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Quizmaster Harald Valder ist der Herr der Fragen

Harald Valder: Günther Jauch
© Stefan Gregorowius/TV NOW
Harald Valder denkt sich seit mehr als 25 Jahren Fragen für Deutschlands bekannteste Quizshows aus. Heute gibt er ausnahmsweise mal Antworten.

Herr Valder, will mit Ihnen eigentlich noch jemand "Trivial Pursuit" spielen?

Harald Valder: Es hat schon verdächtig lange niemand mehr gefragt, ob ich nicht Lust auf einen zünftigen Wissensspiele-Abend hätte.

Dann haben Sie im Freundeskreis Ihren Ruf als Klugscheißer weg?

Steckt nicht in jedem von uns ein kleiner Besserwisser? Das ist das Schöne an meinem Job: Mein kleiner Besserwisser kann sich während der Arbeitszeit so richtig austoben.

Sie haben Geografie, Botanik und Zoologie studiert. Da denkt man eher an Tierpark als an "Wer wird Millionär?". Wie kamen Sie zu Ihrem Job als Quizfragenentwickler?

Kurz nach Abschluss meines Studiums hing an meiner Zimmertür in der Studenten-WG eine aus der Zeitung herausgerissene Stellenannonce: "Quizredakteur/in gesucht". Ich habe mich beworben und einen Monat später in der "Jeopardy!"-Redaktion angefangen. Meinen Mitbewohnern bin ich heute noch dankbar für diesen Wink mit dem Zaunpfahl. Das wäre übrigens auch der Fall, hätte der Annoncentext "Tierpark sucht Mitarbeiter/innen" gelautet.

Verraten Sie uns bitte die Reaktion Ihrer Eltern?

Die waren hocherfreut, dass man entgegen aller Prophezeiungen als Diplom-Geograf auf dem Arbeitsmarkt tatsächlich eine Chance hat.

Mittlerweile sind Sie sogar der Chef einer Quizfragenentwicklungsfirma. Was geben Sie denn auf Formularen als offizielle Berufsbezeichnung an?

Redakteur. Bei "Quizfragenproduzent" gucken einen die Leute immer etwas komisch an.

Sind Sie denn der Naturkundebeauftragte in der Redaktion?

Naturkundebeauftragter klingt gut. Wobei es Naturwissenschaften gibt, bei denen man mich besser nicht zurate ziehen sollte – Physik ist zum Beispiel nicht gerade mein Steckenpferd. Es ist aber keineswegs so, dass bei uns lauter Koryphäen sitzen, die sich nur in ihren Studienfächern austoben. Im Gegenteil: Die besten Quizfragen entstehen oft, wenn sich jemand ohne detailliertes Vorwissen, aber mit viel Neugier einem Thema nähert.

Wie müssen wir uns Ihren Tag vorstellen? Spielen Sie den Moderator und Ihre Mitarbeiter die Kandidaten, um Fragen zu testen?

Genau, wir spielen "Wer wird Millionär?" – und abends geht jeder mit einem Sack voll Geld nach Hause. Im Ernst: Natürlich werden die Fragen im Kollegenkreis und manchmal auch im engsten Familien- oder Bekanntenkreis getestet. An den Shows, in denen unsere Fragen verwendet werden, dürfen wir und uns nahestehende Personen sowieso nicht teilnehmen.

Und worauf kommt’s an?

In erster Linie darauf, ob die Antwort richtig oder falsch ist und wie der Weg dahin aussieht. Kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen? Welche Überlegungen führen zur Antwort? Können die falschen Alternativen ausgeschlossen werden? Wie groß ist die Freude, wenn die Antwort richtig ist? Wie groß der Ärger, wenn sie falsch ist? All das liefert Indizien auf den Schwierigkeitsgrad und darauf, ob die Fragen die Zuschauer zum Mitraten animieren werden.

Sie sind seit 26 Jahren im Geschäft. Haben Sie als Kind auch schon so gern Fragen gestellt?

Ja, und ich gebe zu: Aus der "Wieso, weshalb, warum?"-Phase, in der man seinen Eltern Löcher in den Bauch fragt, bin ich nie ganz herausgewachsen. Ich habe auch sehr gern "Der Große Preis" geguckt, das aber eher wegen Wum und Wendelin … Der einzige Unterschied zu den Fragen meiner Kindheit: Heute kann ich mir die Antworten praktischerweise ergoogeln.

So wie wir es alle heimlich machen, wenn unsere Kinder etwas erklärt haben wollen, von dem wir keine Ahnung haben …

In solchen Situationen zwinge ich mich tatsächlich dazu, das Mobiltelefon in der Tasche zu lassen. Man will ja kein schlechtes Beispiel sein. Gleiches gilt auch für kontroverse Diskussionen an der Theke – lang ist’s her. Die sind viel lustiger, wenn alle darauf pochen, recht zu haben – und man sich am Ende auf ein Unentschieden einigt, statt die Sache schnell und langweilig per Wikipedia zu klären.

Schon mal an einen Jobwechsel gedacht – irgendwann besteht doch das Risiko, sich zu wiederholen?

Natürlich fragt man sich anfangs unweigerlich, ob nicht einmal alles Wissen dieser Welt erfragt worden ist. Aber dann stellt man fest, dass jeden Tag irgendwo auf der Welt wieder neue Fragen "nachwachsen".

Was liegt als Inspiration auf Ihrem Nachtkästchen: "Der Spiegel", "Gala" oder was von Loriot?

Weder noch. Den "Spiegel" lese ich, Loriot liebe ich, auf meinem Nachttischchen liegt aber meistens ein gutes Buch. Gerade lese ich "Wassermusik" von T.C. Boyle. Zum dritten Mal. Ideen finde ich vor allem beim Stöbern in den schier unendlichen Weiten des World Wide Web. Inspiration für eine Frage kann aber so ziemlich alles sein. Die violette "Urmöhre", die es am Gemüsestand auf dem Wochenmarkt zu kaufen gibt. Oder der Hüftschnupfen – ja, den gibt es wirklich –, den sich das eigene Kind eingefangen hat. Manchmal ist zuerst die Antwort da und man bastelt eine Frage dazu, manchmal steht am Anfang sogar eine falsche Antwortalternative.

Fragen und Antworten sagen auch etwas über die eigene Persönlichkeit aus: Was ist ein "typischer Valder"?

In Form einer Quizfrage? Hm. Vielleicht diese:

Wer überlebte die Sintflut?

A: Noah samt Familie

B: Adam und Eva

C: Die glorreichen Sieben

D: Die Archetypen

Am 3. Juni wird die 1500. Folge von "Wer wird Millionär?" ausgestrahlt. Hand aufs Herz: Schauen Sie sich noch jede Sendung an?

Ich bin bei jeder Aufzeichnung im Studio anwesend, und tatsächlich gucke ich mir die meisten Sendungen zu Hause noch einmal an.

Wie hält das Ihre Frau aus?

Oft genug ist es so, dass sie den Fernseher einschaltet und miträt.

Mit Günther Jauch sind Sie sicher längst per Du.

Nein. Er bevorzugt ein branchenunübliches, aber sehr gepflegtes und freundliches Sie.

Wie erklären Sie sich den anhaltenden Erfolg von Rateshows?

Auch wenn es vielleicht nicht jeder zugeben wird: Wer von uns verspürt nicht jedes Mal einen kleinen Triumph, wenn man die richtige Antwort auf eine Millionenfrage einfach so aus dem Ärmel schüttelt und damit alle Anwesenden zutiefst beeindruckt. Ich glaube, das ist zumindest einer der Gründe für den Erfolg des Genres.

Die eigene Eitelkeit also. Geben Sie doch mal mit Ihrer besten Frage an.

Ich bin eher stolz auf meine Kollegen, denen immer wieder Fragen einfallen, bei denen ich laut loslachen muss. Zum Beispiel: Was ist total blau und lungert auf Feldern und Wiesen rum?

A: Schnapsbaum

B: Wodkabusch

C: Whiskeygras

D: Kornblume

Sie haben mehr als 30 Sendungsformate mit Fragen bestückt. Jede Antwort wird gründlich geprüft. Trotzdem passieren auch Ihnen sicher Fehler, wie fühlt sich das an?

Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler. Bei uns kommt das gemessen an der Zahl der gespielten Fragen sehr selten vor. Deshalb erinnere ich mich tatsächlich auch an jeden einzelnen. Nun ja, wie fühlt es sich an, wenn etwas in die Hose geht? Ich würde sagen: beschissen.

Kommen wir zum Ende: Wie fanden Sie meine Fragen auf einer Skala von eins bis zehn?

Falsche Frage. Ich empfehle stattdessen diese Formulierung: Wie fanden Sie meine Fragen?

A: Super!

B: Spitze!

C: Mega!

D: Hammer!

HARALD VALDER, 53, ist Geschäftsführer der Quizfragenentwicklungsfirma Mind the Company in Köln.

Dieser Artikel erschien ursprünglich im Barbara Heft Nr. 06/2021.

Barbara

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