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"Warum Ordnung gut tut"

In der Kolumnen-Reihe "60 Stimmen" schreiben unsere Leserinnen. In diesem Artikel: Wie Denise Colquhoun aus ihrer Liebe zur Ordnung eine Berufung gemacht hat.

Denise Colquhoun, 36, lebt mit ihrer Familie im Münsterland. Als „Fräulein Ordnung“ betreibt sie Wohnraumoptimierung. Im Zuge dessen ist auch ihr Blog fraeulein-ordnung.blogspot.de entstanden, auf dem sie aber nicht nur über Ordnung, sondern auch über das Leben und die Suche nach dem kleinen Glück bloggt.
Denise Colquhoun, 36, lebt mit ihrer Familie im Münsterland. Als „Fräulein Ordnung“ betreibt sie Wohnraumoptimierung. Im Zuge dessen ist auch ihr Blog fraeulein-ordnung.blogspot.de entstanden, auf dem sie aber nicht nur über Ordnung, sondern auch über das Leben und die Suche nach dem kleinen Glück bloggt.
© privat

Ordnung war für mich schon immer ein besonderes Thema. Schon als kleines Mädchen habe ich mich in unordentlichen Räumen unwohl gefühlt, wurden Zeitschriften von mir akribisch aufbewahrt und regelmäßig sortiert, und der Anblick schön gefalteter Wäsche hat mein Herz erfreut. Wunderbar fand ich es auch samstags bei Oma, wenn sie für ihren Hausputz einen Großteil ihrer Möbel in den Garten gestellt hat, um sie anschließend wieder ordentlich in das frisch geputzte Haus zu stellen.

Einen bleibenden Eindruck hinterließ damals bei mir auch der Film "Eine verhängnisvolle Affäre". In dem Film von 1987 kauft Michael Douglas mit seiner Frau ein Haus, welches anschließend von ihr eingerichtet wird, bis es ein perfektes Bild abgibt. Auch wenn ich niemals in so einem großen Haus leben wollte, so hat mich dieses perfekte "Alles an seinem Platz – für alles einen Platz" nachhaltig begeistert.

Dass Ordnung aber auch ganz viel mit Loslassen zu tun hat, habe ich erst sehr viel später begriffen. Erst als mir die Ordnungs-Bibel "Feng Shui gegen das Gerümpel des Alltags" von Karen Kingston in die Hände fiel, war anschließend nichts mehr vor mir sicher. Ich erkannte, dass Wegwerfen das Geheimnis einer ordentlichen Umgebung war. Immer wieder startete ich Entrümpelungs-Runden, die mich unglaublich beflügelten und befreiten. Und doch musste ich einsehen, dass noch ein weiter Weg vor mir lag, bis ich so wohnen würde, wie es mich glücklich machen würde. Ordnung ist ein stetiger Prozess.

Drei Kinder und viele Umzüge später, habe ich mich als "Fräulein Ordnung" selbständig gemacht. Die Idee dazu ist auf eine glückliche Fügung zurückzuführen, die Dienstleistung an sich ist allerdings keine Neuerfindung von mir und beispielsweise in Amerika schon lange bekannt. Ich nenne meine Tätigkeit "Wohnraumoptimierung" und helfe den Menschen, die ratlos vor ihrem Besitz stehen und alleine keinen Anfang finden. Gemeinsam mit meinen Kunden optimiere ich deren Wohnräume, Schränke und Tische. Dabei geht nicht nur darum, dass der Boden oder Tisch frei geräumt ist und alle Jacken im Schrank hängen. Wenn ich komme, dann geht es ans Eingemachte. Mein Besuch kann schmerzhaft sein, es werden Mauern eingerissen und Erinnerungen ausgelöst, denn Besitz kann sehr belastend sein. Doch am Ende stehen glückliche Menschen vor mir. Menschen, die wieder durchatmen und ein neues Wohn- und auch Lebensgefühl genießen können.

Anfangs hatte ich Respekt - was mache ich, wenn ich doch mal bei einem Einsatz nicht weiter weiß? Doch nach drei Jahren Berufserfahrung kann ich sagen, dass keine fremde Unordnung vor mir sicher ist und ich immer Ideen finde, einen Raum zu optimieren oder die Menschen dahin zu führen, sich von unliebsamen oder kaputten Dingen zu trennen. Selbstverständlich habe ich jede Menge Bücher über Ordnungssysteme gelesen, doch die eigentliche Fähigkeit zu sehen, wo was verändert werden muss, die steckt einfach in mir. Mit meiner Begeisterung für schöne Ordnung kann ich Menschen vermitteln, dass "Ordnung schaffen" die beste Therapie bei Sorgen und Trübsinn ist.

Und doch bin ich selbst meine beste Kundin. In einem Haushalt mit drei Kindern gibt es immer was zu tun. Es ist nie so ordentlich, wie ich es gerne hätte. Die Flut an Dingen, die ins Haus kommen, gilt es tagtäglich zu dämmen. Post und Kunstwerke der Kinder wollen sortiert, zu klein gewordene Anziehsachen aussortiert und nicht mehr altersgerechte Spielsachen weitergegeben werden. Eine große Hilfe ist dabei der Vorsatz, dass für jedes Teil, das ins Haus kommt, ein anderes das Haus verlassen muss. Verirren sich also zwei schöne, neue Tassen in unsere Küche, so habe ich gleich im Kopf, welche dafür aussortiert werden müssen. Dasselbe praktiziere ich bei Schuhen, Büchern und Bettwäsche. Auch für mich nicht immer einfach, denn tief in meinem Herzen bin ich eigentlich ein Jäger und Sammler und liebe schöne Dinge.

Die Kunst ist also, sich mit schönen oder nützlichen Dingen zu umgeben und auf die Dinge verzichten zu lernen, die nicht notwendig sind. Ein Zuviel versperrt die Sicht auf das Wesentliche. Und je mehr Dinge wir haben, umso mehr Sachen müssen geordnet, abgewischt, repariert oder arrangiert werden.

Wenn meine Kinder groß sind und ihr Nest verlassen, würde ich gerne auf ein Hausboot ziehen. Maximal 40 Quadratmeter würde ich mir wünschen, um alt zu werden. Die Einrichtung auf ein Minimum beschränkt, jedes Teil wohlüberlegt ausgesucht und von Herzen geliebt. Für Gäste wird es trotzdem ausreichend Sitzgelegenheiten geben, auch für eine Übernachtungsmöglichkeit ist gesorgt. Meine Bücher werden weiterhin rege mit Gleichgesinnten getauscht und Kuchen lässt sich auch in der kleinsten Küche backen. Überschaubar und befreiend, das ist mein Ziel.

Bis dahin habe ich noch ein bisschen Zeit, werde sortieren, reduzieren und anderen Menschen als Ordnungscoach ein wenig inspirieren. Ihr seid herzlich eingeladen, mal vorbei zu gucken. Entweder heute auf meinem Blog fraeulein-ordnung.blogspot.de oder in 20 Jahren auf unserem Hausboot.

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