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So überwinden Sie Frust im Job

Job-Frust ist ein Massenproblem, meinen die Autoren Volker Kitz und Manuel Tusch. Auf BRIGITTE.de erklären sie, warum so viele Berufstätige unzufrieden sind - und was man dagegen tun kann.

BRIGITTE.de: Herr Kitz, Herr Tusch, warum sind so viele Berufstätige frustriert?

Volker Kitz und Manuel Tusch: Unserer Meinung nach liegt das daran, dass die

Erwartungen an ihre Arbeit zu hoch sind.

Sie soll Spiel, Spaß und Spannung bieten, Selbstverwirklichung, Lebenssinn, Anerkennung, nur nette Leute um einen herum, und natürlich viel Geld. Aber kein Job der Welt kann uns all das auf einmal geben.

BRIGITTE.de: Sie plädieren in Ihrem Buch also dafür, dass man sich mit bestimmten Macken seines Jobs einfach abfinden muss?

Kitz/Tusch: Abfinden nicht unbedingt. Uns ist es erstmal wichtig, die Einsicht zu vermitteln, dass ein Job immer bestimmte Macken hat. Insofern ähnelt der Beruf einer Liebesbeziehung:

Den perfekten Partner gibt es nicht, und ebenso wenig gibt es den perfekten Job.

BRIGITTE.de: Bestimmte Dinge werden also immer nerven, meinen Sie.

Kitz/Tusch: Die Einsicht ist banal, aber sie ist so wenig verbreitet. Die meisten Leute jagen ein Leben lang dem perfekten Job hinterher, und das meist vergeblich.

Sie verschwenden ihr Leben mit einer rastlosen Suche nach etwas, das es nicht gibt.

Wenn man diese Einsicht erst einmal gewonnen hat, kann man etwas entspannter werden. Das bedeutet dann aber nicht, dass man sich mit den Macken des Jobs abfinden muss. Man kann gewisse Probleme zwar nicht durch einen Jobwechsel lösen, wohl aber, indem man an sich selbst arbeitet.

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BRIGITTE.de: Wie kann das aussehen?

Kitz/Tusch: Wir stellen unterschiedliche Strategien für unterschiedliche Probleme vor: Wer von Chef oder Kollegen genervt ist, kann mit ein bisschen Übung eine

bessere Distanz zu den Dingen entwickeln.

Die fehlt vielen. Wir beschreiben, wie man seine – auch negativen – Gefühle bei der Arbeit zwar zulassen, aber doch im Griff behalten kann und wie man erfolgreicher mit seiner Umwelt kommuniziert. Wer Lob und Anerkennung für seine Arbeit vermisst, für den gibt es Übungen, mit denen man seinen Selbstrespekt stärken kann. Man kann mit bestimmten Methoden auch seine materielle Zufriedenheit steigern, ohne dass ständig mehr Geld auf der Gehaltsabrechnung steht. Hier geht es zu den Anti-Frust-Tipps von Volker Kitz und Manuel Tusch

BRIGITTE.de: Der Untertitel Ihres Buchs lautet: Warum es egal ist, für wen Sie arbeiten. Wie kann das sein?

Kitz/Tusch:: Wir haben zwei Jahre lang recherchiert und sehr viele Leute befragt, aus unterschiedlichen Altersgruppen, unterschiedlichen Geschlechts, auf unterschiedlichen Hierarchie-Ebenen und auch in ganz unterschiedlichen Berufen.

Die meisten von ihnen jammern über die gleichen Probleme:

Ich verdiene zu wenig Geld, alle quatschen mir rein, der Chef weiß meine Arbeit nicht zu schätzen, alle Tage sind gleich, meine Kollegen und Kunden sind alle verrückt. Selbst Leute in Vorstandsetagen klagen, sie könnten ja nichts frei entscheiden und seien unterbezahlt. Und keiner würdige ihre Arbeit.

BRIGITTE.de: Unternehmensberatung oder Vereinte Nationen - das macht Ihrer Meinung nach keinen Unterschied?

Kitz/Tusch: Auffällig ist, dass gerade

bei Leuten, die im gemeinnützigen Bereich arbeiten, die Unzufriedenheit besonders groß ist.

Denn sie haben in der Regel besonders unrealistische Erwartungen an ihre Arbeit und ihren Einfluss auf das Weltgeschehen. Diese Erwartungen werden meistens enttäuscht. Unter Ärzten und Lehrern etwa - die ja einen unbestritten sinnvollen Beruf ausüben - ist die Zahl der Frustrierten sehr hoch. Man ist eben doch nur einer von sechs Milliarden Menschen, egal ob man bei den Vereinten Nationen die Welt verbessern will oder ob man bei einer Unternehmensberatung arbeitet. Diese Einsicht macht vielen Leuten zu schaffen. Wir mögen es nicht, einer von vielen zu sein. Aber das können wir nicht ändern.

BRIGITTE.de: Wie viel Job-Frust ist normal - und wann sollte man doch ernsthaft über einen Wechsel nachdenken?

Kitz/Tusch: Viele denken, man könne mal eine schlechte Phase haben, aber im Großen und Ganzen müsse man doch immer mit allem zufrieden sein. Das stimmt nicht.

Jeder Job hat Dinge, die ständig stören:

zu wenig Gestaltungsspielraum, Routine, nervige Kollegen und Vorgesetzte. Das gibt es an jedem Arbeitsplatz, und deshalb ändert ein Jobwechsel hier gar nichts. Die Kunst besteht darin, zu unterscheiden zwischen einem echten Einzelfallproblem und den Problemen, die untrennbar mit der Arbeitswelt verbunden sind.

BRIGITTE.de: Wann ist ein Problem ein solcher Einzelfall?

Kitz/Tusch: Wenn ich nicht nur unzufrieden bin, weil ich gern mehr Geld auf dem Konto hätte - was jeder will - sondern

wenn ich mich tatsächlich objektiv weit unter dem Marktwert verkaufe,

dann ist es Zeit zu wechseln. Wenn es nicht nur die ständigen normalen Reibereien mit Chef, Kollegen und Kunden gibt - die jeder hat - sondern

handfestes Mobbing,

dann ist es Zeit zu wechseln. Aber viele Leute neigen dazu, ihren Fall viel zu schnell als Einzelfall zu sehen. In Wahrheit stoßen sie nur an Probleme, die jeder andere auch hat.

BRIGITTE.de: In Ihrem Buch stellen Sie die These auf: "Die Un-Arbeitslosen sind die eigentlichen Frustrierten." Wie kommen Sie zu diesem Schluss?

Kitz/Tusch: Die hohen Arbeitslosenzahlen sind natürlich ein großes Problem, das man gar nicht unterschätzen kann. Zu Recht wird viel daran gesetzt, Arbeitsplätze zu schaffen. Aber bei dieser Diskussion gerät ein anderes Thema ins Hintertreffen, nämlich das Schicksal der Un-Arbeitslosen.

Es kommen regelmäßig neue Studien heraus, die alle etwa das gleiche Phänomen feststellen: Zwischen 75 und 90 Prozent der Beschäftigten sind mit ihrem Job unzufrieden. Allein in Deutschland sind das rund 35 Millionen Menschen. Diese Unzufriedenheit belastet die Menschen schwer, denn der Job nimmt nun mal einen Großteil des Lebens ein. Obwohl auch der Job-Frust ein riesiges Massenproblem ist, das nachhaltig auf die Stimmung in der Gesellschaft drückt, wird dieses Phänomen kaum diskutiert. Jeder kämpft mit diesem Problem still vor sich hin. Wir möchten eine öffentliche Diskussion über dieses Massenproblem eröffnen.
 

BRIGITTE.de: Das Phänomen, dass Berufstätige sich alle paar Jahre einen neuen Job suchen, ist noch relativ neu. Warum ist das Goldene Firmenjubiläum heute aus der Mode gekommen?

Kitz/Tusch: Einerseits waren früher die Erwartungen niedriger. Der Job war ein Austausch Arbeit gegen Geld. Auch in der Beziehung hat man damals die Dinge pragmatischer gesehen: In der älteren Generation gibt es noch Leute, die seit 30 Jahren verheiratet sind. Das ist für viele heute schwer vorstellbar. Auf der anderen Seite gab es früher noch kein Internet, keine Plattformen wie Xing, bei denen man ständig schaut, was die anderen so machen, und dadurch

das Gefühl bekommt, man verpasst etwas.

Hinzu kommen Ratgeber, die den Jobwechsel geradezu propagieren - als bewusste Entscheidung, sein Leben in die Hand zu nehmen und sich selbst zu verwirklichen. Wir meinen, da ist Rückbesinnung angesagt.

BRIGITTE.de: Wenn der Frust überhand nimmt - sollte man darüber reden?

Kitz/Tusch: Über Unzufriedenheit zu sprechen ist immer gut, aber man muss aufpassen, dass man sich nicht in Rage redet. Gerade weil es vielen Leuten so geht, schaukelt man sich gegenseitig leicht hoch. Wir versuchen, den Lesern mitzugeben:

Behalten Sie einen nüchternen Blick!

Wenn man sich mit Freundinnen über Job-Frust unterhält und die Dinge nüchtern sieht, wird einem bald das Licht aufgehen: Wenn alle über ähnliche Probleme klagen, dann kann es nicht sein, dass wir alle nur mal kurz den Chef, die Kolleginnen und die Büros tauschen müssen und alles wird gut. Dann kann das nicht alles nur an meinem Job liegen.

BRIGITTE.de: Gibt es auch professionelle Hilfe?

Kitz/Tusch: Wir meinen, es gibt genügend Karriereratgeber und Coaches auf der Welt, die uns zeigen wollen, wie wir erfolgreicher im Job werden. Aber es gibt kaum Ratgeber und Seminare dazu, wie wir zufriedener werden. Dabei ist das doch viel wichtiger.

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Volker Kitz / Manuel Tusch www.kitz-tusch.comDas Frustjobkillerbuch - Warum es egal ist, für wen Sie arbeiten Campus Verlag 2008 19,90 Euro

Interview: Swantje Wallbraun Foto: mauritius images; Mareike Foecking

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