Es gab Zeiten, in denen man sich früh im Leben für einen Beruf entschied, einen sicheren Arbeitsplatz bei einem guten Arbeitgeber fand und dann Schritt für Schritt befördert wurde - bis zu einem abgesicherten Ruhestand.
Diese Zeiten sind längst vorbei. Doch leider haben viele Menschen das noch nicht gemerkt - oder wollen es nicht wahrhaben. Doch was ist die Alternative? Tom Diesbrock, Psychologe, Coach und Autor des Ratgebers "Jetzt mal Butter bei die Fische" (Campus Verlag), erklärt anhand von vier Leitsätzen, wie du es mit ein bisschen Mut und Gestaltungswillen schaffst, dein eigenes Ding zu machen.
Sie wissen nicht, was Sie am liebsten machen wollen? Dann finden Sie es heraus! Hilfreich ist es, dafür einen Blick in die Zukunft zu werfen. Nehmen Sie sich einen Zettel und überlegen Sie sich Antworten auf die Frage: Wie will ich in 20 oder 30 Jahren leben und arbeiten? Schreiben Sie unbedingt alles auf, was Ihnen in den Sinn kommt - große und kleine Punkte.
Überlegen Sie dann, welche fünf wichtigsten Lebensziele in Ihrer Sammlung stecken, und notieren Sie sie auf einem leeren Blatt. Denken Sie an Ihre jetzige Situation: Wie können Sie heute damit beginnen, die Saat für Ihre Ziele zu legen? Was davon ist heute schon - wenn auch vielleicht nur teilweise - machbar? Was innerhalb des nächsten Jahres und was in den Jahren darauf? Auch kleine Schritte können das Fundament für große Ziele sein! Machen Sie sich dann einen Zeitplan, wann genau Sie welche Schritte gehen und wann Sie welches Ziel erreicht haben wollen.
Tipp: Wenn Sie nicht weiterkommen, hilft es vielleicht, sich mit einer guten Freundin zusammenzusetzen, die Sie und Ihre Interessen und Träume gut kennt.
Ganz wichtig: Bremsen Sie sich nicht, indem Sie dieses oder jenes Ziel gleich als unrealistisch verwerfen. Denn das hat wahrscheinlich weniger mit Realismus als mit Ängsten und einem zu negativen Selbstbild zu tun. Viel konstruktiver ist es, zu überlegen, wie Sie auch scheinbar weit entfernte Ziele erreichen können.
Wenn Sie sich oft gelähmt und hilflos fühlen, sobald Sie an Ihre Ziele und Wünsche denken, sind Sie wahrscheinlich mental blockiert. Um sich gar nicht erst in einer Blockade festzufahren wie ein Auto im Treibsand, empfehle ich Ihnen die "Stopp-Technik":
Wenn Sie merken, dass Sie im inneren Kuddelmuddel versinken, sagen Sie zunächst laut und deutlich: "Stopp!" Stehen Sie dann auf, bewegen Sie sich und atmen Sie bewusst tief ein und aus. Lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf etwas anderes, und sei es, dass Sie nur aus dem Fenster schauen. Das mag Ihnen merkwürdig vorkommen, aber es funktioniert. Nur durch starke Unterbrecher erreichen wir, dass wir wieder klarer im Kopf werden und mit Abstand auf unsere Situation schauen können. Falls Sie sich trotzdem noch wirr und ungut fühlen: Brechen Sie ganz ab und tun Sie etwas, was Ihnen Spaß macht und Sie ablenkt - zum Beispiel spazieren gehen oder Freunde treffen.
Erst wenn Sie genug Abstand gewonnen haben und wieder entspannter sind, machen Sie den nächsten Anlauf, um sich mit Ihren Zielen zu beschäftigen.
Viel zu viele Menschen glauben noch, dass sich der Arbeitsmarkt ausschließlich in Jobangeboten und Stellenbörsen präsentiert. Darüber wird aber nur noch ein Teil der Jobs gehandelt - und nicht unbedingt der interessantere! Wenn Sie einen Job suchen und wissen, was Sie wollen: Trauen Sie sich, Menschen persönlich zu kontaktieren, die an interessanten Stellen sitzen.
Das gilt auch, wenn Sie sich neu orientieren wollen. Sie planen, Ihren eigenen Onlineshop gründen? Sprechen Sie Leute an, die bereits einen Shop haben und fragen Sie diese nach ihren Erfahrungen. Sie überlegen, auf einen Beruf in der Tourismusbranche umzusatteln? Rufen Sie doch einfach mal bei einem Betrieb an, der Ihnen gefällt, und fragen Sie nach Einstiegsmöglichkeiten. Nutzen Sie auch Ihr privates Netzwerk: Partys sind beispielsweise eine gute Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen. Der Bruder der Gastgeberin arbeitet in einer Branche, die Sie spannend finden? Versuchen Sie ins Gespräch zu kommen, und gehen Sie offen mit Ihrem Interesse um. Oft ergibt sich aus solchen zwanglosen Treffen mehr, als man denkt.
Sie trauen sich nicht? Dann überlegen Sie, wie Sie selbst reagieren würden, wenn Sie eine Person freundlich und interessiert anspricht - vermutlich hätten Sie gar kein Problem damit, ihr ein paar Fragen zu beantworten, oder?
Aber ist es nicht riskant, die Karriere in die eigenen Hände zu nehmen und selbst zu entscheiden, wohin die Reise gehen soll? Hinter dieser Frage steht oftmals die Vorstellung, dass es immer sicherer ist, an dem Job festzuhalten, der uns heute ernährt. Doch nicht das eigene Entscheiden, sondern vielmehr das Festhalten an einem ungeliebten Job ist riskant. Denn erst einmal ist es schwer abzusehen, wie sich unser Job morgen entwickelt. Und sollte man Ihnen übermorgen tatsächlich den Stuhl vor die Tür stellen, fehlt Ihnen die Kompetenz, Ihr eigener Karrieremanager zu sein.
Mancher denkt, für die Sicherheit seines Arbeitsplatzes zu sorgen, indem er fleißig ist, brav seinen Job macht und "loyal" ist. Es ist dann ein böses Erwachen, wenn er feststellt, damit viel weniger attraktiv für seinen Brötchengeber zu sein als gedacht . Es mag Zeiten gegeben haben, in denen es klug war, sich möglichst hartnäckig am Beckenrand festzuhalten. Heute ist es in meinen Augen die bessere Strategie, schwimmen zu lernen.
Buchtipp: Tom Diesbrocks Ratgeber "Jetzt mal Butter bei die Fische - Das Selbstcoachingprogramm für Ihre berufliche Neuorientierung" hilft dabei, Jobwechsel-Pläne in die Tat umzusetzen - von der Ideenfindung über den Umgang mit inneren Widerständen bis zur Entscheidung. (Campus Verlag, 22 Euro)