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"Sind wir alle Smartphone-süchtig?"

BRIGITTE.de-Leserin Kim (29) fragt sich, ob wir nicht das halbe Leben verpassen, wenn wir dauernd aufs Smartphone gucken.

Wichtiger als Partner und Freunde?

Ich habe das Gefühl, dass inzwischen fast jeder Smartphone-süchtig ist - mich eingeschlossen. In nahezu jeder Lebenssituation begleitet uns das Gerät, wie kein Partner und keine Freundin dies tun.

Klar, es ist sehr hilfreich, einen Termin von unterwegs absagen zu können, weil das Meeting mit den Geschäftskollegen mal wieder länger gedauert hat als erwartet. Oder den Junggesellinnenabschied der Freundin über WhatsApp zu planen, weil die Terminkalender so voll sind, dass es quasi unmöglich ist, seine Ideen in einem Café persönlich auszutauschen.

Doch bereits auf der Fahrt zur Arbeit bekomme ich Panik, wenn ich merke, dass ich mein liebstes Stück zu Hause vergessen habe. Es fühlt sich fast so an, als würde ein Teil von mir fehlen. Ich bin derartig abhängig von diesem Gerät, dass ich mir nicht mehr vorstellen kann, in einer Welt ohne Handy zu leben.

Alltag und Job vermischen sich

Das Smartphone ermöglicht es uns, das Privatleben mit dem Joballtag zu verbinden, sodass wir auch nach der Arbeit jederzeit erreichbar sind. Aber wir haben sofort ein schlechtes Gewissen, wenn wir einen Anruf mal nicht entgegen nehmen, weil er vielleicht in einem unpassenden Moment kommt.

Wenn mein Mann und ich zusammen essen gehen, kontrolliert er seine geschäftlichen E-Mails und ich poste mein Gericht bei Instagram. Die Konversation bleibt dabei oft auf der Strecke, und jeder befasst sich mehr mit der technischen Welt als mit seinem Gegenüber.

Aber ist es nicht wichtiger, den freien Tag mit seinem Partner zu genießen, anstatt mit den Gedanken noch bei der Arbeit zu sein? Ist es nicht Zeitverschwendung, sich mit den oberflächlichen Posts fremder Menschen in sozialen Netzwerken zu befassen, oder selbst krampfhaft zu versuchen, mit einem genialen Foto möglichst viele "Likes" zu erhalten? Werden wir in Zukunft kaum noch Zeit mit der Familie verbringen, weil wir zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt sind?

Nur eine Sache machen? Geht nicht mehr!

Es fällt mir auch zunehmend schwer, mich auf eine Sache zu konzentrieren. Zum Beispiel ertappe ich mich dabei, beim Zusammenlegen der Wäsche nebenbei die aktuellen Facebook-Posts zu checken, damit keine Leere im Kopf entsteht. Dabei wäre es wichtig, dass wir in unserem hektischen und durchgeplanten Alltag mal abschalten und Tätigkeiten durchführen, die uns geistig nicht ständig fordern.

Soziale Kompetenz wird verlernt

Ich bin jetzt fast 30 und frage mich, wie das in einigen Jahren bei den Leuten aussehen wird, die bereits als Kinder mit alldem konfrontiert wurden - viele bekommen ja schon im Grundschulalter ein Tablet, damit sie sich alleine beschäftigen. Ich selbst habe als Kind auf einem Bauernhof Höhlen aus Stroh gebaut, und kam meist erst spät abends ins Haus, um todmüde ins Bett zu fallen. Bleiben die Fantasie und der Umgang mit anderen Menschen nicht auf der Strecke, wenn sich die Jugendlichen nur noch mit Computerspielen und „sozialen“ Medien beschäftigen? Soziale Kompetenz lernt man doch erst beim Sport oder bei Gesellschaftsspielen.

Ich finde: Wir sollten uns wieder vermehrt den simplen Dingen im Leben zuwenden - die Natur mit allen Sinnen entdecken, die wunderbaren Gerüche im Wald wahrnehmen -, denn das sind die Erinnerungen, die bleiben und die uns glücklich machen.

Ich hoffe, wir bemerken noch rechtzeitig, was wirklich zählt im Leben. Für mich sind das ein persönliches Gespräch mit einer guten Freundin oder ein schöner Kinoabend zu zweit.

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