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Ina Müller Im Gespräch mit Guido

Ina Müller: Ina Müller beim Kaffee und Kuchen mit Guido Maria Kretschmer
© Enver Hirsch / Guido
Die beiden sind wie Zwillinge, bei der Geburt getrennt. Zumindest innerlich. Guido und Sängerin Ina Müller, 56, kommen beide vom Dorf und haben auch sonst viele Gemeinsamkeiten. Bis auf eine: Ina lebt im Gegensatz zu Guido sehr, sehr gern allein. Warum, erzählt sie hier.

Ina Müller: Mann, Guido, nun hab ich wieder Kuchen mit dir gegessen. Das wollte ich doch gar nicht! 

GUIDO: Ich sag ja immer: Hauptsache, es schmeckt. 
Na ja. Durch die Pandemie bin ich etwas lost: Meine Tournee im Frühjahr wurde wieder abgesagt, also sitze ich nur rum und mache wenig Sport. Als Gegenmaßnahme habe ich jetzt meine Speisekammer leer geräumt und mir ein Laufband bestellt: sechs Wochen Lieferzeit. Ja, sorry, da kann ich auch nichts dafür, wenn ich keinen Sport mache … 

Du kannst doch ins Fitnessstudio!
Da fühle ich mich immer so beobachtet und habe das Gefühl, ich müsste den Bauch einziehen und gut aussehen. Das wäre ja wohl das Schlimmste!

Wenn ich früher im Fitnessstudio war, habe ich immer viel zu viel gequatscht. Ich hing an der Bar rum und habe mir die Eiweiß-Shakes angeguckt. Einmal, bevor Frank kam, habe ich mich sogar mit Wasser besprüht, damit es so aussah, als hätte ich schon richtig gearbeitet … (lacht)
Und wie schafft ihr das dann in der Beziehung? Frank ist doch ein sehr sportlicher Mensch. 

Frank weiß ja, was er sonst an mir hat. Aber er ist einfach ein anderer Typ. Letztens waren wir zusammen in London, und während ich gearbeitet habe, ist er 25 000 Schritte durch die Stadt gelaufen, hat nur mal kurz einen Kaffee getrunken. Ich würde immer gucken: Wo kann ich hier nett essen gehen? Frank legt sich auch ein "After Eight" hin und ist damit völlig zufrieden. 
Also wenn ich mal "After Eight" im Haus habe, dann schüttel ich die Packung einmal über Kopf aus, damit das nicht so ein Gefummel mit dem ganzen Papier ist, und danach esse ich alle auf.

Eben. Kann es nicht sein, dass wir so sind, weil wir beide aus großen Familien vom Land kommen? Ihr wart ja sogar fünf Schwestern früher auf dem Bauernhof. 
Klar, da hieß es beim Essen immer: Zugreifen. Wenn ich manchmal eine Mutter höre, wie sie zum Kind sagt: "Pascal, iss doch bitte noch was!", denke ich immer: Das hätte es bei uns nie gegeben!

Auf keinen Fall. Und was ich durch die Zeit früher auch noch habe: Ich bin gern für mich. Kannst du auch gut allein sein?
Leider zu gut. Ich sehe mich im Todesfall schon, wie meine Hand ins Leere fällt. Und es gibt nicht mal einen alten Hund, der sie noch abschlabbert. Aber Familie und Kinder waren nie eine Option für mich. Ich gehe ja auch ganz gern allein ins Kino und in die Oper oder verkrieche mich auf Sylt – und finde das ganz toll. 

Aber nun bist du ja mit Johannes Oerding zusammen. Der kommt vom Niederrhein, da ist man doch gesellig und will zusammen-wohnen, oder? 
Wir sind ja auch oft zusammen, aber auch beide irgendwie mit unserem Job verheiratet. Wenn wir dann nach Hause komme, sind wir froh, dass da erst mal keiner ist und rumjammert: "Nie bist du zu Hause …" 

Aber es ist doch gemütlich, zusammen zu frühstücken. 
Wir frühstücken zum Glück beide nicht gern. Ich hatte früher mal einen Freund, der immer sagte: "Ich koche uns dann heute Abend was Schönes." Das fand ich schwierig! Da konnte ich nicht mehr spontan sein, mit einer Freundin vielleicht noch ein Bier trinken gehen oder woanders essen. Sobald jemand an meiner kompletten Freiheit kratzt, zieht sich in mir alles zusammen. 

Deshalb bist du nicht auf dem Dorf geblieben! 
Ich habe schon mit zwei Jahren im Laufgitter gedacht: "Wenn du hier mal nicht noch weggehst." Und wie war das bei dir? Ein Job im Fernsehen war da doch auch ähnlich weit weg wie Amerika. 

Bei mir war der Vorteil, dass ich schwul war. Damit hatte ich schon eine Sonderrolle im Dorf. Ich wollte schon immer in die Welt und viele Menschen treffen. Ich konnte auf dem Dorf auch nicht bei der Landjugend mitmachen, ich fühlte mich nie wie ein Junge vom Land. Und Verein geht mit mir eh nicht. 
Ist bei mir ganz genauso. Ich schaffe ja nicht mal Weight Watchers. 

Dafür hast du den Schritt auf die Bühne geschafft und mit "Inas Nacht" eine eigene Sendung im Fernsehen. 
Dabei war ich allerdings die totale Spätzünderin. Meinen ersten großen Plattenvertrag hatte ich mit 40, da standen die Wechseljahre schon fast vor der Tür. Es gab aber diesen Moment, als ich früher in der Apotheke arbeitete und bei einer Steuererhöhung zigtausend Preisetiketten abknibbelte und neue draufklebte, in dem mir klar wurde: Das wird nicht mein letzter Job sein.

Aber irgendwas Tolles hast du dir doch sicher auch angeschafft, als du dann Geld hattest?
Ich habe mir eine Wohnung gekauft. Das kann ich übrigens bis heute noch nicht fassen. Und ich habe mehr Kohle für Urlaub ausgegeben. Das war dann nicht mehr drei Sterne in Spanien, wo die Dusche nicht geht. Für Klamotten gebe ich nicht so viel aus. Für dich habe ich aber extra mein teuerstes Kleid angezogen, voll teuer, das hat 400 Euro gekostet! 

Steht dir auch gut. Wirkt patent mit den Taschen auf der Brust. Wenn es irgendwo brennt, wirst du das schon löschen (beide lachen), aber was ich auch gesehen habe: Du bist ja kein Ausstattungsgirl, das sich mit Klamotten sponsern lässt.
Nein. Ich halte es da mit den Schwaben, nach dem Motto: "Zahl dei Sach, muscht ned Danke sagen." Außerdem passt mir Haute Couture fast nie. Das sitzt bei mir einfach nicht. Mir steht halt billig. 

Ich mag auch lieber die Billigsüßigkeiten. Edelmarzipan bekomme ich nicht runter. Aber zurück zu dir: Während du als Sängerin auf der Bühne ja eher die Rampensau bist, hast du privat manchmal auch was Scheues … 
Ja, wenn alle um mich herum zu laut, zu aufgebrezelt sind, fühle ich mich nicht wohl. Dann geniere ich mich manchmal, bin richtig gehemmt. Als wir beide uns das allererste Mal getroffen haben, auf dem Bahnhof in Altona, ging es mir auch so. Ich habe dich ja schon immer geliebt, dann sah ich dich da und dachte: "Du musst jetzt zu ihm gehen. Und mach bloß nichts falsch!" Ich wollte so sehr, dass du mich magst. 

Ach, dich finden doch alle toll. Wie locker du in "Inas Nacht" mit den Gästen redest und unbekannten Musikern eine Chance gibst. Oft kommt da eine Eule rein und macht singend die Welt auf. Ich habe bei dir viel entdeckt. 
In dem Format kommt alles zusammen, was ich kann: Ich hatte mir eine Sendung wie damals die "Haifischbar" mit Heidi Kabel gewünscht, kleines Publikum, Plaudern am Tresen, viel Musik. Davor hatte ich ja das konventionelle Moderieren ausprobiert. Viertel-nach-acht-Sendungen mit: "Du kommst da raus, stellst dich auf das Kreuz, guckst in Kamera zwei, gehst da rüber und erzählst, was hier auf dem Zettel steht." Geht auch, macht mir aber keinen Spaß.

Warst du in deiner Sendung eigentlich mal betrunken?
Ich bin da tatsächlich schon mal dudeldick raus, aber nicht oft. Aber bei dir ist Alkohol ja nun so gar kein Thema. 

Mein Körper ist für Drogen nicht gemacht, der reagiert auf alles viel zu intensiv. Wenn ich ein "Mon Chéri" esse, merk ich das schon. Was ich mich gerade frage: Warum warst du eigentlich noch nie bei "Promi Shopping Queen"?
Das trau ich mich nicht. Ich möchte nicht mit zu enger Hose und Schweiß auf der Stirn weinend aus der Umkleide kommen und mich dabei filmen lassen. 

Kennst du denn sonst im Job so was wie Angst oder Panik? Ich hatte das mal während einer Livesendung, dass mir plötzlich Hitze aufstieg und ich nicht wusste, was los war. 
Ja, das muss man dann wegatmen. Zu mir hat mal ein Arzt gesagt, bei dem ich wegen meiner Panikattacken auf der Bühne war: "Frau Müller, Sie müssen sich auch mal Energie zuführen und nicht immer nur raushauen." Wir geben im Job halt immer alles.

Und wie gelingt dir das? Beim gemeinsamen Frühstück ja schon mal nicht ... 
Nein, ich muss nach dem Aufstehen erst mal arbeiten. Ich esse nie vor 16 Uhr, aber dafür dann bis zwei Uhr nachts alles, was ich will. Wirklich Energie tanke ich, wenn ich bei ordentlich Wind stramm an der Nordsee langlaufe. Da weine ich manchmal vor Glück.

Guido

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