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Burnout mit 30 Wie ich meinen inneren Frieden fand

Kathrin Katz hat nach ihrem Burnout zu sich selbst gefunden
Kathrin Katz hat nach ihrem Burnout zu sich selbst gefunden
© Alain Fernandez
Mit 30 hatte Kathrin Katz, 44, einen Burnout. Hier erzählt sie, welchen Weg der Heilung sie eingeschlagen hat.

Da sitze ich nun im Wartezimmer meiner Ärztin und frage mich: "Wie erkläre ich ihr, warum ich Angst davor habe, zur Arbeit zu gehen, wenn ich es selbst nicht verstehe?" Alles wäre viel einfacher, wenn ich irgendwas Sichtbares hätte, einen gebrochenen Arm, Fieber, einen Ausschlag.

Meine innere Stimme schreit mich an: "Versagerin!"

Ich werde in Raum 2 gebeten. Das Zimmer ist klein, draußen ist das Wetter so grau, wie ich mich fühle. Die Ärztin setzt sich an den Tisch, sortiert ihre Unterlagen, dann schaut sie mich an und fragt: "Frau Katz, wie geht es Ihnen?" Ich fange an zu weinen.

"Echt jetzt? Reiß dich zusammen!" Die Stimme in meinem Kopf ist nicht sehr freundlich zu mir. Sie hat kein Verständnis dafür, dass mir die Worte fehlen. Ich versuche, mich zu sortieren, möchte antworten, aber es geht nicht. Meine innere Stimme schreit mich an: "Was ist los mit dir? Versagerin!"

Die Ärztin sieht mich geduldig an: Frau Katz, Sie stecken mitten in einem Burnout." Als ich die Arztpraxis wenig später verlasse, lasse ich mein altes Leben hinter mir.

Mein Leben vor dem Burnout

Ich hatte eine tolle Kindheit in einem kleinen Dorf. Wir verbrachten jede freie Minute in der Natur. Bauten Baumhäuser und Luftschlösser, spielten Indianer und Cowboy, träumten von der großen weiten Welt und davon, etwas von Bedeutung zu erschaffen. Meine Träume wurden abrupt unterbrochen, als ich in die Schule kam.

Ich war anders als andere Kinder, konnte mich nicht anpassen. War zu laut, zu begabt, zu präsent, zu auffällig, zu neugierig, zu direkt. Ich hatte oft gehört, dass die Schulzeit die schönste Zeit des Lebens ist. Für mich war sie die Hölle. Schrittweise wurden meine Kreativität, meine Neugierde und mein Entdeckergeist beschnitten. Peu à peu wurde mir beigebracht, dass ich wertlos bin. "Ich wäre ja so begabt, aber…" Das habe ich damals so unglaublich oft gehört, dass ich das Gefühl bekam, niemals gut genug zu sein. Mit zwölf hatte ich die Rolle der Versagerin verinnerlicht.

Unendlich viele schwarze Tage prägten meine Teenager-Zeit und ich verkroch mich oft im Bett. Ich lernte luzides Träumen, also die Fähigkeit, meine Träume im Schlaf zu steuern. So oft wie möglich flüchtete ich in meine geliebte Traumwelt. Als ich alt genug war, ging ich auf Reisen, um zu flüchten. Doch ich stellte fest, dass man seine Probleme mitnimmt, und so kam ich immer wieder ernüchtert zurück. Weglaufen war keine Lösung.

Ich wollte und konnte die Spielregeln nicht befolgen

In mir machte sich eine große Zerrissenheit breit. Ich wollte dazugehören und gesehen werden, aber die damals für junge Frauen üblichen Wege waren nicht meine Wege. Ich rebellierte, doch mit der Zeit wurde ich müde, aufzubegehren. Irgendwann wurde mir klar, dass ich gewisse Spielregeln zu befolgen hatte, wenn ich dazugehören wollte. Ich resignierte.

Ich bekam einen prestigeträchtigen Job in der Wirtschaft, aber wieder kannte ich die Spielregeln nicht. Ich war Quereinsteigerin und mein Aufstieg zu schnell. So machte ich mir Feinde im Unternehmen. Ich arbeitete bis zum Umfallen und doch, oder gerade deshalb, legte man mir Steine in den Weg. Ein Jahr später saß ich vollkommen erschöpft bei meiner Ärztin. Ich war 30 Jahre alt und meine Stimme versagte.

Durch das Singen fand ich zu mir

Nach der Diagnose war mir klar, dass ich meinem Leben eine neue Wendung geben musste. Die Zeit war reif, um herauszufinden, wer ich wirklich war und wer ich sein wollte. In meinen jungen Jahren suchte ich im Außen nach Antworten. Jetzt begann ich, nach Antworten in meinem Inneren zu suchen und durfte lernen, mit mir selbst Frieden zu schließen. Ich widmete mich meiner persönlichen Entwicklung, die mich zum Singen führte. Um all den Stimmen von außen, den gut gemeinten Ratschlägen von Familie und Freunden zu entgehen, erzählte ich niemandem, dass ich regelmäßig Gesangsunterricht nahm. Das Stimmtraining wurde mein Weg zur Heilung.

Durch das Singen erkannte ich meine Hochsensibilität. Diese vermeintliche Schwäche entpuppte sich als meine größte Stärke. Je besser ich mich kennenlernte, desto kraftvoller wurde meine Stimme. Je mehr ich mich selbst mit all meinen Ecken und Kanten annahm, desto geschmeidiger wurde sie.

30 Jahre lang war ich von einer Schwere begleitet worden, die sich eines Tages mitten in einer Gesangstunde in Luft auflöste. Heute unterstütze ich Frauen dabei, ihre Stimme zu entdecken, ihre eigenen Worte zu finden und selbstbestimmt ihren Weg zu gehen.

Die Autorin: Kathrin Katz ist Expertin für Stimmsound, Persönlichkeitsentwicklung und Selbstdarstellung. Als Sängerin und Vortragsrednerin stand sie in den USA, Deutschland, Österreich und Frankreich auf der Bühne. Sie lebt in Wien und Südfrankreich.

Brigitte

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