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Maria Ehrich "Sexismus in der Filmbranche ist tief verankert"

Maria Ehrich
Maria Ehrich
© imago images
Maria Ehrich hat sich längst als Schauspielerin in der deutschen Film- und Fernsehbranche etabliert. Doch auch die "Ku'damm 63"-Darstellerin hat in ihrem Beruf Situationen erlebt, in denen sie als Frau gegenüber Männern benachteiligt wurde.

Die Fans der "Ku'damm"-Filme warten sehnlichst darauf, wenn nach "Ku’damm 56" und "Ku’damm 59" die Fortsetzung der jeweils dreiteiligen Fernsehreihe "Ku'damm 63" am 20. März in der ZDF Mediathek erscheint und am 21., 22. und 24. März auf ZDF ausgestrahlt wird. Wie geht es mit der konservativen Mutter Caterina Schöllack (Claudia Michelsen, 52) und ihren drei Töchtern, die sich mit den gesellschaftlichen Zwängen der Frau in den 1950er und 60er Jahren auseinandersetzen müssen, weiter? Ein Thema, das auch heute noch bewegt und beschäftigt.

"Ku'damm 63": Caterina Schöllack (Claudia Michelsen), Helga Schöllack (Maria Ehrich), Monika Schöllack (Sonja Gerhardt), Eva Schöllack (Emilia Schüle)
"Ku'damm 63": Caterina Schöllack (Claudia Michelsen), Helga Schöllack (Maria Ehrich), Monika Schöllack (Sonja Gerhardt), Eva Schöllack (Emilia Schüle)
© ZDF / Boris Laewen

Fast sechzig Jahre später müssen sich Frauen vielleicht nicht mehr dem Druck aussetzen, einen Mann für die Ehe finden zu müssen, Einschränkungen herrschen dennoch.

Um auf dieses Problem am heutigen Internationalen Weltfrauentag (8. März) aufmerksam zu machen, haben wir mit "Ku'damm"-Darstellerin Maria Ehrich, 28, über ihre Erfahrungen in der Filmbranche gesprochen. Man mag es kaum glauben, doch auch Maria, die durch den Fernsehfilm "Das Adlon. Eine Familiensaga" und die "Rubinrot"-Filmreihe bekannt wurde, weiß, wie es ist, als Frau in der Schauspielerei benachteiligt zu werden.

GALA: Frau Ehrich, Sie haben schon früh mit der Schauspielerei angefangen. Wie ging die Filmbranche mit Ihnen als Kinderdarstellerin um? Wie später als Erwachsenendarstellerin?

Maria Ehrich: Ich persönlich habe ausschließlich gute Erinnerungen an meine Tage als Kinderdarstellerin. Der Transit vom Kind zur Frau war hingegen ein wenig schwieriger, weil ich noch das Urvertrauen des ständigen Beschütztwerdens in mir trug, aber immer öfter lernen musste, dass es wichtig ist, eigenständig in alle Richtungen Grenzen zu setzen. Auf mich selbst aufzupassen.

Haben Sie einen entscheidenden Unterschied vernommen, als Sie eine Frau wurden?

Der Blick von außen auf einen selbst verändert sich und das bekommt man natürlich mit. Plötzlich wird man zum Beispiel in der Presse nicht mehr als "niedliches Mädchen" bezeichnet, sondern als "schöne, junge Frau". Und egal wie sehr man sich dagegen wehrt, der Druck, der von der unausgesprochenen Frage im Raum ausgeht, färbt ab: 'Schafft sie den Sprung von der Kinderdarstellerin zur ernstzunehmenden Schauspielerin? Oder geht sie unter, sobald der Niedlichkeitsfaktor wegfällt?' Das war total gruselig für mich, weil ich ja eigentlich gerade noch dabei war, mich selbst zu finden und plötzlich aber eben dieses Verlangen dazukam, so zu sein, wie man mich haben wollte, damit ich nicht vom Wagen falle und vergessen werde. Irgendwann wurde mir allerdings zum Glück klar, dass Authentizität sich in meinem Fall immer durchsetzt. Das hat mich sehr beruhigt und gestärkt. Seitdem versuche ich kompromisslos ich selbst zu sein, auch wenn man als Schauspieler*in natürlich immer wieder Unsicherheiten und Selbstzweifeln ausgesetzt ist.

Gab es in der Vergangenheit mal spezielle Momente, die Ihnen das Gefühl gegeben haben, benachteiligt zu sein?

Als ich das erste Mal von einem lieben Kollegen erfahren habe, dass er beim selben Projekt mit ähnlicher vorheriger Schauspielerfahrung mehr verdient als ich, einfach, weil er ein Mann ist, bin ich innerlich zum Eiszapfen geworden. Da war im ersten Moment keine Wut oder Rage, sondern pure Taubheit, weil ich diese Ungerechtigkeit gar nicht greifen konnte. In diesem Augenblick war ich absolut machtlos und fassungslos, weil meine Arbeit, mein Herzblut nicht genauso viel wert war wie das meines Kollegen. Mittlerweile wird immerhin in der Filmbranche über den Gender-Pay-Gap gesprochen und obwohl die Mühlen langsam mahlen, tut sich etwas. Das Tabu-Thema "Gage" wird auch unter den Schauspieler*innen immer wieder diskutiert und ich denke, dass dort der Schlüssel liegen könnte. Miteinander zu reden, keine Geheimniskrämereien und Ungerechtigkeiten zu erlauben und, wenn es nötig ist, zusammenstehen und handeln.

Was muss sich Ihrer Meinung nach in Bezug auf "Frauen in der Filmbranche" unbedingt noch ändern?

Ich stelle immer wieder fest, dass der Sexismus in der Filmbranche (wie natürlich auch in der ganzen Welt) sehr tief verankert ist. Wenn ein Problem erkannt und angegangen wird, sind anfangs immer alle mit vollstem Einsatz bereit, Veränderungen anzugehen, man siehe zum Beispiel die "Me too"-Bewegung. Allerdings passiert es immer wieder, dass das Ansprechen selbigen Themas ein paar Monate später nur noch ein Augenrollen, oder Whataboutism (eine Manipulationstechnik, Anm. d. Red.) zur Folge hat. Das finde ich unmöglich. Der Konflikt um die Gleichberechtigung ist doch keine Modeerscheinung, die im Frühjahr wieder ausgemistet werden kann. In einer perfekten Welt hätten wir alle einen immerwährenden, gegenseitigen Respekt füreinander und Chancengleichheit würde bedeuten, dass auch Frauen in der Filmbranche sich einfach nehmen dürften, was ihnen zusteht und wofür sie hart gearbeitet haben – ohne sich ständig dafür bedanken oder entschuldigen zu müssen. Es ist noch ein weiter Weg, aber ich bleibe definitiv optimistisch.

Übrigens: Anlässlich des Internationalen Weltfrauentages präsentiert das ZDF die Reihe "Drei Filme von Frauen über Frauen", auch zu sehen in der Mediathek.

Verwendete Quellen: GALA-Interview

Dieser Artikel ist ursprünglich auf GALA.de erschienen.

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