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Was Frauen von Männern lernen können

Was Frauen von Männern lernen können
© Tabor Gus/Corbis
Ist es tätsächlich so, dass Frauen etwas von Männern lernen können? Karriereforscherin Claudia Peus über die besten Strategien für den Weg nach oben.

BRIGITTE: Sie sind 36 Jahre alt und seit zwei Jahren Professorin. Was haben Sie für Ihre Karriere unternommen?

Prof. Claudia Peus: Viel gearbeitet. Und ich habe mir einen Mentor gesucht. Ohne einen starken männlichen Mentor wäre ich nicht auf diesem Platz gelandet.

BRIGITTE: Warum ein Mann?

Prof. Claudia Peus: Männliche Mentoren fördern am besten, das zeigt auch die Forschung ganz klar. Sie unterstützen emotional, weil sie Ihnen mehr zutrauen, als Sie es selbst tun, zum Beispiel zu einer Bewerbung für ein Stipendium drängen. Sie wissen, wer die wichtigsten Ansprechpartner sind und wie der nächste Schritt aussehen sollte.

Claudia Peus
Die 36-Jährige ist Professorin für Forschungs- und Wissenschaftsmanagement an der TU München.
© Roman Herzog-Institut e.V.

BRIGITTE: Und das würde eine Frau nicht leisten?

Prof. Claudia Peus: Ich hatte eine Mentorin in den USA . Durch sie ist mir erst klar geworden, dass eine Karriere nicht geradlinig verlaufen muss. Aber eine Frau hat eben einen anderen Einblick in die Männerwelt und kennt möglicherweise die Codes nicht so gut. Die meisten Netzwerke aber sind männlich dominiert. Ein guter Mentor hat Zugang zu diesen Foren, er kennt die Männerwelt von innen, versteht, wie Männer agieren und warum sich manche von einer kompetenten Frau bedroht fühlen. Es ist immer gut, die andere Seite zu kennen. Darum sollten Frauen auch nicht ausschließlich spezielle Trainings für Frauen absolvieren.

BRIGITTE: Wie haben Sie Ihren Mentor gefunden?

Prof. Claudia Peus: Ich habe mir einen Professor ausgeguckt, den ich fachlich und als Persönlichkeit kompetent fand. Innerhalb von zwei Monaten habe ich zwei Forschungsprojekte ausgearbeitet, von denen ich dachte, dass sie ihn überzeugen könnten. Dann sagte eine seiner Assistentinnen: Ach, mit dem Thema passen Sie eigentlich am besten zum Chef. Ich dachte: Bingo.

BRIGITTE: Und, hat er Sie unterstützt?

Prof. Claudia Peus: Als Doktorandin hielt ich eine Vorlesung. Mein Chef sagt vor allen Studierenden: Ja, das ist eine spannende Studie, darum müssen Frauen wie Claudia Peus Professoren werden. In dem Moment dachte ich, der spinnt. Auf die Idee war ich noch nicht gekommen.

BRIGITTE: Was können Frauen noch lernen?

Prof. Claudia Peus: Wenn Frauen gut vorbereitet auf Konferenzen auftreten, mit Umsatzzahlen oder Projektabschlüssen ihre Kompetenz zeigen, kommt man so leicht nicht an ihnen vorbei. Alle Frauen, die ich interviewt habe, haben immer hart gearbeitet. Dazu gehört auch: Titel sammeln, Stipendien und Praktika bei angesagten Firmen vorweisen - alles, was messbar ist, fördert die Karriere. Aber sie dürfen natürlich nicht nur sammeln, sie sollten auch präsentieren, was sie können.

BRIGITTE: Und mehr netzwerken... Warum tun sich Frauen damit so schwer?

Prof. Claudia Peus: Männer haben verstanden, dass auch Konkurrenten potenzielle Verbündete sind. Frauen tendieren dazu, andere Lebensmodelle abzuwerten. Mehr Loyalität und Solidarität untereinander würde das berufliche Fortkommen leichter machen. Warum verlieren so viele Frauen auf dem Weg nach oben ihr Selbstbewusstsein? Frauen gehen oft defensiv in Verhandlungen, treten unsicher auf und übernehmen seltener wichtige Aufgaben. Sind sie erfolgreich, sagen sie: "Ich hatte Glück." Männer trompeten raus: "Ich bin toll, engagiert und durchsetzungsstark" - und stärken so auch ihr Selbstvertrauen.

BRIGITTE: Also alles eine Frage des Kommunikationsstils?

Prof. Claudia Peus: Vieles lässt sich darauf zurückführen. Frauen stellen Fragen, sagen "wir" und "man könnte Claudia Peus, 36, ist Professorin für Forschungs- und Wissenschaftsmanagement an der TU München doch mal probieren..." Männer sagen "Ich" und "So muss man es machen" - und empfinden die Kollegin als unsicher. In unseren Interviews sagen viele erfolgreiche Frauen: Ich spreche inzwischen zwei Sprachen; ich weiß, wie man männlich kommuniziert, und ich schreibe an Männer andere E-Mails als an Frauen.

BRIGITTE: Wie sehen die bestenfalls aus?

Prof. Claudia Peus: Kurz und klar auf den Punkt kommen, Konjunktive und Höflichkeitsfloskeln wie "Es hat mich gefreut" meiden. Und man sollte sich immer wieder Feedbacks einholen, nach einem Meeting einen Kollegen oder eine Kollegin fragen: War das zu hart? Zu piepsig?

BRIGITTE: Ist es noch zeitgemäß, dass Frauen die Rituale der Männer übernehmen?

Prof. Claudia Peus: Tatsächlich versuchen viele Programme, Frauen zu Männern zu machen - statt zu überlegen, was nützt eigentlich der Firma. Im Berufsalltag dominiert noch der männliche Kommunikationsstil. Aber in den USA hat sich das schon verändert. Und bei uns wird es schätzungsweise noch 15 Jahre dauern, bis wir soweit sind, dass weibliche Kommunikationsformen nicht nur als Ergänzung, sondern als gleichwertig anerkannt werden.

BRIGITTE: Und bis dahin sollen die Frauen sich verbiegen?

Prof. Claudia Peus: Nein. Am weitesten kommen Frauen wie Männer, denen es gelingt, die Codes zu switchen, also toughes Auftreten mit weiblichen Verhaltensweisen wie Lächeln oder Nicken zu kombinieren. Dazu gehört auch, sich Verbündete zu suchen und seiner ganz persönlichen Leidenschaft zu folgen.

Interview: Claudia Kirsch BRIGITTE 08/2014

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