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Brad Pitt: "Ich rauchte zu viel Hasch, ging mir selbst auf die Nerven"

Brad Pitt - neuer Tarantino-Film
© Featureflash Photo Agency / Shutterstock
Die von der Öffentlichkeit gierig begleitete Trennung von Angelina Jolie liegt hinter ihm. Zum ersten Mal sieht man Brad Pitt jetzt wieder in seiner Kernkompetenz: als Schauspieler im Kino.

Erst kürzlich ging Brad Pitt wieder frühstücken im "Chateau Marmont", Hollywoods legendärem Prominenten-Hotel. Er saß an einem Tisch ganz hinten, nur mit Baseballkäppi getarnt, und quatschte locker mit einem anderen Mann, der sein Manager hätte sein können oder ein Angestellter aus seiner Produktionsfirma "Plan B" oder einfach nur ein Kumpel – völlig wurscht, er war vor allem eines: nicht Brad Pitt. Und natürlich glitt kein einziges Augenpaar auch nur versehentlich ab auf den Begleiter und weg vom "letzten echten Star, den Hollywood hervorgebracht hat".

Der Schauspieler nimmt Rollen an, die sein Image als Schönling konterkarieren

So nennt die "New York Times" den 55-jährigen William Bradley Pitt – und ein bisschen hat man das Gefühl, das Intellektuellenblatt trage extradick auf, weil die Begeisterung für den Gefeierten halt immer auch ein bisschen peinlich ist.

Natürlich ist er ein "Oscar"-geadelter Independent-Produzent (er hat unter anderem "12 Years A Slave" mitproduziert). Aber eben auch: der schlamperte Teil von "Brangelina", der zwölf Jahre lang mit der flamboyantesten Diva Hollywoods und lässig verzogener Kinderschar durch die Flug- und Jachthäfen dieser Welt pilgerte und Luxusimmobilien für sie erstand wie unsereins ein neues iPad.

Der Schauspieler Pitt einerseits, der ein Herz hat für Autorenfilmer und bewusst Rollen annimmt, in denen er sein Image als Schönling konterkariert – und der andererseits doch niemanden vergessen machen kann, dass sein Weltruhm mit einem Orgasmus begann. Im Roadmovie "Thelma und Louise" brauchte er damals, 1991, nur ein freches Grinsen und ein paar Leibesübungen, um Geena Davis zu entzücken und sämtlichen Casting-Agenten und Studiomanagern in Los Angeles vor Augen zu führen: "A Star was born", wie die Fachblätter den unaufhaltsamen Aufstieg des Herzensbrechers kommentierten.

Der Kellner im "Chateau Marmont", der sich berühmten Gästen gegenüber von Haus aus neutral verhalten sollte, brachte Pitt im Eck eine Cola vorbei und dann die ganze komplizierte Faszination von "America’s Golden Boy" auf den Punkt: "Jesus", zischte er im Vorübergehen, "ist der sexy."

Pitt beteuert, er habe seit der Trennung von Angelina keinen Tropfen mehr getrunken

Alle, die empfinden wie diese Servicekraft, können sich freuen. Ganze zweieinhalb Jahre ist es her, dass wir Brad Pitt zum letzten Mal in einer Hauptrolle im Kino gesehen haben, im Agenten-Techtelmechtel "Allied – Vertraute Freunde", an der Seite von Marion Cotillard (mit der ihm damals sofort eine Liebesgeschichte angedichtet worden war – gar der Grund für die Trennung von Angelina Jolie sollte sie sein. Cotillard dementierte postwendend und humorlos, auf Englisch UND Französisch).

Jetzt endlich ist er wieder auf der Leinwand zu sehen, gleich zwei Mal sogar, in Hauptrollen – einmal im All, einmal in den späten Sechzigerjahren.

Aber noch sind wir ja in der Bar vom "Chateau Marmont". Hier war es auch, wo Pitt sich nur wenige Wochen zuvor mal wieder in die Klatschmagazine bugsiert hatte – ganz gewiss kein Ort, an dem er sich wohlfühlt. Weder auf den bunten Heftchen-Seiten noch an der Bar. Pitt rührt seit der Trennung von Angelina Jolie im Herbst 2016 keinen Tropfen mehr an ("Ich habe die saubersten Harnwege von Los Angeles!", tönte er, nur halb im Scherz, vergangenes Jahr in einem Interview über seinen seelischen wie körperlichen Neustart).

An jenem Abend – eingeladen hatte der Streaming-Service Netflix – flirtete er wieder mal mit einer bildschönen Kollegin, Charlize Theron in diesem Fall. Er hatte, wie das Internet rauschte, einen Arm um sie gelegt und ihr, Gott bewahre, "zugezwinkert". Ist da mehr? Therons mehrsprachiges Dementi steht jedenfalls noch aus.

Yeah! Brad Pitt ist demnächst wieder in zwei Hauptrollen zu sehen

Wie ein armer Bürohengst, der nie vor die Tür kommt, hat Pitt so ziemlich alle seine Freundinnen und Gattinnen am Arbeitsplatz kennengelernt. Mit der damals erst 16-jährigen Juliette Lewis fing es in den frühen Neunzigern an, dann war er mit Gwyneth Paltrow verlobt (die beiden trugen sogar die gleichen Frisuren, goldige Bobs), gefolgt bekanntlich von "America’s Sweetheart" Jennifer Aniston; die ganze Nation war damals aus dem Häuschen – so süß das Paar, so romantisch die Hochzeit in Malibu … Und dann, 2005, Angie.

Hartes Kontrastprogramm: hier die goldene Jen, dort die geheimnisvolle junge Wilde, um die sich Geschichten von Drogen und Blut, von extremen Liebesbeziehungen und einem Hardcore-Humanismus rankten, der sie zum Missionieren in die ganze Welt trieb. Und so driftete der wohlerzogene Brad Pitt, ältester Sohn eines Mittelschichts-Ehepaars aus Amerikas Mitte, aus seiner sonnigen ersten Ehe direkt in den gleißendsten Hollywood-Skandal des neuen Jahrtausends.

"Brangelina" wuchs sich zu einem zwölf Jahre währenden Medienzirkus aus, in dessen Verlauf die heute 44-jährige Angelina Jolie immerhin vom männerfressenden Bad Girl zur Moralinstanz reifte (kürzlich meinte sie, eine Zukunft in der Politik sei nicht auszuschließen).

Und Brad, der "Sexiest Man Alive"? Der seine Karriere als Statist begann und sich dank seiner Hyper-Attraktivität aus Nebenrollen wie in "Dallas" zu Kino-Hauptrollen hochknuddelte? Dann zum "Fight Club"-Action-Helden wurde, Idealbild einer lässigen, uramerikanischen Männlichkeit – auch er entfaltete sich in den Zirkus-Jahren als neuer Brad: der Dad.

Erst großes Familienglück, dann die Schlammschlacht

Lange bevor das achtköpfige Familien-Glück 2016 in tausend hässliche Schlagzeilen zersprang, zog er sich mit Begeisterung ins Elterndasein zurück. Seine Kinder – heute zwischen 19 und zehn Jahre alt, drei bekanntlich mit Jolie adoptiert, drei gezeugt – kämen an erster Stelle, bekundete er, und die Schauspielerei sei ihm nicht mehr so wichtig.

Beinahe lustvoll humpelte er einmal zu einer Preisverleihung: Er hatte sich beim Tragen seiner Jüngsten, Vivienne, das Knie verletzt und trug die Krücke wie eine Auszeichnung. Ein Leben ohne Kinder sei möglich, aber unnötig, scherzte er in Interviews mit George Clooney, der zu Zeiten ihrer gemeinsamen "Ocean’s"-Gaunerkomödien Nachwuchs tunlichst vermieden hatte. Bei ihm zu Hause gäb's immer wunderbares Kindergetöse. Und während Angelina Reden vor der UN-Vollversammlung hielt und in Meinungsartikeln die Flüchtlingspolitik der westlichen Nationen geißelte, sorgte Brad, das Vatertier, dafür, dass die Racker auch daheim im südfranzösischen Schlösschen ihre Zimmer aufräumten.

Er strotzte vor Glück. Dann die Schlammschlacht. Vorwürfe, er sei bei einem der älteren Söhne handgreiflich geworden. Er zahle keinen Unterhalt. Drogen, Alkohol. Erst nach Jahren beendeten die beiden ihren öffentlichen Rosenkrieg und ließen das Sorgerecht von einem privaten Richter regeln, ganz manierlich. Brad, der Verstoßene, darf seine Familie regelmäßig sehen. Anfangs musste ein Therapeut dabeisitzen. Und Brad selbst, der Naturbursche aus Missouri, der immer einen seelisch perfekt ausgewuchteten Eindruck gemacht hatte, begab sich nun auch in Therapie.

Ich rauchte zu viel Hasch, ging mir selbst auf die Nerven. Ich hab mich jeden Abend betäubt – was für eine Verschwendung von Lebenszeit.

Und machte sich rar. Ganz zu Beginn seiner Laufbahn, gibt er zu, hätte ihm der frische Ruhm Spaß gemacht. Er flirtete in Interviews, spielte kokett mit seinem Zuckerschnuten-Image. Doch mit Mitte dreißig wollte er sich "vor diesem ganzen Berühmtheits-Quatsch" nur noch verstecken. "Ich rauchte zu viel Hasch, ging mir selbst auf die Nerven. Ich hab mich jeden Abend betäubt – was für eine Verschwendung von Lebenszeit."

Jennifer Aniston beklagte sich bei Freunden, dass sie ihren bekifften Göttergatten manchmal regelrecht unter die Dusche schieben musste. Die US-Talkshow-Königin Oprah Winfrey fragte ihn mal in ihrer Sendung, wie es sei, als so schöner Mann unterwegs zu sein. Er guckte sie an, als hätte sie ihm eine tote Maus in den Schoß geworfen. "Im Ernst?", stöhnte er. Und sagte dann, sein Aussehen habe Vor- und Nachteile. Nachteil: Vieles würde ihm zu leicht gemacht. Und das stört ihn. Heute sagt er: Er sei im Grunde nur zufrieden, wenn er unzufrieden ist.

Selbst seine Tattoos – Brads Körper ist mittlerweile ein Sketchboard seines Lebens – sind irgendwie tiefsinnig. Einen Ötzi hat er auf dem linken Unterarm: weil ihn die Gestalt an Gemälde seines Lieblingsmalers Egon Schiele erinnerte. Und ein Zitat des persischen Dichters Rumi: "Jenseits von richtig und falsch liegt ein Ort, dort treffen wir uns." Dazu die Initialen seiner Kinder. Und ein Schutzgebet in Sanskrit. Kein Zweifel, landete man mit Brad Pitt auf einer einsamen Insel, müsste man nichts zum Lesen mitnehmen.

Sein Comeback startet dieses Jahr: In einer Noir-Komödie von Quentin Tarantino

Fast fühlt es sich jetzt wie ein Comeback an, wenn der Schauspieler Pitt in diesem Sommer mit den zwei neuen Großproduktionen in die Kinos kommt. Im Science-Fction-Thriller "Ad Astra" (noch kein fester Starttermin) fliegt er zum Neptun, in Quentin Tarantinos Noir-Komödie "Once Upon A Time In Hollywood" (Deutschlandstart: 15. August) kurvt er durch die Straßen von Los Angeles. Der Film über die Filmindustrie – und die blutigen Manson-Morde 1969 – entstand an Originalschauplätzen: Eines schönen Abends im vergangenen Oktober fühlten sich Hunderte Touristen und Flaneure auf dem Hollywood-Boulevard in die wilden Sixties versetzt. Brad Pitt drehte eine Autofahrt im Oldtimer, fuhr ein halbes Dutzend Mal hin und her, hinter den Straßensperren wedelten die Handys. Er trug hautenge Hosen, Koteletten, Lederjöppchen. "Er … ist … es … wirklich!", ächzte eine kanadische Touristin. Das erste Mal in Los Angeles auf Urlaub, das erste Mal in Hollywood, der erste Abend. Und dann das. "Brad Pitt", sagte sie betroffen und starrte in ihr Handy. Sah hinüber zu ihm, wie er neben der Kamera mit Tarantino parlierte.

Noch ein Mann stand bei den beiden, der zweite Hauptdarsteller, auch er blond und nicht völlig unbekannt. Doch niemand hatte so recht ein Auge für ihn. Selbst Leonardo DiCaprio ist eben vor allem: nicht Brad Pitt.

VIDEOTIPP: Die Liebesgeschichte von Brangelina

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BRIGITTE 12/2019

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