayerischen Heimatstadt nach Berlin. Hier begegnen mir interessante Menschen, die sich für politische Veränderungen engagieren. In der Bundeshauptstadt bin ich dem Politikbetrieb näher und nehme an spannenden Veranstaltungen teil, die Politik praktisch erfahrbar machen lassen.

+++März 2011+++ Ich sitze mit einem guten Bekannten beim Mittagessen und wir sprechen über die Trennung von seiner Frau. Gleichzeitig überschlagen sich die Meldungen vom Super-GAU im japanischen Atomkraftwerk Fukushima. 25 Jahre nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl hält uns wieder ein Atomunfall in Atem. Ich renne ins Büro, um eine erste Pressemitteilung zu formulieren. Wir fordern, dass Deutschland jetzt unbedingt die AKWs abschalten muss. Erstaunlicherweise schafft der Unfall von Fukushima etwas, was Millionen Anti-AKW-Demonstrant/innen nicht geglückt war: Die konservative Bundesregierung schwenkt um und steigt endgültig aus der Atomenergie aus. Ich empfinde dies wie eine späte Bestätigung aller Bemühungen gegen diese gefährliche Technologie. Es zeigt sich: Politik schafft Veränderungen.

keine Bildunterschrift
keine Bildunterschrift
© privat

+++November 2013+++ Abgehetzt vom Tag komme ich bei einem Kampagnentreffen an - es geht um wirtschaftspolitische Veränderungen, die wir europaweit anstoßen wollen. Ein französischer Politiker spricht und seine Ideen inspirieren mich. Nach dem offiziellen Teil gibt es noch Wein und Häppchen. Ein Kollege von einer anderen Partei und ich stürzen uns auf den Rotwein und fangen an, zu politisieren. Es schließt sich uns eine junge Frau an - sie stellt uns viele Fragen zu unseren Jobs und wie wir das politische Tagesgeschäft sehen. Der Kollege und ich werfen uns die Bälle zu. Es entwickelt sich eine spannende Diskussion über politische Strategien und Zusammenhänge. Auch wenn ich müde vom Arbeitstag bin, wird mir klar: Mir macht Politik unglaublich Spaß!

+++Juli 2014+++ Es ist geschafft: Bei der Europawahl im Mai bekommt die ÖDP so viele Stimmen, dass es für ein Mandat im Europäischen Parlament reicht. Ich arbeite nun für unseren Europaabgeordneten im Berliner Büro. Meine Aufgaben sind wissenschaftliche Recherchen, Reden schreiben, Bürgeranfragen beantworten und Netzwerke knüpfen. Ein Thema, das mich aktuell z. B. beschäftigt, ist das geplante Freihandelsabkommen TTIP zwischen den USA und der EU. Wir müssen damit rechnen, dass Sozial-, Umwelt- und Verbraucherschutzstandards gesenkt werden. Zusammen mit anderen Parteien und Organisationen wollen wir deshalb TTIP verhindern.

TTIP ist nur ein Beispiel dafür, wie politische Entscheidungen tagtäglich in unser Leben eingreifen. Ob Mehrwertsteuersatz oder Rentenbeitrag, ob Kriegseinsätze oder EU-Erweiterung, ob Gentechnik oder Biolandbau - jedes Thema ist nicht willkürlichen Entscheidungen geschuldet, sondern Ausdruck einer langwierigen Diskussion in politischen Gremien. Und wer, wenn nicht die Wähler/innen, schicken ihre Vertreter/innen in diese politischen Gremien?

Zur Wahl zu gehen ist in einer Demokratie ein wichtiges Recht, das unbedingt wahrgenommen werden sollte. Aber ich wünsche mir, dass Bürger/innen auch darüber hinaus durch ihren persönlichen Beitrag aktiv in das politische Geschehen eingreifen, z. B. durch die Mitarbeit in einer Partei. Denn für mich gilt der Satz: Nur wer sich in der Gegenwart engagiert, kann die Zukunft verbessern.

Mehr zum Thema

VG-Wort Pixel