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Zukunftsberufe: Ulla Arens gibt den Ton an

Der Ton zum Bild – der Job von Ulla Arens. Als die Toningenieurin vor 16 Jahren beim NDR anfing, war sie lange Zeit die einzige Frau in einer Männerdomäne.

Ob 40 Grad Hitze oder sintflutartiger Regen - zimperlich ist Ulla Arens nie gewesen. Die Toningenieurin des Norddeutschen Rundfunks (NDR) kann genauso zupacken wie ihre Kollegen, scheut weder Schmutz noch Schweiß beim Kabelverlegen.

Ulla Arens auf Tour

Entgegen landläufiger Meinung sitzt die 42-Jährige nämlich nicht nur warm und trocken im Hamburger Fernseh-Studio am 48-Kanal-Mischpult mit acht Ebenen, wo sie Quiz-Sendungen aufzeichnet oder den Ton für die Tagesschau mischt. Sie mag Herausforderungen ganz anderer Art - am liebsten "Live-Übertragungen, weil die sehr euphorisieren". Sie ist ausgesprochen abenteuerlustig und häufig unterwegs - im modernsten Übertragungswagen des NDR, kurz "Ü3" genannt.

Das ganz Besondere daran: Ulla Arens bezeichnet den Ü3 voller Stolz als "mein Kind". Als "die aus der Praxis" war sie an der Entstehung der Tonregie des Ü3 maßgeblich beteiligt - von der Konzeption bis zum Aufbau dieses auf engstem Raum mit hochmoderner Technik vollgepfropften Wagens. Und jetzt bedient sie während der europaweiten Außeneinsätze die Regler in der gerade mal 3,40 Meter breiten Ton-Regie.

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Diesen von ihr als Privileg geschätzten Arbeitsplatz im Ü3 wie auch die vielen anderen Einsätze für Übertragungen aus dem Ausland hat sich Ulla Arens hart erarbeitet. Als sie 1992 nach ihrem Studium beim NDR-Fernsehen in Hamburg eingestellt wurde, war sie die erste und für lange Jahre die einzige diplomierte Toningenieurin des öffentlich-rechtlichem Senders: "Der Disponent war schon ziemlich überrascht", erinnert sie sich mit einem kleinen Lächeln. "Die Fernseh-Technik war ja lange Zeit so was wie ein Alt-Herren-Club."

Und selbst heute noch begegne sie manchmal männlicher Skepsis, meist bei außenstehenden Technikern, die der NDR beauftragt. Da müsse sie eben mit ihrem Know-how das Eis brechen. "Manchmal", sagt sie, "ist es aber regelrecht nervig, dass ich mich immer wieder aufs Neue beweisen und erklären muss." Beim Sender dagegen sitzt Ulla Arens fest im Sattel und hat Selbsterklärungen längst nicht mehr nötig. Aktuell ist ihre Expertinnen-Meinung zum Beispiel beim Gestalten der Tonregie eines nagelneuen Fernsehstudios gefragt.

Die richtige Mischung macht's: "Fachliche Kompetenz und Sozialverträglichkeit"

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"Frauen entschärfen schon auch den Umgangston", konstatiert Ulla Arens nicht ganz uneitel. Das träfe besonders auf die Teams der Übertragungswagen zu. Eigentlich sei das eine ganz eigene Männerwelt, eine mit "Zigeuner-Image". Der Ton sei etwas burschikos - "das fängt bei den Witzchen an und hört beim Bierchen an der Hotelbar auf...".

Mit der familiären Atmosphäre hat sie allerdings kein Problem, im Gegenteil: "Da muss man die Kollegen dann ein bisschen erziehen", erklärt sie mit einem Augenzwinkern. Und ernsthafter: "Ich bin davon überzeugt, dass Frauen hier wirklich nicht fehl am Platz sind. Denn wir haben in unserem Job ständig so viel mit Menschen zu tun, dass neben technischer Kompetenz auch viel psychologisches Geschick und Kommunikationsfähigkeit gefragt sind." Spaß an der Arbeit im Team sei absolute Voraussetzung bei diesem Job, betont Ulla Arens. Wenn man auf so engem Raum in Ausnahmesituationen zusammenarbeite, käme es auch zu extremen Gemütslagen, formuliert sie es diplomatisch.

"Manchmal ist eine Übertragung schon dramatisch", erzählt die Toningenieurin, "Bei einer Freilicht-Oper in der Lüneburger Heide regnete es so viel, dass Mischpult und Mikros regelrecht absoffen, alles ging drunter und drüber, überall Matsch und schlechte Laune... Aber letzten Endes hat dann doch alles hingehauen!"

Und für sie war gerade diese Live-Aufzeichnung des "Freischütz" ein Bonbon. Denn: "Hier konnte ich den Ton auch mal künstlerisch gestalten." Schließlich zählt für eine Toningenieurin nicht nur das technische Equipment, sondern auch die Affinität zur Musik - neben den mathematischen und logischen Talenten eine der Grundvoraussetzungen für den Beruf. Um zum Studium zugelassen zu werden, musste sie zum Beispiel eine musikalische Aufnahmeprüfung bestehen: den ersten Teil am Klavier, den zweiten in der Gehörbildung.

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Dass Ulla Arens als Bäckerstochter zu ihrem Beruf gekommen ist, verdankt sie dem Zufall. Sie habe mal in einem kleinen Tonstudio gejobbt und erkannt, dass diese Mischung zwischen Musik und Mathe genau ihr Ding sei. Wer Ulla Arens heute im Fernseh-Studio in Hamburg-Lokstedt besucht, erkennt sofort: Diese Frau ist mit ganzem Herzen bei der Sache.

Dafür nimmt sie auch lange Wochenenden und Schichtarbeit in Kauf. "Das ist ein arbeitsintensiver Job", betont sie. Der sei auch häufig mit Stress, Druck und manchmal auch mit Lampenfieber verbunden. Doch mit der richtigen Einstellung - und die hat die Toningenieurin - werden diese Adrenalinstöße in positive Energie respektive in guten Ton umgewandelt. Und ohne den geht auch in der Welt der flimmernden Bilder nun mal gar nichts.

Toningenieurin...

... ist ein technischer Beruf, der in den Bereichen Tontechnik, Studio- und Aufnahmetechnik, Signalverarbeitung, Akustik und Computermusik ausgeübt wird. Toningenieure sind für die technische Seite der Aufnahme von Musik bei Studioproduktionen verantwortlich, bauen Schaltungen auf, messen die Mikrofone ein, prüfen die Akustik des jeweiligen Raumes und sind für die Übertragungswege zum Aufzeichnungsgerät und die Tonmischung verantwortlich.

Der Studiengang Diplom-Toningenieur/in ist ein interdisziplinärer Ausbildungsberuf, der häufig im Rahmen einer Spezialisierung während eines Elektrotechnik- oder Informationstechnik-Studiums an einer Fachhochschule oder Universität erlernt wird.

Frauen in die Technik - Für die Besten mit Chancen im NDR

Unter diesem Motto steht eine Initiative des Norddeutschen Rundfunks, die sich an Studierende der FH oder TU wendet. Gesucht wird weiblicher Nachwuchs aus der Bereichen Medientechnik, Medienbetriebstechnik, Technische Informatik, Elektrotechnik mit Schwerpunkt Nachrichtentechnik - oder aus verwandten Fachbereichen. Geboten werden u.a. Praktika bzw. Praxissemester oder die Möglichkeit, eine Diplomarbeit zu schreiben. Mehr Infos unter www.ndr.de.

Text: Daniela Barth

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