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Eine Kinder-Krankenschwester klagt an: „Die Zustände sind unerträglich!“

Die Kinderkrankenschwester Maria Ortlieb* liebt ihren Beruf. Doch wegen der Sparpolitik ist er zum Albtraum geworden.

Des Öfteren wurde schon über den "Pflegenotstand" berichtet. Dass in Deutschland ein Pflegenotstand herrscht, ist also nichts Neues. Doch er ist so real und nah wie nie.
Denn es ändert sich einfach nichts - im Gegenteil, es wird immer schlimmer. Viele Menschen verschließen die Ohren und Augen davor oder wollen es nicht sehen. "Es betrifft mich nicht", denken offenbar viele.

Hier möchte ich über die Missstände an einem deutschen Universitätsklinikum und allgemein in der Pflege aus Sicht einer Krankenschwester berichten.
Ich habe vor mehr als zehn Jahren mein Examen gemacht und arbeite schon über 14 Jahre als Kinderkrankenschwester. Wo genau ich arbeite und wie ich heiße, möchte ich hier nicht schreiben, weil ich Angst um meine Stelle habe.

Ich habe meinen Beruf geliebt

Ich habe meinen Beruf geliebt. Er war schon immer mein Traumberuf, aber was momentan für Zustände herrschen, kann sich niemand vorstellen, der es nicht selbst erlebt hat. Es ist unfassbar und bestimmt kein Einzelfall.
Es ist unglaublich, dass in einem so reichen Land wie Deutschland kein Geld für die Pflege da sein soll.

Aber der Vorstand unseres Universitätklinikums ist der Meinung, dass es hier zu viele Pflegekräfte gibt. Trotzdem müssen zum wiederholten Mal und pünktlich zur Urlaubszeit mehrere Betten und zum Teil ganze Stationen auf Zeit geschlossen werden. Kaum sind ein paar Pflegekräfte im Urlaub und ein oder zwei weitere fallen wegen Krankheit oder Schwangerschaft aus (und damit muss man als Arbeitgeber rechnen und planen), bricht alles zusammen und ganze Dienste und Stationen können nicht besetzt werden.

Aber wir haben ja zu viel Personal. Deshalb werden Stellen auch nicht neu besetzt, wenn Pflegekräfte wegen Elternzeit oder Mutterschutz pausieren.

Hunderte Überstunden, kein Fachpersonal

Dann soll mir bitte mal jemand von den Herren erklären, warum wir hunderte Überstunden anhäufen und dann auch noch ständig an unseren freien Tagen angerufen werden, um einzuspringen!


Uns als Pflegekräfte wird dann entweder von heute auf morgen zugemutet, auf eine völlig fremde Station zu wechseln, auf der wir weder die Krankheitsbilder noch die Örtlichkeiten noch den Ablauf oder die Pflegestandards kennen. Oder wir müssen zum Teil komplett allein mit Sitzwachen, Praktikanten oder Schülern auf unserer Station arbeiten. Wir müssen allein (!!) frisch operierte und zum Teil schwerstkranke Patienten, darunter auch Kinder, betreuen. Denkt da mal jemand nach, wie wir so unsere Pause machen sollen (die uns ja rechtlich zusteht)?

Ich gehe mit Bauchschmerzen zur Arbeit

Man kommt mit Bauchschmerzen zur Arbeit und hofft nur, dass irgendwie alles gutgeht. Man versucht, mit größter Sorgfalt die Patienten professionell zu versorgen, doch meistens verzweifelt man, da man es unter diesem Druck und dieser Belastung einfach nicht mehr schafft.
Man nimmt den Arbeitstag mit nach Hause und überlegt noch lange, ob man in der Hektik an alles gedacht und alles richtig gemacht hat.
Nicht auszudenken, was wäre, sollte es einem nicht gut gehen oder ein Notfall eintreten... vor allem nachts!

Wir, die kranke Menschen in ihren zum Teil schwersten Stunden betreuen, unterstützen und begleiten, werden mit Füßen getreten. Wir sollen Menschen in Sachen Gesunderhaltung beraten, aber was ist mit unserer Gesundheit?

Nur Fallzahlen und Sparziele zählen

Es zählen nur Fallzahlen und Sparziele, der Mensch zählt schon lange nicht mehr. In der Pflege wird immer mehr gekürzt, damit die Gehälter der Führungskräfte finanziert werden können.
Man wird verheizt, und irgendwann ist niemand mehr da und es werden unqualifizierte Billigkräfte eingestellt.


Pflege geht uns alle an!

Bitte stellt euch die Frage: Möchtet ihr, dass ihr oder eure Kinder und Angehörigen nach einer OP oder während einer Therapie von unqualifiziertem Personal betreut werden? Wollt ihr auf einer Station Patient sein, auf der nur eine Krankenschwester für alle da ist?
Ihr denkt heute vielleicht noch: "Ich bin nicht krank, ich muss nicht ins Krankenhaus." Dies kann morgen aber schon ganz anders aussehen. Pflege geht uns alle an!

*Name von der Redaktion geändert, der Name ist der Redaktion bekannt.

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